Kiel . Schleswig-Holsteins Behörden wollen auch Dänisch und Friesisch akzeptieren. Sprachunterricht soll ausgebaut werden.

Das Aufgebot auf Platt bestellen? Kein Problem: Schleswig-Holstein Behörden sollen in Zukunft auch Anträge, Anfragen und andere behördliche Schreiben bearbeiten, die auf Niederdeutsch formuliert werden. Das ist Bestandteil eines „Handlungsplans Sprachenpolitik“, den die Landesregierung jetzt vorgelegt hat.

Wichtiger als der Schriftverkehr mit den Behörden ist allerdings etwas anderes: Erstmals wird das Ziel eines geschlossenen Bildungsgangs angestrebt. Das bedeutet: Die Minderheitensprachen Platt, Friesisch und Dänisch sollen durchgängig in Kitas, Grundschulen, in weiterführenden Schulen und an Universitäten unterrichtet werden. „Die Landesregierung ist sich sehr bewusst, dass es auch die Sprachen unserer Minderheiten sowie die Regionalsprache Niederdeutsch sind, die den kulturellen Reichtum unseres Landes ausmachen“, sagt Renate Schnack, Beauftragte des Ministerpräsidenten für nationale Minderheiten und Volksgruppen, Grenzlandarbeit und Niederdeutsch.

Rund 100.000 der etwa 2,8 Millionen Schleswig-Holsteiner sprechen noch Plattdeutsch. Die Zahl derer, die die Sprache verstehen, ist deutlich höher. Dänisch wird von rund 50.000 Schleswig-Holsteinern gesprochen, Friesisch von etwa 10.000. Während beim Plattdeutschen die Zahlen rückläufig sind, gibt es bei Friesen und Dänen eine gewissen Konstanz. Dennoch: Wer die Sprachen pflegen will, muss dafür sorgen, dass sie gesprochen werden. Und da tut sich derzeit einiges.

Kommentar: Etappensieg fürs Plattdeutsche

An der Universität Flensburg, wo der Studiengang Frisistik schon seit Längerem nur noch von Honorarprofessoren aufrechterhalten wird, ist gerade eine Professorenstelle für dieses Fach ausgeschrieben. Lars Harms, Friese und Fraktionschef des Südschleswigschen Wählerverbands (SSW) im Kieler Landtag, findet das prima. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt er. Friesisch wird derzeit an einigen Grundschulen im Kreis Nordfriesland unterrichtet. Harms vermutet, dass es rund 1000 Schüler sein dürften. „An den weiterführenden Schulen bricht es dann meist ab“, sagt er. Deshalb müssten mehr Lehrer ausgebildet werden.

Beim Dänischen ist die Situation erheblich komfortabler. 50.000 Schleswig-Holsteiner sprechen die Sprache. Der Unterricht ist kein Problem. Dafür gibt es die gut ausgestatteten und sehr beliebten dänischen Schulen.

Der Bereich des Plattdeutschen steht an einem Wendepunkt. Bislang wendete sich der Schulunterricht hauptsächlich an Kinder und Jugendliche, die zumindest rudimentäre Kenntnisse haben. Nun soll die Sprache wie eine Fremdsprache vermittelt werden. Ein Lehrbuch für die ersten Klassen steht kurz vor der Fertigstellung. Marianne Ehlers vom Schleswig-Holsteinischen Heimatbund (SHHB) hat daran mitgearbeitet. „Paul un Emma snackt plattdüütsch“ heißt das Werk. Ehlers ist ein bisschen stolz darauf. „So etwas hat es bislang nicht gegeben“, sagt sie. In einfachen Alltagsszenen wird den Schülern vermittelt, welche plattdeutschen Begriffe man zum Beispiel beim Einkaufen, in der Schule oder am Strand verwenden kann. Allerdings kann man auch durchaus noch weiter kommen. Nur an rund 50 Schulen im Land gibt es überhaupt Plattdeutsch-Unterricht, oftmals wird er von ehrenamtlichen Kräften geleistet. Zumeist sind es Grundschulen, an weiterführenden Schulen passiert wenig. Auch hier gilt: Die Zahl der Lehrkräfte muss unbedingt erhöht werden.

Mit dem Handlungsplan Politik kommen nun auch auf die Verwaltungen neue Aufgaben zu. Sie müssen mit Behördenpost, die auf Platt, Friesisch oder Dänisch formuliert ist, umgehen können. Für die beiden letztgenannten Sprachen gelten regionale Begrenzungen. Friesisch wird nur in Nordfriesland und auf Helgoland akzeptiert, Dänisch nur nördlich des Kanals.

Mit Platt müssen die Behörden allerdings landesweit zurechtkommen. Jörg Bülow, Geschäftsführer des Gemeindetags, glaubt, dass die das schon schaffen werden. „Es wird sich wohl in jeder Verwaltung jemand finden, der Plattdeutsch zumindest versteht“, sagt er. Die Behörden dürften dann ja Hochdeutsch antworten. Und falls es doch schwierig werden sollte mit dem Verständnis, hat Bülow einen Fortbildungstipp: „Einfach mal wieder ins Ohnsorg Theater gehen.“