Nach monatelangen Querelen um die Bildungsministerin war ihr Rücktritt für viele doch überraschend gekommen. Die Staatsanwaltschaft hat ein Schreiben entdeckt, das wohl zu der Entscheidung führte.
Kiel/Flensburg. Ein Dokumenten-Fund der Staatsanwaltschaft hat offenkundig zum Rücktritt von Waltraud Wende als Bildungs- und Wissenschaftsministerin in Kiel geführt. Das Schreiben aus dem Jahr 2011 enthält eine angebliche Vereinbarung mit dem Flensburger Uni-Kanzler über eine Professur Wendes. Der Kanzler erklärte, er habe das Schreiben nicht verfasst. Wie die Staatskanzlei am Mittwoch der dpa auf Nachfrage bestätigte, hat die Universität Flensburg kurz vor Wendes Rücktritt über das Papier aus dem Jahr 2011 informiert.
In dem Schreiben geht es um eine schriftliche Vereinbarung, wonach Wende nach einem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt der Uni eine Professur plus Gehaltsdifferenz zwischen Professoren- und Präsidentengehalt bekommen sollte. Hintergrund war offenbar ihr damals bevorstehender Wechsel in die Politik und eine Absicherung für eine mögliche Rückkehr an die Uni. Der Fund der Staatsanwaltschaft im Zuge ihrer Ermittlungen wegen Korruptions- und Betrugsverdachts soll zu dem Gespräch mit Ministerpräsident Torsten Albig geführt haben, an dessen Ende Wendes Amtsverzicht stand.
Das Papier mit Datum 17.10.2011, also weit vor der Regierungsbildung in Kiel, fand die Staatsanwaltschaft in den Unterlagen des Uni-Kanzlers Frank Kupfer. Wie es weiter heißt, enthält das Schreiben zwar den Briefkopf des Kanzlers und einen getippten Namenszug, nicht aber eine Unterschrift per Hand. Der Kanzler erklärte laut Staatskanzlei, er habe das Schreiben nicht verfasst. Vielmehr habe Wende ihm das vorgelegt. Sie war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, die Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht.
Die parteilose Politikerin Wende hatte am 12. September ihren Rücktritt vollzogen, den Albig erst am 15. September publik machte. Die Anwälte des Kanzlers äußerten in einer Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft die Vermutung, Wende könne das Schreiben gefertigt haben. Vergleichsschriftstücke hätten den Verdacht genährt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen Kupfer wegen Korruptionsverdachts.
Nach Bekanntgabe des zu diesem Zeitpunkt überraschenden Rücktritts von Wende war in Kiel gerätselt worden, was der Auslöser gewesen sein könnte. Albig hatte stets auf die geltende Unschuldsvermutung hingewiesen und klargemacht, solange keine neuen Fakten auftauchen würden, halte er an Wende fest – trotz Einleitung des Ermittlungsverfahrens und groß angelegter Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft. Mit dem Schreiben vom 17.10. 2011 war für den Ministerpräsidenten dann offenkundig die neue Faktenlage entstanden.
Zwei Tage vor Wendes Rücktritt hatte sich Uni-Präsident Werner Reinhart telefonisch in der Staatskanzlei gemeldet und um einen Gesprächstermin in Sachen Wende gebeten. Einen Tag später traf sich der Staatskanzlei-Beauftragte Knud Büchmann mit Reinhart, der noch am Abend die erbetene dienstliche Erklärung dazu lieferte. Albig sei noch am gleichen Tag, also am 11. September, informiert worden, hieß es weiter aus der Staatskanzlei. Am 12. September dann gab die Staatsanwaltschaft der Staatskanzlei grünes Licht dafür, die Information über besagtes Schreiben im Gespräch mit Wende offenzulegen. Das tat Albig dann offenkundig auch.
Das Gespräch mündete in Wendes Rücktrittserklärung. Das Verfahren belaste sie und ihr Umfeld in einem Maße, das sie so nicht erwartet habe, gab sie als Grund an. Einen Tag nach der Bekanntgabe des Rücktritts, am 16. September, stellte Albig die Hamburgerin Britta Ernst (SPD) als neue Bildungsministerin vor.
Wende war seit langem politisch hoch umstritten. Besonders unter Druck geriet sie wegen der viel kritisierten – und später von ihr kassierten – Option auf Rückkehr an die Universität Flensburg, die ihr die Hochschule für den Fall eines Ausscheidens aus dem Kabinett zugestanden hatte. Deshalb läuft auch das Ermittlungsverfahren gegen sie wegen Korruptions- und Betrugsverdachts.