Kiel/Gibraltar. Größte Segelyacht der Welt wird in Gibraltar festgehalten. Zuvor umging der Eigner den deutschen Fiskus. Werft äußert sich.
Nachdem die in Kiel gebaute größte Segelyacht der Welt am Mittwoch im Hafen von Gibraltar wegen angeblich nicht bezahlter Rechnungen festgesetzt wurde, hat sich die Werft Nobiskrug zum Vorgang geäußert. Ein Sprecher bestätigte dem Abendblatt indirekt die Forderung der Werft: "Aufgrund von vertraglichen Vertraulichkeitsvereinbarungen darf sich die Werft aber nicht zum laufenden Verfahren äußern."
Wie berichtet, haben nur wenige Stunden nach der Ankunft der 143 Meter langen „Sailing Yacht A“ die auf Schiffspfändungen spezialisierten Anwälte der Kieler Werft Nobiskrug wegen Vertragsverletzung eine Klage beim Obersten Gericht des britischen Überseegebiets gegen den Betreiber eingereicht und bewirkten einen Arrest. Nach Angaben der Zeitung „Gibraltar Chronicle“ handelt es sich um Außenstände von 9,8 Millionen Euro für die Werft und zwei Rechnungen über 2,9 und 2,6 Millionen Euro von Zulieferbetrieben.
Zwischenstopp spart 76 Millionen Euro Steuer
Demnach dürfe der knapp 25 Meter breite Dreimaster mit vollautomatischen Segeln und 90 Meter hohen Masten erst auslaufen, wenn die offenen Rechnungen bezahlt weren. Eingetragener Eigner des Superschiffes ist die Firma Valla Yachts Ltd auf den Bermudas. Sie betreibt das Schiff im Auftrag des russischen Milliardärs Andrej Melnitschenko.
Dabei scheint der Russe trotz seines Vermögens durchaus auf die Portokasse zu achten und Steuersparsamkeit zu pflegen. Denn schon zuvor gab es bei der geschätzt 400 Millionen Euro teuren Yacht Besonderheiten. So erregte ein Zwischenstopp der "Sailing Yacht A" auf ihrem Weg ins Mittelmeer im norwegischen Hafen Kristiansand Aufmerksamkeit. Zwei Tage machte die Besatzung dort fest, wie die norwegische Zeitung "Dagens Næringsliv" berichtete. Experten meinen, um die deutsche Umsatzsteuer (19 Prozent) zu umgehen. Das ist nach Auskunft von Steuerexperten allerdings offenbar gängige Praxis und legal.
Auch Abramowitschs Yacht fuhr direkt nach Norwegen
Harald Berglihn, der für die norwegische Zeitung schreibt, erklärte den "Kieler Nachrichten", dass dieses Procedere Methode habe. Demnach hätte auch die in Deutschland gebaute Superyacht für den Besitzer des Fußballvereins FC Chelsea, Roman Abramowitsch, zunächst Kristiansand angesteuert, um sich Papiere für die Ausfuhr aus der EU von norwegischen Beamten ausstellen zu lassen. Mit der Ausfuhr aus der EU werde die deutsche Mehrwertsteuer hinfällig, erklären Steuerexperten.
Kristiansand sei dabei außerhalb der EU – Norwegen ist kein Mitglied – der von Deutschland aus am schnellsten zu erreichende Hafen. Insofern könne dort der Export der Schiffe aus dem deutschen Wirtschaftsraum bestätigt werden. Somit müsse der Käufer keine Umsatzsteuer, im aktuellen Fall rund 76 Millionen Euro, in der Bundesrepublik entrichten oder erhalte sie vom Finanzamt zurück.
Auch eine Doppelbesteuerung in Deutschland und im künftigen Heimathafen auf den Bermudas könne mit einem solchen Manöver vermieden werden. Ein Sprecher Melnitschenkos versicherte indes, dass der Käufer der „Sailing Yacht A“ selbstverständlich alle Steuerverpflichtungen erfülle. Fraglich ist nur welche?
Aus dem Tankstopp wurde ein Zwangs-Stopp
Vor genau zwei Wochen verließ die Mega-Yacht nach mehrjähriger Bauzeit Kiel Richtung Südspanien. Bisher hieß es, dass die Übergabe an den milliardenschweren russischen Eigner Andrej Melnitschenko im späten Frühjahr stattfinden soll. Der Designer Philippe Starck hatte die keilförmige Yacht für den Russen entworfen. Über den Baupreis für das futuristisch anmutende Schiff gibt es keine offiziellen Angaben. 400 Millionen Euro sind von Fachleuten geschätzte Kosten.
The world-famous Sailing Yacht A has been spotted in Gibraltar showing off her extraordinary design https://t.co/YMPi0F48oY pic.twitter.com/k0y0Qz711b
— Boat International (@boatint) 17. Februar 2017
Eigentlich sollte die „Sailing Yacht A“ in Gibraltar nur einen kurzen Tankstopp einlegen. Doch schon kurz darauf sei es dort auf richterliche Anordnung festgesetzt worden. Nach Angaben des „Gibraltar Chronicle“ hätte der offene Geldbetrag bereits bis zum 5. Februar überwiesen werden sollen – dem Tag, an dem Yacht den zur Nobiskrug-Gruppe gehörenden German Naval Yard in Kiel verlassen hatte.
Am Dienstag treffen sich die Beteiligten vor Gericht
Offenbar handelt es sich um drei offene Posten: 9,8 Millionen Euro soll die Werft laut Vertrag mit dem registrierten Besitzer, der Firma „Valla Yachts Limited“, selbst bekommen. Das Unternehmen auf den Bermudas betreibt das Schiff im Auftrag des russischen Milliardärs Andrej Melnitschenko. Zudem sind zwei Rechnungen über 2,9 und 2,6 Millionen Euro von Zulieferbetrieben ebenfalls noch nicht bezahlt.
Ein Sprecher der Segelyacht sagte dem „Gibraltar Chronicle“, dass herausragende Probleme nicht ungewöhnlich seien in einem maßgeschneiderten Projekt dieser Art. Aber er fügte hinzu, dass der 9,8 Millionen-Euro-Betrag bereits Teil einer andauernden Auseinandersetzung mit der Werft in Kiel sei.
Ungereimtheiten wegen Zwischenstopp in Norwegen
Kommende Woche Dienstag treffen sich die Beteiligten vor Gericht. „Die Sache liegt in den Händen unserer Anwälte“, sagt der Sprecher der Yacht der Zeitung in Gibraltar. Bis dahin liegt die „Sailing Yacht A“ in Südspanien vor Anker.