Die Autobahn A20 soll trotz richterlichen Baustopps schnell ausgebaut werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte den geplanten Ausbau im November 2013 vorerst gestoppt.
Bad Segeberg. Die schleswig-holsteinische Landesregierung hält es für lösbar, die Autobahn A20 bei Bad Segeberg zu bauen und zugleich dabei den höchstrichterlich geforderten Fledermausschutz zu erfüllen. Gearbeitet werde an einer gerichtsfesten Planung, betonten Ministerpräsident Torsten Albig und Verkehrsminister Reinhard Meyer (beide SPD) am Dienstag nach einer auswärtigen Kabinettssitzung in Bad Segeberg. „Wenn die Autobahn gebaut ist und dann künftig teilweise ein Tempolimit von 60 oder 80 km/h herrscht, kann ich damit leben“, sagte Meyer.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte den geplanten Ausbau der A20 im November 2013 vorerst gestoppt. Das Gericht monierte, der Schutz der rund 20 000 Fledermäuse, die jedes Jahr in den Kalkhöhlen in Bad Segeberg überwintern, sei nicht hinreichend beachtet worden. Und es seien die alternativen Trassen zu der favorisierten nahen Südumgehung Segebergs nicht geprüft worden. Beide Punkte würden nun erfüllt, versicherte Meyer. Die Trassen würden ergebnisoffen geprüft, er favorisiere aber weiter die nahe Südumgehung, weil deren Realisierung am schnellsten ginge.
Fledermausexperten der Novalis-Erlebnisausstellung in Segeberg hätten am Dienstag bei einem Treffen die Meinung der Landesregierung zur Vereinbarkeit von Umweltschutz und Autobahn geteilt, betonte der Minister. Ursprünglich eingeladene Vertreter von Natur- und Umweltschutzverbänden hätten abgesagt, weil bisher die schriftliche Urteilsbegründung aus Leipzig fehle. Das Land wolle aber den Ausbau der A20 trotz der Verzögerung von voraussichtlich zwei Jahren möglichst schnell voranbringen.
Albig sagte zum Baustopp: „Es lag nicht an der Fledermaus, sondern mangelhafter Planung.“ Damit bezog er sich auf die CDU/FDP-Vorgängerregierung. „Die Landesregierung will die A20 weiterbauen, denn sie ist von herausragender Bedeutung für den gesamten norddeutschen Raum. Deshalb werden die Abschnitte, die noch in der Planfeststellung sind, derzeit alle noch einmal überprüft. Außerdem werden die Planungskapazitäten aufgestockt.“
Ein Ausbau westlich der A7 mit Elbquerung bei Glückstadt komme aber in der bis 2017 laufenden Legislaturperiode wegen des Koalitionsvertrages nicht in Frage, wäre aber ohnehin zeitlich nicht möglich. Außerdem sei die notwendige Finanzierung des Bundes ungeklärt, sagte Albig. Meyer ergänzte die A20 mache letztlich nur Sinn, wenn sie von der polnischen Grenze bis zur holländischen Grenze führe, samt Querung der Elbe bei Glückstadt/Drochtersen.
Mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will Meyer in der nächsten Woche die wichtigsten Verkehrsprojekte für Schleswig-Holstein erörtern und für die notwendige Unterstützung des Bundes werben. Dazu gehören neben der A20, der Nord-Ostsee-Kanal, die Bundesstraße B5 und die S21 zwischen Hamburg-Eidelstedt und Kaltenkirchen. „Ich will erfahren, ob er ein Verkehrsminister für Bayern oder für Deutschland ist“, sagte Meyer über den CSU-Politiker.
Das Kabinett befasste sich in Bad Segeberg auch mit dem noch in diesem Jahr beginnenden sechsspurigen Ausbau der A7 zwischen dem Bordesholmer Kreuz und Hamburg. „Natürlich wird es Behinderungen geben, aber was wäre die Alternative, eine Schließung der Autobahn?“, fragte Meyer. Mit einem gemeinsamen Baustellen-Management und elektronischen Anzeigetafeln mit Ausweichstrecken in Stausituationen wollen Hamburg und Schleswig-Holstein Autofahrern helfen. Zudem sei eine A7-App geplant.
„Das Nadelöhr ist der Hamburger Elbtunnel“, betonte Albig. Um die A7-Baustellen flüssig zu halten, sollen die Überholspuren 2,85 Meter breit sein. „Wir haben gelernt aus dem Bau der Autobahn zwischen Hamburg und Bremen, wo die Überholspuren auf 2,50 verengt waren und dies zu Problemen führte“, erklärte Meyer. Normalerweise seien Autobahn-Überholspuren etwa 3,50 Meter breit.
Für den zweigleisigen Ausbau der AKN-Strecke zwischen Kaltenkirchen und Hamburg-Eidelstedt (S21) will Meyer bei Dobrindt auf bis zu 60 Prozent Bundesmittel dringen: „Sonst ist dies nicht finanzierbar.“ Hamburg und Schleswig-Holstein seien sich über das Projekt einig und die standardisierte Bewertung abgeschlossen. Demnach liege der Kosten-Nutzen-Faktor bei über 1, also der Nutzen übersteige die Kosten. Baubeginn könne 2018 sein und die Inbetriebnahme 2020 erfolgen, sagte Meyer. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf rund 90 Millionen Euro.
Nach der Kabinettssitzung besuchten der Ministerpräsident, Minister und Staatssekretäre Unternehmen, Schulen sowie soziale und kulturelle Einrichtungen im Kreis Segeberg.