Lübeck . Münchner IT-Berater lässt in Lübeck ein Schiff bauen, das als maritime Müllabfuhr mit Netzen in Küstennähe unterwegs sein soll.
Gleich zwei Projekte aus Norddeutschland wollen die Weltmeere vom Plastikmüll befreien. Vorreiter ist der Münchener IT-Unternehmer Günther Bonin mit seiner „Seekuh“. Sie soll von Lübeck aus im Kampf gegen die Meeresverschmutzung starten. Bei mehr als 140 Millionen Tonnen Plastik in den Ozeanen eine Mammutaufgabe. Im August soll die maritime Müllabfuhr einsatzbereit sein und zunächst auf der Ostsee fahren und Plastikmüll aufsammeln, bevor es 2018/2019 auf die Weltmeere geht.
Als Günther Bonin vor acht Jahren ein Segelboot von Vancouver Island in Kanada nach San Diego in Kalifornien überführte, stieß er in der Nacht nördlich von San Francisco mit dem Boot in einen riesigen Müllhaufen mitten im Meer. Ein Schlüsselerlebnis: „Die Meere zu retten ist wie eine Infektion geworden und hat mir keine Ruhe mehr gelassen.“ Mit seinem Verein „One Earth – One Ocean“ will er die Meere vom Abfall befreien. Drei kleinere „Seehamster“ hat Bonin bereis auf Binnengewässern zur Abfallbeseitigung in Betrieb. Sein Ziel ist, zum Greenpeace der Gewässer zu werden.
Rohbau der "Seekuh" kostete 250.000 Euro
Den Rohbau der zwölf Meter langen „Seekuh“ haben die Schiffsbauer der Werft Yacht Trave Schiff GmbH gerade fertiggestellt. Kosten: 250.000 Euro. Nun geht es an den Innenausbau und an den Einbau der Maschinen. Die „Seekuh“ hat später eine bewegliche Netzkonstruktion zwischen den Rümpfen mit einer Maschengröße von fünf Zentimetern, um die an der Wasseroberfläche treibenden Plastikteile abzufischen. In der Ostsee kann das Netz bis zu zwei Meter tief gelassen werden, im Atlantik und Pazifik bis zu fünf Meter.
Die „Seekuh“ arbeitet in Küstennähe und im Bereich von Flussmündungen. Tiere würden nicht in die Netze gelangen. Der Katamaran fahre zwei Knoten, also knapp vier Stundenkilometer, sodass die Fische bei diesem langsamen Tempo Zeit hätten auszuweichen. Der Clou: Die „Seekuh“ ist auch ein Bagger und kann Abfälle an die Strände schieben. Pro Fahrt können zwei Tonnen Müll aufgenommen werden.
Plastik wird in Öl rückverwandelt
Um überall einsatzbereit zu sein, lässt sich der Katamaran zerlegen und in Containern überall in die Welt transportieren. Bonins Vision: Das gesammelte Plastik soll später direkt an Bord von Tankern in Öl rückverwandelt werden. „Aus einer Tonne Plastik lassen sich so etwa 900 Liter Öl rückgewinnen“, sagt der 60-Jährige. Dazu tüftelt er bereits an einem Nachfolger der „Seekuh“, dem „Seeelefanten“.
Das Konzept der maritimen Müllabfuhr findet Nachahmer, sagt Günther Bonin, der sich bei diesem Thema als Vorreiter sieht: Ein Kooperationsnetzwerk von zehn mittelständischen Unternehmen hat ein System entwickelt, das ebenfalls ab 2018 im Einsatz sein soll. Das Konzept sieht vor, dass eine Flotte aus umgebauten Schiffen mit Netzen in stark betroffenen Gebieten Plastik aus dem Meer zieht, der dann auf einem Spezialschiff aufbereitet wird. Der Abfall soll zur Energiegewinnung genutzt oder recycelt werden.