Nach monatelanger Werftzeit kehrt das Segelschulschiff in seinen Heimathafen zurück. Neustart soll tragische Vorfälle wettmachen.

Kiel. Die „Gorch Fock“ ist zurück – und will Kurs auf die Zukunft nehmen. Das Segelschulschiff der Deutschen Marine machte am Donnerstag nach einer monatelangen Reparatur in Niedersachsen wieder in seinem Heimathafen Kiel fest. Im Schlepptau hat es einige tragische Vorfälle aus der Vergangenheit, die der neue Kommandant gerne hinter sich lassen möchte: „Für uns ist das ein Aufbruch, und der beginnt mit dem Einlaufen hier in den Kieler Hafen“, sagte Helge Risch (49) kurz nach der Ankunft. Man wolle nach vorne schauen. Nach langer Pause soll der Ausbildungsbetrieb auf der „Gorch Fock“ bald wieder losgehen – unter neuem Kommando und mit neuem Konzept, nach bitteren Ereignissen in den vergangenen Jahren.

2008 war eine junge Kadettin bei einer Fahrt mit der „Gorch Fock“ auf tragische Weise ums Leben gekommen. 2010 stürzte eine junge Frau aus der Takelage und verunglückte tödlich. Heftige Vorwürfe etwa zu massivem Druck an Bord wurden laut, die sich später laut einer Untersuchungskommission der Marine zum Teil als nicht haltbar erwiesen. Der damalige Kommandant Norbert K. Schatz wurde nach dem Unfall suspendiert. Der Ausbildungsbetrieb wurde ausgesetzt, bis jetzt. Von einem „schweren Erbe“ will Risch dennoch nicht sprechen. Er betont: „Als Nautiker muss man immer eine Standortbestimmung vornehmen. Dazu gehört hier die Reflexion der Vergangenheit. Das haben wir getan, und was notwendig geändert werden musste, geändert. Deshalb können wir jetzt in die Zukunft schauen und neu Kurs aufnehmen.“

Die Marine habe für die seemännische Ausbildung der jungen Kadetten ein neues Konzept entwickelt, sagte der Kapitän zur See. „Dazu gehört zum Beispiel, dass die Ausbilder anders geschult werden.“ Sie würden etwa verhaltenspsychologisch fortgebildet, um zu erkennen, wann jemand unter Stress leide oder seine Konzentration nachlasse. Bei dem tödlichen Unfall 2010 war auch von Erschöpfung der Kadettin die Rede gewesen. Die Marine richtete in diesem Sommer außerdem einen Übungsmast in Flensburg-Mürwik ein. Dort üben Kadetten das Klettern in der Höhe an Land, bevor sie auf der „Gorch Fock“ in die Takelage steigen. Nach einer Eingewöhnung an Bord sollen zudem zehn Tage lang alle Manöver im Hafen trainiert werden. Ein didaktisches Konzept bei dem die Kadetten „Schritt für Schritt lernen“, sei ihm wichtig gewesen, betonte Risch.

Im Oktober beginnt in Kiel die Segelvorausbildung der rund 70-köpfigen Stammbesatzung sowie der 60 bis 80 Mann starken Segelcrew. „Es sind viele neue, junge Soldaten dabei, und wir müssen erst einmal die interne Ausbildung betreiben, bevor die nächste Ausbildungsreise beginnt“, sagte Risch. Im November breche die „Gorch Fock“ Richtung Spanien auf. Anfang 2013 sollen auf der Insel Gran Canaria die ersten Kadetten an Bord gehen. In Portugals Hauptstadt Lissabon ist ein Wechsel geplant. Von dort starten neue Offiziersanwärter zu einem Törn Richtung Großbritannien. Das Besondere: Es gebe bewusst keine technische Unterstützung, so dass alle an Bord zusammenarbeiten müssten. „Hier wird eine Schlüsselqualifikation wie Teamtraining vermittelt. Dafür ist das Schiff ein ideales Medium“, findet Risch.

Zuletzt hatte es Querelen um die Reparatur der „Gorch Fock“ gegeben. Anfang 2012 war die knapp 90 Meter lange Bark, Baujahr 1958, in die Elsflether Werft nach Niedersachsen gekommen. Es sollten vor allem Schäden im Unterwasserbereich beseitigt werden. Dabei wurden auch massive Rostschäden am Rumpf entdeckt. Die Reparaturkosten stiegen immer weiter. Hatte man anfangs mit einer Summe im niedrigen einstelligen Millionenbereich gerechnet, beliefen sich die Gesamtkosten nach Angaben der Marine schließlich auf fast zehn Millionen Euro. Erst 2010 war das Schiff generalüberholt worden.