Im Internet verhöhnt ein Kapitänleutnant die verstorbene Jenny Böken und ihre Eltern. Ermittlungen gegen den Offizier angekündigt.

Flensburg. Ein Kapitänleutnant der Marine hat die 2008 ertrunkene "Gorch Fock"-Kadettin Jenny Böken und ihre Eltern öffentlich verhöhnt. Gegen den Offizier wird nach Marineangaben sowohl dienst- als auch strafrechtlich ermittelt. Die Eltern der toten Kadettin wollen sich an Marineinspekteur Axel Schimpf wenden.

Auf der Internetseite des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages (sh:z) kommentierte der Soldat: "Da sind sie wieder, die Bökens: Mit einem Sammelsurium absurder Hirngespinste betreffs des Todes ihrer Tochter vergeuden sie seit mehreren Jahren das Geld anständiger Steuerzahler." Die Eltern leugneten, dass die 18-Jährige "schlicht und ergreifend in Darwin-Award-fähiger Weise von der Back der Gorch Fock" gestürzt ist." Dies ist ein Spottpreis für dümmste Methoden, aus dem Leben zu scheiden oder sich unfruchtbar zu machen.

“Ich war fassungslos", so Mutter Marlis Böken im "Flensburger Tageblatt". Vater Uwe Böken fügte hinzu: “Solche Äußerungen bestätigen mir, welche Haltung innerhalb der Marine herrscht." Auch in Marine-Foren sei der Ton scharf geworden. "Jenny hat ihr Leben verloren. Mehr kann man im Dienst nicht geben. Und wir haben gute Gründe, weiter Fragen zu stellen", sagte Marlis Böken.

+++ "Wand des Schweigens" - Was geschah mit Jenny? +++

Ein Marinesprecher bestätigte, dass es sich bei dem Mann, der im Internet seinen vollen Namen nannte, um einen Kapitänleutnant handelt. Gegen ihn werde dienst- und strafrechtlich ermittelt. Seine Äußerungen spiegelten nicht die Meinung der Marine wieder.

Der Fall mache die Marine “sehr betroffen", so der Chef des Stabes im Flottenkommando, Flottillenadmiral Georg von Maltzan. “Derartige Äußerungen, wie sie in den Kommentaren getätigt wurden, sind aus unserer Sicht völlig inakzeptabel." In solchen Fällen sei eine "Trennung zwischen dienstlichen und privaten Äußerungen nicht möglich."

Todesumstände ungeklärt

Die Mutter der Kadettin wirft der Kieler Staatsanwaltschaft Rechtsbeugung vor. Sie zeigte sich am 13. Juli “überzeugt, dass bei den Ermittlungen in Schleswig-Holstein gemauert wird". Es sei schlampig ermittelt worden. Offenbar habe die Ermittlungsbehörde kein Interesse daran, die aufgeworfenen Widersprüche um den Tod ihrer Tochter aufzuklären.

Jenny Böken war in der Nacht zum 4. September 2008 unter ungeklärten Umständen vor der Insel Norderney von Bord des Segelschulschiffes in die Nordsee gefallen und ertrunken. Der Anwalt der Familie hat Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die Ablehnung des Klageerzwingungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Schleswig eingereicht. Dieses hatte es abgelehnt, erneut strafrechtliche Ermittlungen gegen den Kommandanten und den Schiffsarzt einzuleiten. Die Verfassungsrichter sollen entscheiden, ob das Urteil gegen im Grundgesetz verankerte Rechte verstößt.

Die "Gorch Fock" war in den vergangenen Jahren immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Nach dem Tod einer weiteren Kadettin am 7. November 2010 wurde die Offiziersausbildung ausgesetzt und das Schiff 2011 an die Kette gelegt. Damals wurden Vorwürfe über unmenschliche Ausbildungsmethoden und sexuelle Belästigung laut.

Im Zuge des Skandals wurde der damalige Kommandant Norbert Schatz beurlaubt. Der Wehrbeauftragten des Bundestages, Helmut Königshaus, stellte "Führungsdefizite und Sicherheitslücken" fest. Derzeit liegt der Dreimaster zu Instandsetzungsarbeiten auf einer Werft im niedersächsischen Elsfleth. Die "Gorch Fock" soll laut Marine noch 2012 wieder in See stechen und 2013 auch wieder Offiziersanwärter an Bord nehmen, die dann nach einem neuen Konzept ausgebildet werden.