Kiel/Hamburg. Bezahlbarer Wohnraum ist in Kiel, Lübeck und im Hamburger Umland knapp. Verbände nennen das “dramatisch“ – und starten eine Petition.

Mit einer Volksinitiative machen sich der Deutsche Mieterbund und der Sozialverband Deutschland (SoVD) für mehr bezahlbaren Wohnraum in Schleswig-Holstein stark. „Von 220.000 Sozialwohnungen, die wir einmal hatten, sind nur noch gut 47.000 übrig“, sagte der Landesvorsitzende des Mieterbundes, Jochen Kiersch, am Freitag zum Start der Volksinitiative.

Gelingt es den Verbänden, innerhalb eines Jahres 20.000 Unterschriften zu sammeln, muss sich der Landtag mit dem Thema befassen. Nach Darstellung der Verbände ist die Lage auf dem sozialen Wohnungsmarkt im Norden dramatisch. „Wir brauchen mindestens 120.000 öffentlich geförderte Wohnungen“, sagte Kiersch.

Lage zwischen Elmshorn und Wedel angespannt

Vor allem im Hamburger Umland, von Wedel bis nach Elmshorn, fehlten entsprechende Heime. „Kiel und Lübeck sind Brennpunkte, Flensburg wird gerade einer.“ Unter den vier kreisfreien Städten im Land sei die Lage nur in Neumünster vergleichsweise entspannt.

„Je mehr Unterschriften zusammenkommen, desto größer wird der Druck auf die politisch Verantwortlichen endlich zu handeln, um die mittlerweile unhaltbare Situation auf dem Wohnungsmarkt zu entschärfen“, sagte die SoVD-Landesvorsitzende Jutta Kühl.

Recht auf günstigen Wohnraum soll in die Verfassung

Ziel der Initiative ist es, das Recht auf bezahlbaren und angemessenen Wohnraum in der Landesverfassung zu verankern. Die Verbände fordern den zusätzlichen Bau von 8000 preisgünstigen, geförderten Wohnungen pro Jahr und mehr barrierefreie Heime für Senioren und Behinderte. Nach Angaben von Kiersch sind die aktuellen Probleme Folge des Verkaufs kommunaler Wohnungsbaugesellschaften an renditeorientierte Finanzinvestoren, der gewollten Reduzierung des Sozialwohnungsbestandes und der geringen Bauaktivität.

„Wir wollen mit der Volksinitiative Druck aufbauen“, sagte Kühl. Zweifel am Erreichen der notwendigen Unterschriften hat sie nicht. „Ich gehe davon aus, dass wir das locker schaffen.“

Zusatzkosten von 1,2 Milliarden Euro pro Jahr

Innenstaatssekretärin Kristina Herbst (CDU) verwies auf die mit den Forderungen verbundenen Kosten. Das Land fördere den Bau bezahlbarer Wohnungen derzeit bereits so stark wie nie zuvor. „Die Forderung der Volksinitiative, jährlich 8000 geförderte Wohnungen zusätzlich zu bauen, würde 1,2 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich erfordern.“ Deshalb setze die Regierung nicht allein auf den sozialen Wohnungsbau, „sondern schafft auch Anreize für Private“.

Nach Angaben der Landesregierung wurden 2017 im Norden 211 Millionen Euro an Fördermitteln vergeben, um Wohnungen mit einer Miete zwischen 4,85 Euro und 5,85 Euro zu bauen. Es seien etwa 1700 mit Mietpreis- und Belegungsbindung versehene Wohnungen gefördert worden.

Die SPD begrüßte den Start der Volksinitiative. „Wohnen ist ein Grundrecht und kein Luxus“, sagte die wohnungsbaupolitische Sprecherin Özlem Ünsal. „Die Realität zeigt, dass bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird. Der Druck wächst inzwischen bis in die Mitte der Gesellschaft.“ Der Staat müsse den steigenden Mieten und dem Wohnungsmangel entgegenwirken. Von Regierungsseite fehle ein klares politisches Bekenntnis zu bezahlbarem und sozialem Wohnungsbau.