Wedel. An der B431 sollen Supermarkt, Lagerräume und Kino entstehen. Chef des Beluga-Kinos ist irritiert, worauf der Projekt-Leiter reagiert.

In der Vergangenheit scheiterte der Investor May & Co mit seinen Plänen, auf dem Gelände der Industrie-Ruine Possehl an der B431 in Wedel, einen Baumarkt zu errichten. Auch, weil direkt nebenan bereits das Bauzentrum Lüchau den Heimwerkerbedarf abdeckt. Doch nun gibt es einen neuen Vorstoß des Grundstücksbesitzers kurz vor Hamburgs Toren am Ortseingang Rissen.

Die Hamburger Entwicklungsabteilung des Investors May & Co stellte ihr Vorhaben an der Rissener Straße 140 mit einer Präsentation den Politikern im Wedeler Planungsausschuss vor. Den Vortrag hielt Projektleiter Maurice Witt.

Wedeler Possehl-Gelände: Investor May plant Kino, Edeka und Lagerräume

Geplant ist ein zweistöckiges Gebäude mit Kino, Edeka-Supermarkt und Einlagerungsmöglichkeiten. Involviert in das Kino-Projekt sind die K & B Kinobetriebe GbR aus Quickborn, die trotz des Video-Streamingzeitalters und der Corona-Pandemie, im Kreis Pinneberg erfolgreich das Beluga-Kino in Quickborn sowie das Burg-Kino in Uetersen etabliert haben. Und nun wird es kurios: Mit der Quickborner Firma war diese Veröffentlichung nicht abgesprochen.

Wedels Lost Place: An der B431 (Rissener Straße) verkommt das Possehl-Gelände.
Wedels Lost Place: An der B431 (Rissener Straße) verkommt das Possehl-Gelände. © Frederik Büll | Frederik Büll

„Wir sind mit dem Investor in Gesprächen und haben dabei unsere Grundideen und unser Konzept vorgetragen. Das stimmt. Es gab mehrere Treffen. Dass wir jetzt aber namentlich genannt werden mit diesen Details, hat mich im Urlaub überrascht“, sagt Geschäftsführer Kai Bartels, den das Abendblatt telefonisch erreichen konnte.

Kino-Chef möchte die Details aus Präsentation nicht bestätigen

Die der Politik vorgestellten Fakten, zum Beispiel in einer öffentlich einsehbaren Grafik aufgeführten sieben Säle, einen VIP-Raum für zwölf Personen oder den Multifunktionssaal mit 350 Plätzen, der durch eine versenkbare Leinwand auch mit einer Bühne für Kulturveranstaltungen genutzt werden könne, könne Bartels aktuell daher nicht bestätigen.

Kein schöner Anblick: So gut wie alle Fenster sind eingeschlagen.
Kein schöner Anblick: So gut wie alle Fenster sind eingeschlagen. © Frederik Büll | Frederik Büll

Projektleiter Witt, der dieses Vorhaben seit Anfang 2022 vorantreibt, räumt Probleme in der finalen Abstimmung mit dem Kinobetrieb vor der Präsentation ein, sieht jedoch aus seiner Sicht keinen echten Überraschungseffekt, da schließlich auch noch kurz vor dem Rathaus-Termin miteinander gesprochen worden war.

Neubauprojekt: Projektleiter hofft auf „Abbruch 2024, Baubeginn 2026“

Er möchte nun lieber vorwärts schauen und stellt seine persönliche Ideallinie für den Neubau vor. „Es wäre möglich, 2024 den Abbruch zu beginnen und Anfang 2026 Baurecht zu erlangen.“ Aktuell gehe es darum, eine Basis mit Verwaltung und Politik zu schaffen, um das Gewerbegebiet baurechtlich für anderweitige Nutzung in ein Sondergebiet umzuwandeln.

Dafür müssen der bestehende Bebauungsplan und auch der Flächennutzungsplan geändert werden. Auch der bestehende Baumbestand müsse noch begutachtet werden, um dann an anderer Stelle als Ausgleich wieder aufgeforstet zu werden.

