Westerland. Neue Konkurrenz auf dem Hindenburgdamm könnte zu heillosem Stau führen, fürchtet das Verkehrsministerium. Auch Insulaner in Sorge.

Eigentlich hätte der neue Autozuganbieter seinen Betrieb schon mit dem Fahrplanwechsel am gestrigen Sonntag aufnehmen sollen. Unter der Marke „Autozug Sylt“ will RDCD jetzt voraussichtlich von Februar 2016 an Fahrzeuge von Niebüll nach Sylt und zurück transportieren. Am Donnerstag präsentierte RDCD einen Musterzug. Es ist das erste Mal seit 1932, dass ein zweiter Anbieter auf der elf Kilometer langen Strecke durch das Wattenmeer für Konkurrenz sorgt. Das Tor für den Wettbewerb öffnete eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Januar dieses Jahres.

Warum RDCD in den Wettbewerb eintritt, liegt auf der Hand: Die Strecke ist mit rund 490.000 Fahrzeugen jährlich und einem Ticketpreis von derzeit noch 90 Euro hin und zurück lukrativ für die Deutsche Bahn, die jüngst mitteilte, den Preis zum 1. Januar 2016 um etwa zwei Prozent zu erhöhen. RDCD kündigt an, mit ihrem Ticketpreis unter dem der Deutschen Bahn zu liegen. „Wir werden allerdings kein Billiganbieter sein“, sagt die Sprecherin des Unternehmens, Meike Quentin.

Neuer Autozug Sylt vorgestellt

Ein Autozug des privaten Bahnunternehmens RDC Deutschland steht in Kiel (Schleswig-Holstein)
Ein Autozug des privaten Bahnunternehmens RDC Deutschland steht in Kiel (Schleswig-Holstein) © dpa | Markus Scholz
Mit den neuen Flachwagen will der Betreiber ab Januar 2016 Autos vom Festland nach Sylt transportieren und tritt damit in Konkurrenz zur Deutschen Bahn
Mit den neuen Flachwagen will der Betreiber ab Januar 2016 Autos vom Festland nach Sylt transportieren und tritt damit in Konkurrenz zur Deutschen Bahn © dpa | Markus Scholz
Carsten Carstensen (l-r), Geschäftsführer RDC Deutschland , Hans Leister, Europachef RDC und Hinrich Krey, Geschäftsfürer RDC Deutschland posieren in Kiel (Schleswig-Holstein) vor einem Autozug ihres Uternehmens
Carsten Carstensen (l-r), Geschäftsführer RDC Deutschland , Hans Leister, Europachef RDC und Hinrich Krey, Geschäftsfürer RDC Deutschland posieren in Kiel (Schleswig-Holstein) vor einem Autozug ihres Uternehmens © dpa | Markus Scholz
Der Schrifzug „Autozug Sylt“ des privaten Bahnunternehmens RDC Deutschland ist in Kiel (Schleswig-Holstein) zu sehen
Der Schrifzug „Autozug Sylt“ des privaten Bahnunternehmens RDC Deutschland ist in Kiel (Schleswig-Holstein) zu sehen © dpa | Markus Scholz
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Dass sich RDCD die Strecke mit dem ehemaligen Monopolisten teilen muss, „damit haben wir nicht gerechnet“, sagt Quentin. Mit der DB Netz AG hat RDCD einen Rahmenvertrag über zehn Jahre geschlossen und sich 98 Trassen wöchentlich gesichert. „Damit allein können wir den Autozug allerdings nicht wirtschaftlich betreiben. Wir werden uns daher um zusätzliche Trassen bemühen“, so Quentin. Der Sylt-Shuttle der Deutschen Bahn hat täglich 55 Trassen erhalten und fährt jetzt durchgängig alle 30 Minuten statt vorher nur alle 60 oder 90 Minuten.

Bundesnetzagentur begrüßt Konkurrenz

Die Bundesnetzagentur begrüßt die Konkurrenzsituation. „Eine Verstärkung des Wettbewerbs führt in der Regel zu einer Verbesserung der Qualität des Angebots“, sagt Fiete Wulff, Sprecher der Agentur. Um sich in dem Vergabeverfahren möglichst viele Trassen zu sichern, hat die Deutsche Bahn in die Trickkiste gegriffen und ein Konzept Namens „Sylt Shuttle Plus“ präsentiert. An den Autozug wird ein Personenzug gekoppelt, der weiter nach Bredstedt sowie einmal täglich nach Hamburg fährt. So hat die Bahn die Strecke verlängert – im Vergabeverfahren gilt: Die längere Strecke gewinnt.

Der neue Fahrplan birgt Zündstoff. Kürzlich meldete sich das Verkehrsministerium in Kiel zu Wort. In einem Brandbrief von Verkehrsstaatssekretär Frank Nägele an die Deutsche Bahn, RDCD sowie an die Bundesnetzagentur bezeichnete Nägele den neuen Fahrplan als „nicht fahrbar“. „Wir befürchten, wenn beide Anbieter die volle Leistung fahren, was noch nicht der Fall ist, dass es dann bis zu dreimal am Tag in Niebüll und Westerland Schwierigkeiten geben wird, weil sich die Verkehre festfahren“, schreibt Nägele.

„Der Fahrplan ist nach unseren Informationen fahrbar“, sagt die Bundesnetzagentur. Allerdings räumte deren Sprecher ein, dass noch Feinschliff nötig sei.

Sylter befürchten Anreise-Schwierigkeiten

Die Sylter sind alarmiert. „Die Frage ist, brauchen wir so viele Verbindungen überhaupt, vor allem im Winter?“, sagt der Vorsitzende der Sylter Unternehmer, Karl Max Hellner. Der Chef von Sylt Marketing, Moritz Luft, geht noch weiter: Er fordert den staatlichen Eingriff. „Sylt ist mit einem Sechstel an der Wertschöpfung im Tourismus in Schleswig-Holstein beteiligt. Wir brauchen hier eine verlässliche Lebensgrundlage.“ Wenn es Schwierigkeiten bei der Anreise gebe, könne das Interesse an einer Destination sinken.

Neue DB-Züge kaum Vorteile für Personenverkehr

Für die Fahrgäste hat der neue Personen-Autozug wenig Vorteile. Wegen des An- und Abkuppelns dauert die Fahrt aufs Festland 15 Minuten länger. Und ist auch teurer, weil er als Fernverkehr eingestuft wird. Für das kommende Jahr sind zudem Bauarbeiten notwendig: in Westerland ist ein neuer Bahnsteig notwendig und auch der Keitumer Bahnhof muss für den Sylt Shuttle Plus modernisiert werden.