Kiel/Timmendorfer Strand/Eckernförde. Hatte das wechselhafte Wetter an den Küsten Auswirkungen auf Buchungszahlen, Badeunfälle und Blaualgenblüten? Eine Bilanz.

Meteorologisch hat der Herbst bereits Einzug gehalten und an diesem Wochenende endet zudem die offizielle Badesaison in Schleswig-Holstein. Zeit also, eine kleine Bilanz über den diesjährigen Sommer zu ziehen.

Tourismus: Repräsentative Zahlen zur Auslastung für den Juli und August in den Ferienorten liegen noch nicht vor. „Nach dem Rekordsommer im letzten Jahr haben aber viele Gäste ihre Unterkunft für 2019 lange im Voraus gebucht und sind auch gekommen, laut Information der örtlichen Touristiker“, sagte die Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TA.SH), Bettina Bunge. Die Mehrheit der Touristiker im Land sei sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Saison.

Bunge vermutet aber, dass das wechselhafte Wetter einige Kurzentschlossene vor allem aus Schleswig-Holstein, Hamburg und der näheren Umgebung davon abgehalten haben könnte, spontan zu buchen. „So schauen wir zwar optimistisch, aber nicht ganz so euphorisch auf das zu erwartende Ergebnis für den ganzen Sommer.“ An den Zahlen der ersten Jahreshälfte sei aber deutlich spürbar, dass sich dort, wo attraktive Hotels und Freizeiteinrichtungen entstünden, wie beispielsweise in Heiligenhafen, Büsum, St. Peter Ording, das Gästeaufkommen erhöhe oder noch besser über das Jahr verteile.

Wetter: Auch wenn es kein Supersommer wie 2018 war - auch in dieser Saison war es in Schleswig-Holstein deutlich wärmer als im vieljährigen Mittel, wie der Deutsche Wetterdienst in einer ersten Bilanz mitteilte. Demnach lag die Durchschnittstemperatur im nördlichsten Bundesland mit 17,9 Grad Celsius 2,1 Grad über dem Mittel. Im Juli stiegen die Temperaturen auch im Norden und sogar an den Küsten an einigen Tagen auf über 30 Grad Celsius und sorgten für volle Strände und Eisdielen.

Mit knapp 195 Litern Regen pro Quadratmeter blieb Schleswig-Holstein zwar unter dem Regensoll von 222 Litern. Dennoch werden vor allem einige heftige Regenschauer und Gewitter vielen im Gedächtnis bleiben: So musste beispielsweise das Wacken Open Air gleich zweimal kurzzeitig geräumt werden. Und in Flensburg sorgte eine Unwetterfront Ende Juli für zahlreiche überschwemmte Straßen. In einigen Stadtteilen reichte das Wasser den Autos bis über die Motorhaube, Menschen standen hüfttief im Wasser.

Badetote: Bislang ertranken dieses Jahr in Schleswig-Holstein 14 Menschen, 12 davon nach Angaben der DLRG in der offiziellen Badesaison zwischen Mai und September. Unfallschwerpunkte waren in diesem Jahr wieder die Binnengewässer (Flüsse, Seen und Teiche) und unbewachte Bereiche an Nord- und Ostseeküste. Aus Sicht der Rettungsschwimmer ist alarmierend, dass sogar ein Mensch mehr ertrunken ist als 2018, als der Jahrhundertsommer mit höheren Wassertemperaturen mehr Strand- und Badegäste angelockt hatte.

DLRG-Landesgeschäftsführer Thies O. Wolfhagen sagte, dass auch diese Saison viele Badegäste die DLRG-Flaggensignale, beispielsweise zu Badeverboten nicht kennten oder sogar bewusst ignorierten. So gab es Tage mit gefährlicher Wetter- und Strömungslage in der Lübecker Bucht, etwa zwischen Scharbeutz und Timmendorfer Strand. „Hier bestand absolute Lebensgefahr. Trotzdem haben sich hunderte Badegäste über die Badeverbote hinweg gesetzt und damit ihr eigenes und das Leben des Rettungsschwimmer gefährdet.“ An dem besagten Wochenende gab es mindestens zwei tödliche Unfällen in der Ostsee.