Die Änderung der Pläne könnte laut Witt etwa eineinhalb bis zwei Jahre dauern. Als reine Bauzeit visiert der Projektleiter dann noch einmal „ein bis 1,5 Jahre“ an. In einem ersten Schritt werde nun eine Verträglichkeitsstudie gestartet, inwieweit etwa das Vorhaben mit diesem großflächigen Einzelhandel Auswirkungen auf Geschäfte in Wedels Innenstadt habe.

Es soll einen dritten Edeka-Markt in Wedel geben

Denn auch Edeka Klein soll an der Rissener Straße im kompletten Erdgeschoss eine neue Heimat finden. Inhaber Volker Klein betreibt in Wedel bereits Edeka-Supermärkte in den Welau Arcaden und an der Feldstraße. Es soll einen dritten Markt geben, der viel Platz für Waren und Kundschaft bietet: Die Verkaufsfläche beträgt gut 3400 Quadratmeter, 750 Quadratmeter an Nebenflächen kämen für den Hauptmieter noch einmal dazu.

Der Verkehr soll auch über den Kronskamp fließen und damit den Verkehr an der Hauptverkehrsstrecke B431 mildern. Die Lager Hut GmbH, eine Firma für Lagerräume, die gemietet werden können, soll dann laut May-Präsentation im Obergeschoss gemeinsam mit dem Kino ein Zuhause finden.

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Die Grundstücksfläche der Industrie-Ruine von Possehl beträgt insgesamt gut 25.300 Quadratmeter. Das Gebäude selbst umfasst gut 5000 Quadratmeter. Auf dem Areal sollen zudem 255 Parkplätze entstehen. Aktuell wird das umzäunte Gebiet, auf dem die alten Firmen- und Bürogebäude seit 2014 ungenutzt vor sich hinrotten, nicht genutzt.

„Wir würden das Objekt auch lieber heute als morgen abreißen, allerdings ist das mit erheblichen Investitionen verbunden, die wir nur leisten möchten, wenn wir einen Business-Case in Aussicht haben“, meint der 44 Jahre alte Projekt-Entwickler. Eine geschätzte Summe möchte er für den Abriss nicht nennen.

Possehl-Gelände: Es wird regelmäßig in der Industrie-Ruine randaliert

Regelmäßig kommt es zu Vandalismus an diesem sogenannten Lost Place. Bereits in der Vergangenheit waren Forderungen laut geworden, die Gebäude wenigstens erst einmal abreißen zu lassen. Der Investor verfolgte jedoch seit mehr als zehn Jahren Pläne für einen Baumarkt.

Wurde dieses Vorhaben zu lang verfolgt, obwohl Wedels Politik stets dagegen war? „Dazu kann ich nichts sagen, weil ich damals nicht involviert war. Generell ist es aber so, dass Projekte auch bei Widerstand nicht zu schnell aufgegeben werden sollten. Sonst würde viel zu viel letztlich gar nicht realisiert werden“, so der May-Mitarbeiter.

„Ich habe mich im Planungsausschuss dazu geäußert, dass möglicherweise auch das Vertrauen in einen Investor, der das Gelände seit dem Grundstückskauf wohlwissend zu einem Lost Place hat werden lassen, nicht unbedingt groß sein könnte“, sagt Angela Drewes von der Wählergemeinschaft Wedeler Soziale Initative.

2014 zog der letzte Mieter aus – seitdem verrotten die Gebäude

Möglicherweise würde am Ende aufgrund der hohen Baukosten dann von den Plänen doch nur der Supermarkt übrig bleiben. Ihre Skepsis sei jedoch vom Großteil der anwesenden Politiker nicht geteilt worden.

In Wedel war die Elektro-Sparte des global agierenden Unternehmens Possehl Mitte der 50er-Jahre eingezogen. Weil der Umsatz in den 90er-Jahren einbrach, war die Fertigung 2001 in asiatische Länder ausgelagert worden. Dies war der Anfang vom Ende für den Standort Wedel. Diverse Firmen kamen und gingen. 2014 zog der letzte Mieter aus.