Burg auf Fehmarn. Corona verlangt den Ferienzielen am Meer viel ab. Wie funktioniert der Urlaub in der Pandemie? Im zweiten Teil der Serie: Jörg Weber.

Jörg Weber steht seit 2015 an der Spitze der Fehmarner Verwaltung. Der gebürtige Wuppertaler war vor seiner Wahl zum Bürgermeister als Kaufmann tätig, zuletzt als Ausbilder im Lebensmitteleinzelhandel. Im kommenden Jahr endet seine Amtszeit, aber der 53-Jährige will weitermachen. Seine Hobbys sind die Familie (zwei erwachsene Töchter) und der HSV. Zu seinen größten Erfolgen als Bürgermeister zählt er unter anderem den Ausbau der Yachthafenpromenade, den ausgeglichenen Haushalt und die geplante Klimaneutralität bis 2030.

Hamburger Abendblatt: Wie ist bei Ihnen im Ort aktuell die Lage?

Jörg Weber: Als Urlaubsregion können wir mit einer Auslastung von circa 98 Prozent sehr zufrieden sein. Das ist auch für unsere heimische Wirtschaft nach den vielen Einschränkungen sehr wichtig. Gerade bei schlechter Witterung ist es nun in Burg sehr voll. Dann ist durch hohes Verkehrsaufkommen mit langen Rückstaus zu rechnen. Die Abstandsregelungen auf den Gehwegen und in Geschäften werden leider nicht immer eingehalten. Dieses Jahr haben wir auch mehr Wildcamper und ein erhöhtes Aufkommen an Wohnmobilen und Bullis, daher gibt es an den Strandparkplätzen Regulierung durch Höhenbegrenzungen und Halteverbotszonen­ – und mehr Beschilderung.

Haben Sie zu viele oder zu wenige Badegäste?

Weber: Für die aktuellen Bedingungen, wir haben 12.800 Einwohner und dazukommen bis zu 30.000 Gäste, sind wir gut ausgelastet. Ein Vorteil zu anderen Küstenorten sind da unsere 185 Quadratkilometer Fläche und unsere 78 Kilometer Küstenlinie.

Warum sollten wir in ihrem Ort Urlaub machen?

Weber: Fehmarn wird ja nicht umsonst die „Sonneninsel“ genannt. Die Sonnenstunden liegen hier regelmäßig bei 2000 Stunden pro Jahr. Zudem verfügen wir über den einzigen Südstrand an der deutschen Ostseeküste. Kiter, Surfer, Radfahrer und Reiter finden hier ein Eldorado zur Ausübung ihrer Hobbys. 300 Kilometer Radwege sprechen da für sich. Die große Auswahl an Urlaub auf dem Bauernhof ist gerade bei jungen Familien mit Kindern sehr beliebt. Und auch für Campingfreunde ist unsere Insel ein Paradies. 16 Campingplätze direkt am Wasser mit mehr als 6000 Stellplätzen bieten genügend Fläche für die Naturliebhaber. Zudem drei Naturschutzgebiete, mehrere Kirchen und Leuchttürme, Fischereihafen und ein tolles Angelrevier sowie ein lebendiges Zentrum im Ortsteil Burg. Es ist halt für jeden etwas dabei.

Was ist das Highlight in dieser Saison?

Weber: In diesem Jahr kann man als Highlight der Saison eigentlich nur die Saison selbst bezeichnen. Es sind so viele Veranstaltungen weggebrochen, unsere Insel war mehrere Wochen gesperrt, ich glaube, da sind wir alle froh, dass das Leben für Einheimische und Touristen wieder hochfährt. Ein weiteres Highlight wäre es, wenn dann alles gut gehen würde und wir Schritt für Schritt wieder zur Normalität zurückkehren könnten.

Wie lang ist ihr Strand?

Weber: Alle vier Strände zusammengerechnet circa sechs Kilometer von den 78 Kilometern Küstenlinie.

Was tun Sie, wenn er überfüllt sein sollte?

