Glückstadt/Kollmar. Diese Geheimtipps in Schleswig-Holstein sind nicht so weit weg wie Nord- oder Ostsee – bieten aber trotzdem Strände und Urlaubsflair.

Erzählt man Freunden, man fahre nach Kollmar, geraten alle ins Schwärmen. Wenn man aufklärt, dass man nicht das elsässische Colmar meint, sondern das an der Elbe, sind die meisten eher ratlos. Zugegeben, ganz so pittoresk wie die französische Stadt ist der Ort nahe Glückstadt nicht, aber dafür trifft man dort deutlich weniger Touristen. Und man kann an der Elbe und im Hinterland – anders als im hügeligen Elsass – die Gegend sehr entspannt beim Radfahren erkunden (www.gluecks-routen.de/radtouren).

Touristische Highlights gibt es in Kollmar nicht viele. Dafür hübsche, teils reetgedeckte Backsteinhäuser und gepflegte Vorgärten. Die Dorfkirche, ein Backsteinbau aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, ist an diesem Tag leider geschlossen. Der Blick durch die großen Fenster zeigt, was man versäumt: einen wunderschönen Innenraum: Der Orgelprospekt über dem Altar stammt aus dem 18. Jahrhundert, die Kanzel ist von 1632. Der mit Schiefer verkleidete Glockenturm ist eine Holzkonstruktion aus dem 19. Jahrhundert.

Idylle in Kollmar: Reetdach, Elbe, Schafe

Leider steht auch hier – wie bei vielen Kirchen – nicht dran, wann man sie besichtigen kann. Fehlanzeige auch beim De Plattdüütsche Klönsnack in de Dörpstuuv, der wegen mangelnder Teilnahme bis auf Weiteres ausfällt. Würden sich zwei bis drei neue Teilnehmer melden, könnte es weitergehen, heißt es auf dem Aushang neben den öffentlichen Toiletten – aber das Angebot richtet sich vielleicht ohnehin eher an Bewohner als an Kurzurlauber. Die Ausstellung „Sturmfluten und Küstenschutz“ in der Dörpstuuv, in der man etwas über die Kollmarer Marsch und den Deichbau lernt, ist nur jeden ersten und dritten Sonntag im Monat geöffnet.

Kollmar vom Wasser aus gesehen: vorne ein Fischerboot, dahinter Strandimbiss und auf dem Deich das Fährhaus.
Kollmar vom Wasser aus gesehen: vorne ein Fischerboot, dahinter Strandimbiss und auf dem Deich das Fährhaus. © dpa Picture-Alliance/Petra Schumacher

Am Wasser ist deutlich mehr los, der Weg ist nicht zu verfehlen. Auf dem Deich an der Elbe grasen Schafe, ein großer Spielplatz samt einem Grillplatz ist ideal für Familien. Man hört das Rauschen der Wellen, denn hinter den Bäumen gibt es einen Sandstrand. Und tatsächlich hat sich eine Frau trotz der eher frischen Lufttemperaturen ins Wasser gewagt und zieht ihre Bahnen. Vom Anleger kann man zu verschiedenen Fahrten ablegen, etwa rund um Pagensand, zu den Nebenflüssen der Elbe, zum Elbtörn mit Kaffee und Kuchen oder zum Abendtörn auf der Elbe (Infos unter 04128/941 59 81 oder www.wunschtoern.de).

Mit dem Fahrrad zum Strandfloh-Kiosk nach Bielenberg

Wer gern mit Blick auf die Elbe speisen möchte, hat reichlich Auswahl. Oben thront das Fährhaus Kollmar: ein familiengeführtes Hotel mit Bistro und einer Terrasse, die einen wunderbaren Blick auf die Umgebung bietet. Derzeit ist jedoch nur in der zweiten Wochenhälfte geöffnet, und auch das nur nachmittags. Noch näher am Wasser gibt es mehrere Imbisse – Strandoase, Fischbude und Strandfloh.

Einen Strandfloh-Kiosk gibt es auch im benachbarten Bielenberg, das zu Fuß und mit dem Fahrrad schnell zu erreichen ist. Neben Fischbrötchen gibt es Currywurst und Kuchen. Die Gäste sitzen an Holztischen – mit Blick auf den breiten Strand. Allerdings – so der Hinweis auf einem Schild – gilt hier ein Badeverbot.

