Kiel. Die beiden großen Parteien müssen auch im nördlichsten Bundesland deutliche Verluste hinnehmen. AfD kommt nur auf 8,2 Prozent.

Die Nord-CDU ist bei der Bundestagswahl in Schleswig-Holstein trotz Verlusten wieder stärkste Kraft geworden. Die Partei kam am Sonntag laut vorläufigem amtlichen Endergebnis auf 34,0 Prozent (2013: 39,2). Sie gewann zehn der elf Direktmandate. Nur in Kiel konnte sich ein SPD-Bewerber durchsetzen. Die Sozialdemokraten kamen landesweit auf 23,3 Prozent (31,5). Die FDP landete bei 12,6 Prozent (5,6), die Grünen bei 12,0 (9,4). Die AfD kam auf 8,2 Prozent (4,6) und die Linke auf 7,3 Prozent (5,2).

Jamaika-Koalition nicht unbedingt Vorbild für den Bund

Wie in Kiel könnte es künftig auch im Bund eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen geben. Die Kieler Koalitionäre sehen dorthin allerdings einen steinigen Weg - Einigung offen. „Auf Bundesebene sind die Hürden zwischen den Parteien größer“, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Sonntagabend der Deutschen Presse-Agentur. Bei bestimmten Themen wie der inneren Sicherheit oder der Integrationspolitik lägen die möglichen Partner weiter auseinander. Zudem sei die Entscheidungskompetenz des Bundes höher. „Da kann man keine Kompromisse schließen, sondern muss klar schwarz oder weiß sagen.“

Keine Blaupause für den Bund sehen in der Kieler Koalition auch die Nord-Grünen. „Wir sollten uns jetzt trauen, Jamaika ernsthaft zu sondieren“, sagte Habeck der dpa. „Das kann scheitern, zumal wenn die Union weiter nach rechts gehen will. Und wir werden nicht auf Teufel komm’ raus regieren. Es kann aber auch gelingen, wenn sich alle Parteien gut in einem Bündnis wiederfinden – so wie in Schleswig-Holstein.“ Nötig sei Mut zum Risiko.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) zeigte sich ebenfalls skeptisch. „Eins ist sicher: Das werden sehr schwierige Verhandlungen", sagte Buchholz der dpa. Im Bund seien viele Themen zwischen den Liberalen und Grünen sowie zwischen FDP und Union schwierig verhandelbar. „Das Problem liegt dabei eher zwischen der CSU und den Grünen.“

Wahlbeteiligung lag bei 76,5 Prozent

SPD-Bundesvize Ralf Stegner stärkte trotz des historischen Wahldebakels Parteichef Martin Schulz demonstrativ den Rücken. „Ich werde ihn mit aller Kraft dabei unterstützen, den notwendigen Erneuerungsprozess in der SPD anzuführen“, sagte Stegner, der auch schleswig-holsteinischer SPD-Landesvorsitzender ist, der dpa. Die SPD müsse „in die Opposition gehen ohne Hintertür und ohne Wenn und Aber“. Grüne und FDP hätten im Wahlkampf in Richtung Jamaika „geblinkt“, jetzt müssten sie auch mit der Union eine Regierungsbildung versuchen.

Schleswig-Holsteins AfD-Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein sieht die Rolle ihrer Partei im Bundestag klar in der Opposition: „So kann man besser den Finger in die Wunde legen.“ Die Spitzenkandidatin der Linken in Schleswig-Holstein, Cornelia Möhring (MdB), setzt auf konsequente Oppositionsarbeit. Auch in den nächsten vier Jahren werde die Linke „eine unbequeme, laute und treibende Opposition sein“, sagte die Bundestagsabgeordnete am Sonntagabend. Eine unbequeme Stimme für soziale Gerechtigkeit sei dringend nötig.

In Schleswig-Holstein lag die Wahlbeteiligung am Sonntag bei 76,5 Prozent. Vor vier Jahren hatten 73,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme bei der Bundestagswahl abgegeben. Dem nächsten deutschen Bundestag gehören mindestens 22 Abgeordnete aus dem Norden an. Neben den elf Direktkandidaten mindestens ebensoviele Abgeordnete über die Landeslisten. Außerdem kann es erneut Überhangmandate geben.