Abtreibende Paddler und Erste Hilfe an den Stränden: Insgesamt war es trotz der zu beklagenden Badetoten den Angaben zufolge für die DLRG eine ruhigere Saison. Trotzdem mussten die etwa 3000 ehrenamtlichen Rettungsschwimmer an den Küsten mehr als 5000 Mal Erste Hilfe leisten. Zumeist wurden Schnitt- und Sportverletzungen behandelt, auch Einsätze mit Reanimationen von Strandgästen kamen vor.

Zudem wurde weit über 100 Wassersportlern (SUP'lern, Surfern, Kitern) Hilfe geleistet. Rund 100 Badegäste mussten aus Nord- und Ostsee gerettet werden, die teils durch Entkräftung von Schwimmspielzeugen und Badeinseln geborgen wurden. Mindestens ein Dutzend dieser Einsätze hätte ohne das Eingreifen der DLRG sehr wahrscheinlich ein tödliches Ende genommen, sagte Wolfhagen. Den Beobachtungen zufolge müssen die Rettungsschwimmer immer häufiger bereits präventiv eingreifen, um zum Beispiel Eltern auf die Gefahren für deren Kinder im und am Wasser aufmerksamen zu machen.

Quallen und andere Quälgeister: Sie haben die Wasserratten in Schleswig-Holstein ziemlich in Ruhe gelassen. So waren nach Angaben der DLRG deutlich weniger Feuerquallen zu verzeichnen als im Vorjahr, was auch die Verletzungszahlen sinken ließ. Die Badewasserqualität im Allgemeinen war diese Saison gut. So musste nach Angaben des Gesundheitsministeriums keine der rund 340 Badestellen wegen bakteriologischer Belastung geschlossen werden.

Insgesamt gab es bei knapp 1750 Proben, die auf die beiden Indikatorkeime untersucht wurden, fünf Grenzwertüberschreitungen. Die Nachkontrollen waren nach Ministeriumsangaben in diesen Fällen jedoch immer unauffällig, so dass keine Badestelle wegen bakteriologischer Belastung geschlossen werden musste. Auch wegen Zerkarien gab es keine Badeverbote.

Wegen Blaualgenblüten wurden laut Ministerium hingegen vereinzelt von Kommunen - zum Teil für wenige Tage - Badeverbote verhängt. Zum Kontakt von Badegästen etwa mit den giftigen Fischen Petermännchen lagen dem Ministerium keine Angaben vor.

Verkehr: Wer mit dem Auto in den Urlaub fahren oder einen Tagesausflug machen wollte, brauchte zumindest an den Wochenenden Geduld. Im ganzen Norden zählte der ADAC an den Ferienwochenenden vom 28. Juni bis 11. August 19 000 Kilometer Stau. Das entspreche ungefähr der Strecke von Hamburg bis Neuseeland, teilte der ADAC mit. Im Vorjahresvergleich stieg die Staulänge demnach um rund 6500 Kilometer. Auch die Anzahl der Staus lag um 1800 höher als 2018. Der mit 25 Kilometern längste Stau bildete sich am 27. Juli auf der A1 zwischen dem Maschener Kreuz und Ahrensburg.

In Hamburg ging es bei 1086 Verkehrsbehinderungen auf 2194 Kilometern nur im Stop-and-Go voran. Über die Hälfte aller Staus entfielen dabei auf die A7. Auch in Schleswig-Holstein mussten die Autofahrer den Angaben zufolge gute Nerven beweisen: 995 Kilometer Stau entstanden allein zwischen dem zweiten und dem achten August. Insgesamt stockte es an den Ferienwochenenden 1417 Mal auf mehr als 3500 Kilometern.