Glückstadt hat noch deutlich mehr zu bieten

Seit 20 Jahren ist das Elbufer südlich von Glückstadt Naturschutzgebiet. Im Mündungsbereich der Elbe kehrt sich die Fließrichtung mehrmals täglich um, dabei vermischt sich das Salzwasser der Nordsee mit dem Süßwasser der Elbe. Tiere und Pflanzen müssen daher an den Gezeitenstrom und das brackige Wasser angepasst sein. Das Gebiet zwischen Bielenberg und Glückstadt wurde 1977 mit Schlick und Sand aus der Elbe aufgespült, es bildeten sich artenreiche Biotope. So ist beispielsweise die Elbe-Schmiele, eine Süßgrasart, endemisch, das heißt, sie kommt weltweit nur an der Elbe vor, meist zwischen großen Steinen zur Uferbefestigung.

Auf dem Deich vor Kollmar grasen viele Lämmer.
Auf dem Deich vor Kollmar grasen viele Lämmer. © dpa picture alliance/imageBROKER

Verglichen mit Bielenberg und Kollmar hat das 1617 vom dänischen König Christian IV. in der damals gerade erst eingedeichten Wildnis gegründete Glückstadt noch deutlich mehr zu bieten. Das Herz bildet der Glückstädter Hafen, der aus einem Außen- und einem Binnenhafen besteht. Das Hafenbecken binnendeichs ist von historischen malerischen Häusern gesäumt. Hier gibt es mehrere Einkehrmöglichkeiten: das Nettchen am stadteinwärts gelegenen Hafenrand, wo man in Strandkörben oder an einfachen Holztischen sitzt, oder die Alte Mühle mit lauschigen Außenplätzen unter zwei Kastanien. Selbstverständlich wird überall der Glückstädter Matjes serviert, der vor Norwegen gefangen und nach wie vor in der im Ort ansässigen Firma Plock von Hand filetiert und weiterverarbeitet wird.

Lesen Sie auch:

Eine Stadtführung über die „Dunklen Zeiten“

Wer weiter Richtung Elbe schlendert, kommt an mächtigen Flutschutzwänden vorbei, die liebevoll bemalt und gestaltet wurden. Dahinter befand sich früher eine Fabrik zur Holzgewinnung. Heute gibt es auf dem Gelände einen Spielplatz, außerdem findet dort regelmäßig Anfang Juni das Happytown-Festival statt – dieses Jahr fiel es coronabedingt aus. Ein Stück weiter, unmittelbar an der Elbe, liegt erhöht das Restaurant Molenkieker: ein perfekter Platz, um in den Sonnenuntergang zu schauen.

Für den Rückweg ins Stadtzentrum kann man die gegenüberliegende Seite des Hafens nehmen: Von hier aus ist der Blick auf die historische Häuserzeile mit dem Wasser und den Schiffen davor besonders schön. Das weiße, schlossartige Gebäude, an dem man vorbeikommt, war übrigens früher ein Frauengefängnis. Haftanstalten gab es im friedlichen Glückstadt erstaunlich viele. Warum, wird auf der Stadtführung „Dunkle Zeiten“ erklärt – eine von 16 Exkursionen, die die Stadt anbietet (www.glueckstadt-tourismus.de/stadtfuehrungen). Weitere Touren beschäftigen sich beispielsweise mit dem Stadtpark, der als erster Bürgerpark Schleswig-Holsteins gegründet wurde, oder den Spuren, die Christian IV. in der Stadt hinterlassen hat.

666f3f7e-c5ce-11ea-99e6-2030e01661b9
© Frank Hasse

Wer lieber eigenständig unterwegs ist, kann die kostenlose App „Glückstadt erleben“ herunterladen, die eine Audiotour durch Glückstadt und durch das Detlefsen-Museum beinhaltet. Doch auch ganz ohne Anleitung gibt es hier einiges zu entdecken: die vielen kleinen Gassen, in denen vor den Häusern Rosen und Stockmalven blühen, der beschauliche Marktplatz, um den herum sich historische Häuser mit hübschen, teils von Zinnen gekrönten Giebeln gruppieren. Hier liegen die Hotels Der kleine Heinrich (www.der-kleine-heinrich.de) und Hotel am Markt (www.anno1617.de), in denen man stilvoll wohnen und speisen kann – auch auf den Außenplätzen, von denen man das Treiben auf dem Markt beobachten kann. Nur die Autos, die hier ständig herumkurven, stören die Idylle.

Nächster Teil der Serie: Wendland