Tornesch/Wedel. Im Kreis Pinneberg kann man sich die Nutztiere leihen. Warum? Es gebe viele Gründe, Neues zu wagen, sagt Anbieterin Imme Stade.
- Hühnerhalterin will andere überzeugen, selbst Tiere zu umsorgen.
- Probezeit für Familien und andere, die über Hühnerhaltung nachdenken.
- Gesunde, regionale und eigene Ernährung wird immer beliebter.
Ein friedliches Bild: Verträumt streichelt der kleine Junge das Huhn. Entspannt ruht das Tier in den Armen des Jungen. „Wir wollten mal auszuprobieren, wie es ist, Hühner zu halten“, erzählt Bjarne, acht Jahre alt, während er weiterhin ganz in Ruhe mit „Lima“ schmust.
Drei Erwachsene beobachten glücklich das Kind und das Huhn: die Eltern Melanie und Thorben Nebel sowie Imme Stade. Mutter und Vater freuen sich, wie gut Bjarne und seine beiden Schwestern mit den Tieren auskommen und umgehen. Und Imme Stade ist froh, dass ihre Initiative für Leihhühner so gut ankommt.
Hühner auf Probe: Die Idee, sich gesund und eigenständig zu ernähren
„Ich habe auch mit sechs Hühnern angefangen, um wegzukommen von Hühnereiern, die aus großen Legebatterien stammen“, erzählt Imme Stade aus Tornesch. Und diese Idee, sich gesund und eigenständig zu ernähren, gibt sie weiter: über die Leihhühner, über Vorträge, Kurse und andere Initiativen.
Familie Nebel ist so gut wie überzeugt, sich nach dem zweiwöchigen Probelauf eigene Tiere anzuschaffen. Der Garten ist groß genug. Die vier Leihhühner fühlen sich zwischen den Gemüsepflanzen und auf dem Rasenstück sichtlich wohl.
Scharren, picken und im Staub baden – dem Huhn geht es gut
Penny, ein weiteres Huhn aus dem Leihquartett, hat es sich derweil im Sand- und Staubbad gemütlich gemacht. Währenddessen erkundet Rassehuhn Kelly, ein Orpington, die Lage unter den Büschen. Und Hilde, das mit acht Jahren älteste Tier, überlegt noch, ob es sich fürs Staubbaden oder Picken entscheidet
„Hier sieht man, was den Hühnern wirklich gut tut“, sagt Imme Stade. Ihre Tiere genießen die Sonne, scharren in der Erde, picken alles, was essbar erscheint und erkunden neugierig jede Ecke in ihrer Umgebung.
Rundum-Sorglospaket mit mobilem Stall und Zaun
Dieses gut 50 Quadratmeter große Gelände bei Familie Nebel bietet viel Abwechslung. Nur der Zugang zur Werkstatt ist mittlerweile versperrt. Denn die Hühner hinterlassen ihre Kleckse aus dem Hintern überall, wo sie sie sich bewegen.
Wer sich das Hühnerquartett von Imme Stade ausleihen will, erhält ein Rundum-Sorglos-Paket für 100 Euro pro Woche: genügend Futter, ein mobiles Hühnerhaus, das abends automatisch die Tür verschließt, Fressnapf, Tränke und einen 50 Meter langen Zaun.
Wenn die Nachbarn mitspielen, ist der Auslauf groß
Der Zaun muss nicht genutzt werden. Da kommt es auf die Umgebung und die Offenheit der Nachbarn an. „Die Hühner kommen immer wieder zurück“, berichtet die erfahrene Hühnerhalterin.
Imme Stade hat schon erlebt, dass sie ihre Tiere wieder abholen wollte und nirgends ein Huhn zu sehen war. Der per Telefon alarmierte Hühner-Mieter beruhigte die Tornescherin. „Ich hatte den Eindruck, dass die Tiere sich bei mir langweilen. Deshalb habe ich den Zaun abgebaut. Die sind bei den Nachbarn im Garten.“
Leih-Hühnerhalter kochen jeden Tag neues Essen
Auch das Futter durfte sie schon mal unangerührt wieder mitnehmen. „Das ältere Ehepaar hatte jeden Tag für die Tiere gekocht. Mal gab es Reis, mal Gemüse. Die Reste habe ich mit nach Hause bekommen. Die Hühner fressen alles, sogar Spaghetti Bolognese.“
Die Nachbarschaft sollte jeder neue Hühnerhalter möglichst für sich gewinnen. „Das kann schon mal laut werden, auch wenn kein Hahn dabei ist“, berichtet Imme Stade. Der Grund: Die Hühner freuen sich, wenn eins ein Ei gelegt hat und feiern gemeinsam das Ereignis mit eifrigem Gegacker.
Kuscheln steht ganz hoch im Kurs bei den Hühner-Testfamilien
Familie Nebel ist über die Leihhühner bereits gut ins Gespräch mit den Nachbarn gekommen. Eier konnten sie allerdings noch nicht nach außen abgeben. Die werden gern selbst verspeist. „Aber das wichtigste ist mir nicht, ob die Hühner viele Eier legen. Mir ist wichtig, dass sie kuscheln mögen“, berichtet der achtjährige Bjarne.
Das Kuschel-Kriterium ist Imme Stade bei der Auswahl ihres Leihquartetts wichtig. „Jedes Huhn ist anders. Das ist wie bei uns Menschen“, erzählt sie über ihre 28 Schützlinge. „Manch Huhn mag sich überhaupt nicht anfassen lassen.“
Der junge Tierflüsterer: Als das Huhn auf Bjarnes Arm einschlief
Der kleine Wedeler Junge hat jedenfalls ein gutes Händchen für die Tiere. Mutter Melanie erzählt: „Bjarne hat es schon geschafft, dass das Tier auf seinem Arm eingeschlafen ist.“ Mal sehen, wann er seine eigenen Hühner bekommt. Er und seine Schwestern Junis (5) und Maila (2) freuen sich schon drauf – und die Eltern ebenso.
Familie Nebel wird dann wahrscheinlich die Zahl der Hühner im Kreis Pinneberg erneut steigern. Der Trend zum eigenen Tier ist ungebrochen hoch. In den vergangenen acht Jahren hat sich die Zahl der angemeldeten Hühnerhalter auf gut 1600 (Stand 30. Juni) mehr als verdoppelt.
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„Im Kreis Pinneberg sind dies überwiegend kleine Betriebe und Geflügelhaltungen“, teilte Kreis-Sprecherin Katja Wohlers auf Anfrage mit. „Aktuell liegen lediglich 33 Betriebe zwischen 100 und 1000 Tieren und neun Betriebe bei mehr als 1000, aber unter 10.000 Tieren.“