Scharbeutz. Unterströmung spült gefährliche Stoffe an. Zwei Tote nach Badeunfällen. Helfer erschrocken über Missachtung des Badeverbots.
Ein Badegast hat am Sonntag eine beunruhigende Entdeckung am Ostseestrand gemacht: Im Sand lagen kleine gelbe Steinchen, die sich später als Phosphor entpuppten, wie das Ordnungsamt in Scharbeutz dem Abendblatt bestätigte. Deshalb warnen die Behörde und Feuerwehr jetzt Ostseebesucher vor dem Sammeln von Steinen am Strand. Die vermeintlichen Bernsteine seien extrem gefährlich, heißt es in der aktuellen Warnung.
"Aus den Brandbomben des Zweiten Weltkriegs, die in der Ostsee liegen, wird immer wieder Phosphor freigesetzt. Leider sieht er manchmal Bernstein zum Verwechseln ähnlich", so ein Feuerwehr-Sprecher. Wellen und eine Unterströmung spülen den gefährlichen Stoff dann an den Strand. "Bei Kontakt mit Sauerstoff und Temperaturen zwischen 20 und 40 Grad Celsius entzündet er sich selbst."
Das Gefährliche: Beim Verbrennen von Phosphor entsteht ein 1300 Grad heiße Flamme. Zudem sind die Dämpfe hochgiftig.
Zwei Männer ertrinken in der Ostsee
Deswegen rät die Feuerwehr, insbesondere Kinder auf die Gefahren hinzuweisen. Ferner sollten Steine nicht in Hosen- oder Jackentaschen gesteckt werden. Sollte ein Strandbesucher den Verdacht haben, Phosphor-Steinchen gefunden zu haben, sollte er die Feuerwehr alarmieren oder den Fund den Helfern der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) an den Stränden melden.
Die Unterströmung in der Ostsee sorgt jedoch nicht nur dafür, dass Reste von Weltkriegsbomben an den Strand gespült werden. Auch das Baden ist gefährlich. Deswegen herrschte am Wochenende auch größtenteils ein Badeverbot an den Stränden der Lübecker Bucht. Doch daran hielten sich nicht alle Badegäste.
Mit fatalen Folgen: Zwischen Niendorf und Pelzerhaken ertranken zwei Männer. So lautet die traurige Bilanz der DLRG. Beide sind am Sonnabend leblos aus dem Wasser gezogen worden, als wegen der Unterströmung ein Badeverbot (rote Flagge) an den Stränden herrschte.
Vier Menschen wurden leblos an den Strand gezogen
In Neustadt-Pelzerhaken zogen Retter einen 43 Jahre alten Kitesurfer leblos aus dem Wasser. Am Strand versuchten Helfer den Mann zu reanimieren – jedoch ohne Erfolg. Im Krankenhaus konnte nur noch der Tod des Mannes festgestellt werden, wie ein Sprecher der Rettungsleitstelle Süd dem Abendblatt mitteilte.
Auch ein 31 Jahre alter Schwimmer konnte nach einem Badeunfall am Sonnabend nicht mehr gerettet werden. Der Mann ging in der Ostsee vor Scharbeutz unter. Rettungsschwimmer zogen ihn aus dem Wasser und begannen sofort mit der Wiederbelebung. Im Krankenhaus kämpften Ärzte weiter um das Leben des Mannes. Jedoch ohne Erfolg.
Insgesamt vier Badeunfälle, bei denen die Verunglückten am Strand wiederbelebt werden mussten, registrierte die 112-Notrufzentrale am Sonnabend. Wie der Gesundheitszustand der zwei weiteren Menschen ist, ist unklar.
Besonders erschreckend für die Helfer war, "dass einige Menschen an Badeopfern, die gerade reanimiert wurden, vorbei in die Ostsee gingen – trotz Badeverbots", so ein Sprecher der Feuerwehr gegenüber dem Abendblatt: "Da fehlt mir jedes Verständnis."
Bei nordöstlichen Winden kommt es zu Unterströmungen
Allgemein sei der Sonnabend für die DLRG Haffkrug-Scharbeutz einer der bisher einsatzreichsten der Badesaison 2019 gewesen. Trotz Badeverbots hätten die Rettungsschwimmer viele Menschen aus dem Wasser retten müssen. Am Sonntag entspannte sich gegen Nachmittag die Lage an den Stränden. Der Wind und die Strömung ließen nach, sodass nur noch ein eingeschränktes Badeverbot (gelbe Flagge) verhängt wurde. Das heißt, kleine Kinder, Senioren oder generell weniger versierte Schwimmer sollten vorsichtshalber an Land bleiben.
Bei Wetterlagen mit östlichen Winden (speziell Nordost) kommt es in der Lübecker Bucht regelmäßig zu einer ausgeprägten Unterströmung zwischen den Seebrücken Scharbeutz und Timmendorfer Strand, erklärt die DLRG Haffkrug-Scharbeutz auf ihrer Homepage. Besonders stark sei dieses Phänomen im Bereich der sogenannten Kammer, dem Bereich um die Ostseetherme Scharbeutz. Die hier beobachtete Strömung komme nicht speziell durch Sandbänke, sondern durch die topographischen Gegebenheiten in der Lübecker Bucht zustande.