Wedel. Wedel will Bürgern im Kreis-Vergleich deutlich mehr Geld für die Straßenreinigung abknöpfen. Das lassen sich nicht alle gefallen.
Viele Wedeler sind sauer. Und das schon seit Monaten. Grund dafür ist die neue Straßenreinigungssatzung, die in der Stadt für nachhaltige Verwirrung sorgt. Die Stadt Wedel hat Gebührenbescheide verschickt, teilweise müssen Haushalte für die Reinigung ihrer Straßen weit mehr als eine 1000-prozentige Kostensteigerung hinnehmen. Das können viele Wedeler nicht nachvollziehen und empfinden die neuen Regelungen als ungerecht – zumal innerhalb einer Straße extrem unterschiedliche Gebühren verlangt werden.
Jetzt sollen nach Abendblatt-Informationen insgesamt zwölf Klagen vor dem Verwaltungsgericht Schleswig Klage gegen die überteuerten Bescheide eingereicht worden sein. Ziel ist, dass die Stadt ihre Kalkulation transparent offenlegt und einzelne Posten, die als Grundlage dieser Berechnung dienen, klar benennt. Am Ende soll dann aus Sicht der Kläger die Aufhebung der gesamten Satzung für Wedel erstritten werden.
Wedeler Straßenreinigung: Gut 500 Haushalte legten Protest bei der Stadt ein
Gut 500 Haushalte hatten gegen ihre jeweiligen Bescheide Widerspruch bei der Stadt Wedel eingelegt. Wegen der Menge und der damit verbundenen Prüfungen durch die Verwaltung haben viele Wedeler noch keine Rückmeldung erhalten. Und auch bei denjenigen, deren Einsprüche geprüft wurden, scheint kein wirklich nachvollziehbares Muster bei der Berechnung erkennbar: Teilweise ist die Gebühr auf null Euro herabgesetzt worden, der direkte Nachbar im selben Reihenhaus soll aber weiterhin 140 Euro im Jahr zahlen. Viele Bescheide haben sich nach der Überprüfung sogar verteuert.
Mit einer Grundgebühr von 6,37 Euro pro Straßenmeter hat Wedel mittlerweile den höchsten Satz im Kreis Pinneberg und übertrifft damit andere Gemeinden im Kreis Pinneberg um mehr als das Drei- oder Vierfache. Der NDR hatte zuletzt ebenfalls im Fernsehen über das Wedeler Wirrwarr bei den Straßenreinigungsgebühren berichtet. Ein TV-Interview sei von der Verwaltung abgelehnt worden. Schriftlich teilte die Stadt gegenüber dem NDR knapp mit: „Es ist das Recht eines jeden Bürgers, Klage zu erheben. Das Gericht wird nach Prüfung seine Entscheidung treffen.“
Streitpunkt Straßenreinigungsgebühren: Wedeler Politik debattiert Monate
Auch innerhalb der Wedeler Politik köchelt das Thema seit langer Zeit. Die SPD-Fraktion fordert seit Sommer die Verwaltung auf, ihre Fragen bezüglich der Kalkulation detailliert zu beantworten. Zuletzt hatte es im vergangenen Monat einen runden Tisch zum Thema Straßenreinigungsgebühren mit Vertretern aus Politik und Verwaltung gegeben, der aus Sicht der Sozialdemokraten allerdings erneut keine bahnbrechenden Erkenntnisse gebracht habe.
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„Die veranschlagten Zahlen im Haushaltsplan der Stadt Wedel passen unserer Meinung nach einfach nicht zur Kalkulation der in der Satzung erhobenen Straßenreinigungsgebühren. Wir verstehen nach wie vor nicht, warum eine generelle Erhöhung um 313,8 Prozent notwendig sein soll“, sagt Gerrit Baars.
SPD stellt Antrag – Wedeler Fraktionsspitze tritt zurück
Er setzt sich als bürgerliches Mitglied gemeinsam mit Ratsherr Wolfgang Rüdiger vehement für eine Offenlegung des Zahlenmaterials seitens der Verwaltung ein. Über den dementsprechenden Antrag entscheiden die Wedeler Politiker in einer größtenteils öffentlichen Sitzung des Umwelt-, Bau- und Feuerwehrausschusses am Donnerstag, 9. November, um 19 Uhr im Ratssaal.
Fraktionsintern wurden ebenfalls Fakten geschaffen. Ende Oktober hatten der Vorsitzende Stefan Grasedieck und sein Stellvertreter Christian Freitag ihren Rücktritt bekannt gegeben. Dabei war das Spitzen-Duo gerade erst nach der Kommunalwahl im Mai für die drittstärkste Kraft im Wedeler Stadtparlament angetreten.
„Sie sind aus privaten Gründen zurückgetreten. Solch ein Wechsel im Fraktionsvorstand bedeutet auch immer viel Wirbel in der politischen Arbeit und ist mit Aufwand verbunden“, so die SPD-Ortsvorsitzende Claudia Wittburg. Auch im politischen Sinne gebe es einen Fachkräftemangel, merkt sie an. Sozialdemokratische Mitstreiter, die sich in Wedel engagieren möchten, könnten gern über die Homepage Kontakt aufnehmen. Wolfgang Rüdiger übernimmt nun kommissarisch das Amt des Fraktionsvorsitzenden.