Weber: Dann gehe ich zu einem unserer Deiche und setze mich auf eine der mehr als 100 Bänke dort und beobachte das Wasser. Entspannung pur. An unseren Stränden sorgt der städtische Eigenbetrieb Tourismus Service Fehmarn für Ordnung und hat das sehr gut im Griff.

Wo baden Sie selbst am liebsten?

Weber: Ich kann gar nicht sagen, wann ich das letzte Mal baden war. Als Bürgermeister freue ich mich zu wissen, dass man hier richtig gut baden kann und dass wir genügend Strände zur Auswahl haben.

Nennen Sie die drei am häufigsten zu hörenden Vorurteile über Touristen.

Weber: In der jetzigen Zeit auf jeden Fall: „Die halten die aktuellen Abstandsregeln nicht ein.“ „Alle Wildcamper sind Surfer und Kiter.“ Und „lassen ihren Müll gerade an den Stränden überall liegen“.

Wo muss ihr Ort besser werden, um mehr Touristen anzulocken?

Weber: Was für die Belebung der Vor- oder Nachsaison fehlt, sind Hotelbetten. Unsere verkehrliche Infrastruktur wurde nicht entsprechend der gestiegenen Gästezahlen mitentwickelt. Das fängt bei einer Umgehung des Ortsteils Burg an und gilt vor allem auch für Parkflächen, vor allem an den Strandabschnitten.

Was wäre ihr Ort ohne Touristen?

Weber: Nicht mit der jetzigen Situation zu vergleichen. 60 bis 70 Prozent des Umsatzes auf unserer Insel werden durch Gäste generiert. Wir hätten für 12.800 Einwohner bei Weitem nicht eine solche Auswahl an Gastronomie und Handel. Fehmarn lebt vom Tourismus, der Landwirtschaft und auch der Windkraft. Ein weiterer maßgeblicher Wirtschaftsfaktor unserer Insel ist die Reederei Scandlines mit mehr als 600 Beschäftigten.

Was wird sich in den kommenden Jahren in ihrem Ort ändern?

Weber: Die touristische Infrastruktur wird sich Stück für Stück weiterentwickeln und saniert. Zurzeit wird die Yachthafenpromenade Burgtiefe ausgebaut. Große Veränderungen wird es geben, wenn die geplante Feste Fehmarnbeltquerung gebaut wird. Damit einhergehend der Bau einer neuen Sundquerung, der Schienenausbau, der vierspurige Ausbau der B 207. Ganz wichtig ist, dass wird gerade politisch auf den Weg gebracht, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Ein großes Thema wird in den nächsten Jahren, gerade bei dieser Entwicklung, der Klimaschutz sein. Insofern muss jegliche Entwicklung, auch im touristischen Bereich, nachhaltig passieren.

Welche wirtschaftlichen Folgen hat Corona für ihren Ort?

Weber: Die Krise hat unseren Ort in allen Bereichen getroffen. Die heimische Wirtschaft wird da noch länger dran zu knabbern haben. Auch die Stadt hat Verluste von mehreren Millionen Euro, vor allem bei den Einbrüchen der Gewerbesteuer, aufzufangen. Beim Tourismus-Service belasten uns Ausfälle in der Kurabgabe und beim Badeparadies „FehMare“.

Wann sind diese Folgen überwunden?

Weber: Das ist schwer abzusehen, vor allem sollten wir nicht vergessen, dass wir in der Corona-Krise noch nicht über den Berg sind. Man kann aber davon ausgehen, dass wir die nächsten mindestens zwei Jahre mit den Folgen umgehen müssen.

Wo machen Sie Urlaub – und wann?

Weber: Da ich mit Erschrecken festgestellt habe, dass mein letzter Urlaub im Oktober 2019 war, seit Ausbruch der Pandemie war an Urlaub nicht zu denken, habe ich mich entschlossen, die letzten zwei Juliwochen Urlaub zu machen. Davon eine Woche mit meiner Frau und unseren beiden Töchtern mit Familie in Niedersachsen.