Kiel . Zehn Verschwendungsfälle führt das Schwarzbuch im Norden auf: Dazu zählt auch eine teure Fußballanlage in Tornesch im Kreis Pinneberg.
Der Bund der Steuerzahler hat Land und Gemeinden in Schleswig-Holstein die Verschwendung von Steuermitteln in Höhe mehrerer Millionen Euro vorgeworfen. Das nördlichste Bundesland ist in dem am Mittwoch vorgestellten neuen Schwarzbuch „Die öffentliche Verschwendung“ mit zehn Fällen vertreten. Beispielhaft werden darin bundesweit 133 Fälle aufgezeigt. „Mischfinanzierungen, bei denen verschiedene staatliche Ebenen gemeinsam verantwortlich sind, machen die Aufgabenwahrnehmung häufig besonders teuer für die Steuerzahler“, sagte Verbandspräsident Aloys Altmann. Die einzelnen Ebenen gäben sich oft gegenseitig die Schuld für Verzögerungen oder Kostensteigerungen.
Verständlich findet es Altmann, dass sich Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) gerne auf der maroden Rader Hochbrücke entlang der Autobahn 7 zeige. „Hier kann er nämlich, ohne selbst die Konsequenzen tragen zu müssen, vom Bund einen Neubau oder sogar eine Tunnellösung fordern.“ Das Land könne dort ohne Zuzahlung Geld ausgeben. Über die in „jämmerlichem Zustand“ befindlichen Landesstraßen werde dagegen nicht so gerne gesprochen.
Konkret warnt der Verband vor der Umsetzung des umstrittenen „Kleinen Kiel-Kanals“, einem künstlichen Wasserbecken in der in Wassernähe gelegenen Kieler Innenstadt. „Das Projekt würde wohl niemals verwirklicht, wenn man für die heute auf 12,5 Millionen Euro geschätzten Kosten nicht einen Zuschuss von bis zu zwei Dritteln aus Städtebaufördermitteln des Bundes und des Landes sowie Anliegerbeiträge von einer Million Euro erwarten würde“, sagte Altmann.
Das Augenmaß haben nach Verbands-Ansicht die Verantwortlichen in Tornesch (Kreis Pinneberg) beim Bau einer Fußballanlage verloren. Aus ursprünglich geplanten Kosten in Höhe von fünf Millionen Euro seien inklusive Finanzierung und Nebenkosten 7,8 Millionen geworden. Der dortige FC Union verfügt dafür nun über eine üppige Ausstattung: zwei Kunstrasenfelder mit Flutlicht, einen Rasenplatz, eine zusätzliche Kunstrasen-Trainingsfläche, ein Kleinspielfeld mit Sandboden sowie eine Eventfläche.
Kritisch sieht Altmann auch den Umbau des Stadthafens von Wedel (Kreis Pinneberg) zu einer maritimen Meile für mittlerweile 30,6 Millionen Euro. Man hoffe dort auf Fördermittel der EU und dem Städtebau in Höhe von 18 Millionen Euro, sagte er. „Ich glaube, dass man dieses Projekt niemals begonnen hätte, wenn man nicht auf die Gewinnung von Fördermitteln geschielt hätte.“
Als Erfolg feierte Altmann die Absage an eine Stadtregionalbahn in Kiel. „Die Investitionskosten von mindestens 380 Millionen Euro und ein jährlicher Zuschuss von 14 Millionen wären finanziell für die Landeshauptstadt und die Umlandkreise nicht zu tragen gewesen.“ Er begrüßt auch die Ende des Jahres geplante Schließung der Sturmflutenwelt „Blanker Hans“ in Büsum. „In neun Jahren musste die Gemeinde ein Betriebsdefizit von 6,5 Millionen Euro ausgleichen.“ Zuletzt seien nur 70 000 statt der erwarteten 200 000 Besucher pro Jahr gekommen. „Doch zur Wahrheit gehört auch, dass dieses damals 7,7 Millionen Euro teure Projekt ohne die Landesförderung von 4,4 Millionen niemals realisiert worden wäre.“
Zugleich warnte der Verband vor einer Lockerung der Schuldenbremse angesichts der vielen Flüchtlinge. „Es ist genügend Geld da, um die unbestrittene Herausforderung der Zuwanderung zu meistern“, sagte Altmann. Alle staatlichen Ebenen verzeichneten auch 2015 Rekordsteuereinnahmen. Notfalls müsse die Politik an einigen Stellen umsteuern, „auf manches Wunschkonzert“ verzichten.
Hamburg ist in diesem Jahr mit fünf Fällen öffentlicher Vergeudung von Steuergeld vertreten.
Für Niedersachsen und Bremen prangert der Bund der Steuerzahler gleich 18 Fälle an.