Kiel. Der Kampf gegen Wohnungseinbrüche zahlt sich aus – der Rückgang liegt beirund 30 Prozent. Das ist nicht die einzige gute Nachricht.
Da freut sich jeder, wenn er mit solchen Zahlen in die Öffentlichkeit gehen kann. Hans-Joachim Grote (CDU), der schleswig-holsteinische Innenminister, macht da keine Ausnahme. Bei der Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) durfte er am Donnerstag den Satz sagen, den – so Grote – „ein Innenminister gern wiederholt“: „Schleswig-Holstein ist 2017 sicherer geworden.“ Es war ein Satz, der den Tatbestand der leichten Untertreibung erfüllte. Denn Schleswig-Holstein ist so sicher wie seit 37 Jahren nicht mehr.
Die Zahl der Straftaten hat 2017 mit 188.979 ein historisches Tief erreicht. Man muss in der PKS bis ins Jahr 1980 zurückgehen, um einen niedrigeren Wert zu finden: 188.701 Taten waren es damals. Auch in den Hamburger Umlandkreisen sinkt die Kriminalität. Eine Ausnahme gibt es allerdings: den Kreis Stormarn.
Deutlich aufgeholt hat die Polizei vor allem beim Wohnungseinbruchsdiebstahl, von dem in den vergangenen Jahren viele Schleswig-Holsteiner betroffen waren. Die Zahl der Straftaten ist im Vergleich zu 2016 um fast 30 Prozent gesunken – von 7711 auf 5403. „Polizei und Gesellschaft werden weiter daran arbeiten, die Einbrecher zurückzudrängen“, sagte Grote.
Rauschgiftdelikte haben zugenommen
Wie klar die Kriminalitätsbelastung gesunken ist, zeigt ein Blick auf die sogenannte „Häufigkeitszahl“. Sie gibt die Zahl der Straftaten auf 100.000 Bürger an. 2017 waren das 6557 Fälle – 668 weniger als im Vorjahr.
Der Rückgang der Straftaten zieht sich quer durch alle Deliktsgruppen. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Die Rauschgiftdelikte haben im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen (13,8 Prozent), ebenso der Computerbetrug (17) und die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (21,5). Auch bei den Straftaten gegen das Leben gab es einen Zuwachs (26,4). Wegen der relativ geringen Fallzahl (91), die Jahr für Jahr stark schwankt, ist der Aussagewert allerdings gering.
Der Anstieg bei den Sexualdelikten wurde nach Ansicht der Landespolizei durch eine Gesetzesänderung verursacht. Der neue Straftatbestand der sexuellen Belästigung ist mit 383 Fälle in der PKS vertreten – und macht nun einen erheblichen Teil aller Sexualdeliktsfälle (2154) aus.
Mehr Fälle von Computerbetrug
Nicht ganz so einfach ist der Anstieg bei der Rauschgiftkriminalität zu erklären. Denkbar ist, dass ein erhöhter Kontrolldruck der Polizei dafür verantwortlich ist. Sie setzt den Schwerpunkt ihrer Arbeit derzeit auf die Bekämpfung von Handel und Schmuggel. Allein beim unerlaubten Handel in nicht geringer Menge (Paragraf 29a des Betäubungsmittelgesetzes) sind die Fallzahlen deshalb um 44,5 Prozent angestiegen.
Der Computerbetrug nimmt auch in Schleswig-Holstein zu. Dabei werden automatisierte Zahlungsvorgänge in Gang gesetzt. Immer mehr Menschen wickeln Einkäufe und deren Bezahlung übers Internet ab, deshalb nutzen auch Verbrecher diese Betrugsmöglichkeit immer stärker. 2093 Fälle gab es 2017 – das ist ein Plus von 304 gegenüber dem Vorjahr.
Dennoch: Die positiven Zahlen überwiegen. Ein paar Beispiele: Bei den Diebstählen gibt es einen Rückgang von 8,6 Prozent. Gefährliche und schwere Körperverletzungen: minus vier Prozent. Vorsätzliche einfache Körperverletzung: minus 5,6 Prozent. Raub und räuberische Erpressung: minus 2,9 Prozent.
Aufklärungsquote leicht gesunken
Bei der Aufklärungsquote musste die Polizei einen kleinen Rückschlag einstecken. Sie ist von 54,5 Prozent (2016) auf 53,9 Prozent gesunken. Dennoch ist dies die zweithöchste Aufklärungsquote seit 2008.
Auch in den meisten Hamburger Umlandkreisen ist die Häufigkeitszahl gesunken (siehe Grafik). Nur in Stormarn gab es einen Anstieg um 3,4 Prozent. Es ist der einzige Anstieg unter allen Kreisen und kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein. Weitere Zahlen zu den Kreisen werden erst in den kommenden Wochen veröffentlicht.
Aus der Politik gab es positive Reaktionen auf die PKS. Der SSW-Fraktionschef Lars Harms dankte Polizei und Justiz – und sagte: „Es ist wichtig, den Menschen zu zeigen, dass die von rechten Hetzern befeuerte ,gefühlte Sicherheitslage‘ im Land völlig entkoppelt ist von der Realität. Die Kriminalität in Schleswig-Holstein steigt nicht, sie sinkt. Punkt.“ Tim Brockmann, polizeipolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, sagte: „Der niedrigste Stand von Kriminalfällen seit 1980, das ist eine gute Nachricht! Und ein Ergebnis guter und harter Arbeit der Polizeikräfte.“