Kiel. 70 Prozent sind mit der Arbeit von Ministerpräsident Daniel Günther zufrieden. Harte Zeiten für die SPD.
„Daniel wer?“ Das war eine der meistgestellten Fragen, als die CDU vor gut einem Jahr überraschend die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein gewann – mit einem Kandidaten, der über sich selbst gesagt hatte, dass das alles für ihn eigentlich zu früh käme. Mit Daniel Günther eben, der kurze Zeit später zum damals jüngsten Ministerpräsidenten Deutschlands gewählt werden sollte. Und der seitdem eine Entwicklung hinlegt, die nicht nur FDP-Urgestein Wolfgang Kubicki zu der Einschätzung verleitete, Günther könne der nächste CDU-Kanzlerkandidat sein.
Eine Einschätzung, die durch die erste große Umfrage nach der Wahl in Schleswig-Holstein auf jeden Fall nicht widerlegt wird. Im Gegenteil: Danach hat Daniel Günther seine Beliebtheitswerte um 18 Prozentpunkte auf 65 Prozent steigern können. Die große Mehrheit der Schleswig-Holsteiner, nämlich 70 Prozent, halten den 44-Jährigen für einen guten Ministerpräsidenten, sogar unter den SPD-Anhängern sind 60 Prozent dieser Meinung. Und damit nicht genug: Die von Günther geführte Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP kann die Menschen im Land „wie keine andere Landesregierung in den vergangenen 20 Jahren überzeugen“, heißt es in der Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des NDR. „Auch im Vergleich mit den anderen Bundesländern zeigt sich, dass die Landesregierung in Kiel derzeit den größten Rückhalt hat.“
Die FDP wird derzeit offenbar nicht benötigt
Das würde sich auch bemerkbar machen, wenn an diesem Sonntag in Schleswig-Holstein Landtagswahl wäre: Die CDU käme auf 34 Prozent (plus zwei), die Grünen auf 18 (plus fünf), die FDP auf acht Prozent (minus dreieinhalb Prozent). Heißt auch: CDU und Grüne bräuchten die Liberalen, die anscheinend unter dem Weggang von Kubicki nach Berlin leiden, nicht mehr, um zu regieren. Dabei ist der Politikbereich, mit dessen Entwicklung die Wähler am stärksten zufrieden sind, in der Hand eines FDP-Ministers. Bernd Buchholz, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Gruner + Jahr, kann sich als Wirtschaftsminister darüber freuen, dass 66 Prozent mit seiner Arbeit zufrieden sind. Aber: So ein bekanntes Gesicht wie Kubicki ist Buchholz eben (noch) nicht.
Wenn man nach den Gründen für die überzeugenden Umfrageergebnisse der einzigen Jamaika-Koalition in Deutschland sucht, stößt man auch schnell auf die Herausforderungen, die auf Daniel Günther und seine Regierung zukommen. Die größte ist mit Sicherheit der Abgang von Umweltminister Robert Habeck, der mit 68 Prozent noch vor dem Ministerpräsidenten der beliebteste Politiker Schleswig-Holsteins ist – auch, wenn seine Werte „nur“ um sieben Prozentpunkte gestiegen sind. Das Problem: In Kiel bleibt Habeck nur noch bis Ende August, dann will er sich voll auf sein Amt als Bundesvorsitzender der Grünen konzentrieren. Was das für die Grünen in Schleswig-Holstein bedeutet, mit deren Arbeit im Moment 59 Prozent (plus elf) der Menschen zufrieden sind, lässt sich schwer sagen. Nur so viel: Die grüne Finanzministerin Monika Heinold kommt mit 42 Prozent nicht in die Nähe von Habeck oder Günther. Damit ist sie aber immer noch beliebter als Ralf Stegner. Womit wir bei der SPD und den eher schlechten Nachrichten wären.
Stegner sieht großen Reformbedarf bei der SPD
Die Genossen bleiben im hohen Norden laut Umfrage zwar zweitstärkste Kraft, kämen in Schleswig-Holstein allerdings auch nur noch auf 22 Prozent – ein Minus von fünf Prozentpunkten innerhalb von rund zwölf Monaten, und das, obwohl der stark kritisierte ehemalige Ministerpräsident Torsten Albig inzwischen von Kiel nach Brüssel gewechselt ist. Kommt hinzu, dass das bekannteste SPD-Gesicht in Kiel, eben der Landes- und Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner, so viele negative Bewertungen bekommt wie kein anderer Spitzenpolitiker. Sein Beliebtheitswert liegt bei 34 Prozent (minus sieben Prozent). Die Umfrageergebnisse seien „keineswegs zufriedenstellend“, sagte Stegner. „Die SPD hat großen Reformbedarf. Den gehen wir jetzt entschlossen an.“
Auch die FDP ist nicht zufrieden. „Die hohen Zustimmungswerte zur Arbeit der Jamaika-Koalition werden noch zu wenig mit der FDP in Verbindung gebracht“, sagte Christopher Vogt, der Chef der FDP-Landtagsfraktion.
Steffen Regis, Landesvorsitzender der Grünen, jubilierte. „18 Prozent ist ein starker grüner Wert“, sagte er. Tobias Koch, der CDU-Fraktionschef, ist zufrieden mit den Werten. „Wir haben uns damit oberhalb des Bundestrends etabliert“, sagte er. Für die Umfrage wurden 1002 Wahlberechtigte befragt. In der Sonntagsfrage liegen die AfD und die Linken bei jeweils sechs Prozent, der SSW kommt auf drei Prozent.