Wedel. Seit Jahren steht die Industriebrache an der B431 leer. Inzwischen rotten die Gebäude vor sich hin oder bieten Raum für Vandalismus.
Eingeworfene Scheiben, Verwahrlosungstendenzen, Müll: Wer von Wedel aus über die Rissener Straße (B431) in Richtung Hamburg fährt, erspäht bei einem kurzen Blick nach rechts einen seit Jahren bestehenden Schandfleck der Stadt. Das ehemalige Gelände der Firma Possehl wird dort sich selbst überlassen, ist zum lost place geworden. Viele Wedeler fragen sich deshalb: Wann passiert etwas?
Kurz vor dem Ortseingangsschild Hamburg-Rissen steht die komplett verwahrloste Industrieruine. Auf dem ehemaligen Gelände der Firma ist seit Jahren nichts geschehen. Bis 2014 waren die Räumlichkeiten an diverse Wedeler Unternehmen vermietet. Dann war der letzte Untermieter ausgezogen. Allerdings werden der eingezäunte Backsteinkomplex und seine Nebenbauten, die der Investorengruppe May & Co aus Itzehoe gehören, auch nicht abgerissen.
Lost Place in Wedel: Was wird aus dem Schandfleck Possehl-Gelände?
Also rottet alles weiter auf unbestimmte Zeit vor sich hin. Die Anzahl der Graffiti und eingeschlagenen Fenster lassen sich kaum noch zählen – das Possehl-Areal ist ein wahrer Lost Place im Kreis Pinneberg und trotz des Bauzauns anscheinend gut erreichbar, um möglicherweise aus Frust und Langeweile dem Verlangen nach Vandalismus zu frönen. Im Januar 2020 brannte es beispielsweise in einem verlassenen Büro im ersten Stock des Komplexes.
2009, 2014 und 2017 hatte die Firma Versuche unternommen, dort einen Obi-Baumarkt zu errichten. Die Kette wolle unbedingt im Hamburger Westen expandieren. Weil jedoch direkt nebenan das traditionsreiche Baustoffzentrum Lüchau für Heimwerkerbedarf und mehr sorgt, hatte die Wedeler Politik wenig Interesse an diesen Plänen und erteilte ihnen stets eine Abfuhr.
Wedeler Politik war stets gegen die Baumarkt-Pläne
Für das 25.000-Quadratmeter-Grundstück mit der Hausnummer 140 an der Rissener Strafe bedarf es für großflächigen Einzelhandel nämlich der Zustimmung des Stadtrats. Mit der Argumentation seitens der Vorhabenträger, dass der Bedarf für einen weiteren Baumarkt im Kreis Pinneberg in perfekter Lage – gestützt durch Studien – da sei, hatten sie nicht punkten können.
Auch der Punkt, dass durch sogenannte Agglomeration (Ballung) positive Effekte für beide Märkte entstehen könnten, konnte die Politiker nicht überzeugen. Als Positiv-Beispiel diente der Investorengruppe dabei die geläufige Kombination aus Edeka und dem Discounter Aldi nebenan. Das Gesamtprojekt Possehl-Gelände scheint zu ruhen – Abendblatt-Kontaktversuche zum Besitzer des Areals schlugen bislang fehl.
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Möglicherweise hat Edeka Klein noch Interesse an dem Areal
Gerüchte besagen, dass Edeka Volker Klein, in Wedel bereits mit Supermärkten in den Welau Arcaden und an der Feldstraße vertreten, Interesse an diesem Gelände haben soll. Gegenüber dem Abendblatt wollte Klein sich jedoch ebenso nicht äußern wie Jochen Lüchau vom benachbarten Bauzentrum.
Das global agierende Unternehmen Possehl mit Sitz in Lübeck begann einst mit dem Handel von Kohlen und Eisen und wuchs mit verschiedensten Sparten. In Wedel war die Elektro-Sparte zu Hause, ehe der Umsatz in den 90er-Jahren einbrach und die Fertigung 2001 nach Malaysia und China ausgelagert worden war.
Auf Hamburger Gebiet sieht das Gesetz vor, dass Investoren dazu gezwungen werden können, solche leerstehenden, verwahrlosten Gebäude, die das Landschaftsbild enorm verschandeln, abzureißen. In Schleswig-Holstein ist das allerdings nicht möglich.