Kiel. Im Landtag soll ein Untersuchungsausschuss Licht ins Dunkle bringen. Wurden Aussagen von V-Leuten bewusst zurückgehalten?

Zur Aufklärung der sogenannten Rocker-Affäre bei der schleswig-holsteinischen Landespolizei wird sich sich jetzt ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss konstituieren. Bei der ersten Sitzung am Mittwoch soll der CDU-Politiker Claus Christian Claussen (57) zum Vorsitzenden gewählt werden. Der Rechtsanwalt aus Bargteheide sitzt erst seit vergangenem Jahr im Landtag. Sein Stellvertreter soll der Sozialdemokrat Thomas Rother werden. Das Parlament hatte im Februar auf Antrag der SPD einstimmig beschlossen, den Untersuchungsausschuss einzusetzen. Zeugen werden in der ersten Sitzung noch nicht befragt.

Im Mittelpunkt stehen Vorwürfe der Aktenmanipulation, der Unterdrückung von Beweismitteln und des Mobbings bei der Polizei. Ausgangspunkt waren Ermittlungen gegen Rocker wegen einer Messerstecherei in einem Schnellrestaurant in Neumünster im Jahr 2010. Damals hatten Mitglieder der „Bandidos“ Rocker der „Red Devils“ angegriffen und zwei Männer schwer verletzt.

Einsatz von V-Leuten im Blickfeld

Es geht auch um den problematischen Einsatz sogenannter V-Leute in der Rockerszene. Zwei Polizisten der Soko Rocker gaben an, ihr Vorgesetzter habe sie gehindert, entlastende Aussagen eines Informanten aus der Rockerszene vollständig zu protokollieren. Sie seien gemobbt und gegen ihren Willen versetzt worden.

Die „Kieler Nachrichten“ berichteten, weitere Beamte hätten sich gemeldet und über Schikanen und Bespitzelung geklagt. Im Mittelpunkt habe immer wieder der damalige LKA-Vize und spätere Landespolizeidirektor Ralf Höhs gestanden. Die Vorwürfe waren 2017 öffentlich geworden.

Berichte über Schikanen und Bespitzelung

Der Ausschuss will auch der Frage nachgehen, warum Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) im vergangenen Herbst Landespolizeidirektor Höhs und den Leiter der Polizeiabteilung in seinem Haus, Jörg Muhlack, absetzte. Grote hat einen Zusammenhang zu den Ermittlungen gegen Rocker bestritten. Der Ausschuss untersucht darüber hinaus mehrere Verdachtsfälle von Sexismus und Rassismus an der Polizeischule Eutin.

Claussen geht davon aus, dass der Untersuchungsausschuss etwa zwei Jahre für seine Arbeit braucht. Er hoffe, dass parteiübergreifend an einem Strang gezogen werde, um Sachverhalte aufzuklären, sagte Claussen der Deutschen Presse-Agentur. Denn das klassische Gegeneinander von Regierung und Opposition mache hier wenig Sinn: In den Jahren habe es mehrere Innenminister unterschiedlicher Parteien gegeben.

Mehr als 100 Zeugen sollen gehört werden

Mehr als 100 Personen dürften nach Einschätzung des SPD-Abgeordneten Kai Dolgner vom Untersuchungsausschuss geladen werden. „Ich hoffe, wir kommen mit weniger aus“, meinte dagegen Claussen. Als die drei wichtigsten Aufklärungsbereiche nannte der designierte Vorsitzende die V-Mann-Problematik, die Art und Weise, wie die Polizei geführt und diese wiederum von der Politik kontrolliert wurde.

Dem Ausschuss werden elf Abgeordnete angehören. Die CDU stellt vier Vertreter, die SPD drei, Grüne, FDP, AfD und SSW je einen. Die Staffelung ergibt sich aus den Mehrheitsverhältnissen im Landtag.