Der Kieler Landtag will Kinder und Jugendliche vor Gefahren schützen, die Internet-Freiheit aber bewahren. Darin ist sich das Parlament einig. Wichtig seien Medienkompetenz und Kontrolle durch Eltern.
Kiel. Der Landtag in Kiel lehnt Sperrungen im Internet ab, um auf diesem Weg Kinder und Jugendliche vor Gefahren zu schützen. Darin sind sich die Fraktionen im Grundsatz einig, wie eine Debatte am Donnerstag offenbarte. Die Freiheit im Netz soll nicht eingeschränkt werden. Die Piraten hatten dazu eine Große Anfrage gestellt. Eine Novellierung des Staatsvertrages war 2010 gescheitert; Konsens über einen neuen ist noch nicht in Sicht.
Auch im kommenden Monat werde die Rundfunkkommission noch keinen Entwurf für einen neuen Vertrag vorlegen, sagte Vize-Regierungschef Robert Habeck (Grüne). Er vertrat Ministerpräsident Torsten Albig (SPD), der wegen seiner China-Reise fehlte. Gründlichkeit müsse vor Schnelligkeit gehen, sagte Habeck. „Der Jugendmedienschutz darf kein Einfallstor für Einschränkungen der Internet-Freiheit sein.“
Für liberale Positionen erntete der SPD-Abgeordnete Kai Dolgner Beifall auch von FDP und Piraten: „Der Staat kann nicht alles regeln“. Dolgner verwies auf die Verantwortung der Eltern. „Es ist für mich völlig unverständlich, dass die gleichen Eltern, die ihre Kinder wirklich jeden Meter in die Schule fahren, ihre Kinder unbegleitet surfen lassen“. Er habe manchmal den Eindruck, dass manche so denken: „Lieber Staat verhindere, dass ich mich um mein Kind kümmere“.
Axel Bernstein von der CDU warf der Landesregierung Tatenlosigkeit vor. Sie handle nach dem Motto „Wenn ich nichts mache, mache ich auch nichts falsch“. Sperrverfügungen seien aber nicht das geeignete Mittel, sagte Bernstein. „Sie bringen nichts und stellen einen ungerechtfertigten Eingriff in die Meinungsfreiheit dar. Jugendmedienschutz sei zunächst Aufgabe der Eltern“.
Auch Peter Eichstädt von der SPD hält Sperrungen für untauglich. „Wirklichen Jugendmedienschutz können wir nicht durch technische Maßnahmen erreichen, sondern nur, wenn wir Kindern und Jugendlichen die Mechanismen des Internets deutlich machen, sie befähigen, Inhalte für sich zu bewerten und zu gewichten, Wahres von Unwahrem zu unterscheiden, ihre Kritikfähigkeit schärfen.“
Oliver Kumbartzky lehnte für die FDP einen alles kontrollierenden Staat ab. „Wir glauben vielmehr an die Selbstkontrolle und das eigene Interesse eines jeden Seitenbetreibers an einen funktionierenden Jugendschutz.“ Auch Lars Harms vom SSW warnte vor einer Überregulierung.
Gefährdungen für Kinder und Jugendliche müssten bewertet und klare Konsequenzen gezogen werden, sagte der Grüne Rasmus Andresen. Aber Medienschutz lasse sich nicht über Verbote definieren. „Es dürfen keine Strukturen geschaffen werden, die Zensur oder Gängelung der Internetkultur ermöglichen.“ Der Pirat Sven Krumbeck warf der Regierung Inspirationslosigkeit vor. Sie führe auch keinen echten Dialog, mit denen, die sie schützen wolle.
2010 war ein Staatsvertrag der Länder zum Jugend-Medienschutz gescheitert, nachdem der Landtag von Nordrhein-Westfalen das von den Ministerpräsidenten ausgehandelte Abkommen nicht ratifizierte. Es sah ein einheitliches Kennzeichnungssystem für Internet-Inhalte vor. Anbieter sollten ihre Seiten freiwillig mit Alterskennzeichnungen versehen. Dann hätten mit Hilfe von Filtern Inhalte gesperrt werden können, wenn Nutzer zum Beispiel jünger als 12 oder 18 Jahre sind.