Die Nachbarschaft von Dänen und Deutschen gilt als vorbildlich. Dabei verbindet Schleswig-Holstein mit dem Königreich eine konfliktreiche und blutige Geschichte. Tiefpunkt war eine Schlacht vor 150 Jahren.

Dybbøl/Flensburg. „Up ewig ungedeelt“ (auf ewig ungeteilt) – das sollen Schleswig und Holstein sein, die beiden Herzogtümer im Norden. So besagt es der Ripener Vertrag von 1460, als sich Schleswig und Holstein den dänischen König als Landesherrn wählten. Untrennbarkeit und Selbstständigkeit sollten so gesichert werden, doch über die Jahrhunderte schwand dieses Einvernehmen mit den Dänen. Blutige Kriege waren die Folge, vor 150 Jahren schließlich gingen Schleswig und Holstein für Dänemark verloren.

Die Erstürmung der Düppeler Schanzen am 18. April 1864 war der Höhepunkt in diesem deutsch-dänischen Konflikt im Norden. Der 150. Jahrestag wird groß begangen – nicht von den Siegern, das waren damals Preußen und Österreich, sondern vom seinerzeit unterlegenen Dänemark: Es gibt einen Deutsch-Dänischen Innovationspreis, eine Wanderausstellung in beiden Ländern und eine große Gedenkfeier auf dem einstigen Schlachtfeld.

Nach einem ersten Krieg 1848/49 war in einem Protokoll festgehalten worden, dass die Eigenständigkeit von Schleswig und Holstein gewahrt bleibt. 1863 aber bezog die neue dänische Verfassung die Herzogtümer in den Gesamtstaat ein. An dieser Stelle kam Preußens Ministerpräsident Otto von Bismarck ins Spiel, der im Bündnis mit Österreich die Gebiete erobern wollte – freilich um sie später allein Preußen einzuverleiben. Seit Februar 1864 herrschte Krieg zwischen den Meeren. Wochenlang belagerten bis zu 40.000 preußische Soldaten die Düppeler Schanzen an der Flensburger Förde, wegen ihrer Lage auf schleswigschem Boden von hoher Bedeutung für die Dänen.

Am 18. April wurde ab 10 Uhr nach sechs Stunden Bombardement gestürmt, und bis zum Mittag hatten die Preußen die Schanzen eingenommen. Mehrere tausend Tote forderte die Schlacht. In der Folge musste Dänemark Schleswig und Holstein abtreten. Einen Teil – das sogenannte Nordschleswig – bekam es nach dem Ersten Weltkrieg zurück, doch alles Land ab der Linie Flensburg-Sylt war für das Königreich verloren. Seitdem gibt es eine deutsche Minderheit auf dänischer und eine dänische Minderheit auf deutscher Seite.

Auch wenn es viele Gemeinschaftsprojekte unter dem Motto „Düppel 2014“ gibt, an denen sich etwa das Land Schleswig-Holstein und die Industrie- und Handelskammer zu Flensburg beteiligen – Deutschland hält sich zurück. Während zu den Feierlichkeiten am 18. April die dänische Königin Margrethe II. und Staatsministerin Helle Thorning Schmidt erwartet werden, sagte Bundespräsident Joachim Gauck ab. Das dänische Fernsehen produziert eine achtstündige Serie mit dem Titel „1864“, die als teuerste in der Geschichte des Landes gilt.

Nicht überraschend findet Oliver Auge, Professor und Direktor der Abteilung für Regionalgeschichte an der Uni Kiel, die deutsche Zurückhaltung. Durch „zwei katastrophale Weltkriegserfahrungen“ stünden Deutsche militärischen Ereignissen nun einmal reservierter gegenüber. Zwiespältige Reaktionen auf das Gedenken an die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 zeigten dies. „Wenn ein solcher zu erinnernder Sieg dann noch von der preußischen Armee herbeigeführt wurde, mit der man in der Geschichte weiß Gott nicht nur Positives verbindet, tut man sich in Deutschland verständlicherweise mit der Erinnerung oder einer positiven Zuschreibung schwer“, sagt Auge.

Ähnlich sieht es der Oberbürgermeister der deutschen Grenzstadt Flensburg, Simon Faber vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW), also der Partei der dänischen Minderheit. In Deutschland sei der deutsch-dänische Krieg nur einer von mehreren „Gründungskriegen“, überlagert von den Weltkriegen und einem klaren Nein zu jeder Form der Heroisierung. „Die Absage des Bundespräsidenten ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar, aber schade.“

Zudem habe, so sagt der Historiker Auge, die Niederlage für Dänemark eine neue Epoche eingeleitet. Es war nun keine Mittelmacht mehr, habe aber positive Energien freigesetzt und etwa das Volksschulwesen entwickelt. In Dänemark werde Düppel eindeutig positiv gesehen, anders als in Deutschland.

Auch Flensburgs OB sieht Düppel als „einschneidendes Ereignis der dänischen Geschichte in seiner Entwicklung vom mehrsprachigen Gesamtstaat zum kleinen, kulturell homogenen Königreich“. Es sei „auch ein Merkmal für herausragende kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen nach innen“. Er empfinde „Freude über die heutigen guten deutsch-dänischen Beziehungen und das Bewusstsein, dass das Miteinander unter Nachbarn kein Selbstläufer ist“, sagt Faber.