Wedel. Streit um 1000 Wohnungen in Wedels Norden: Bürgerentscheid im Oktober wird stattfinden. Das sind die Argumente der Politik.

Im Ratssaal und auf der Empore gab es für die Zuschauer keinen freien Platz mehr. Denn: Auf der Tagesordnung der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause stand unter anderem das bedeutende Thema Wedel Nord und die Frage, ob die Bürger über das Bauprojekt abstimmen sollen oder nicht.

Ergebnis: Am Sonntag, 8. Oktober, stimmen die Wedeler in einem Bürgerentscheid über einen zweijährigen Planungsstopp ab. Die Grünen-Fraktion um die Vorsitzende Dagmar Süß hatte im Vorfeld zwar erklärt, für den sogenannten Abhilfebeschluss zu stimmen.

Doch die Mehrheit der 35 anwesenden Ratsmitgliedern war gegen den Beschluss, der das Bürgerbegehren überflüssig gemacht hätte.

Wedel Nord: Politiker wollen die Bürger abstimmen lassen

Neben den neun anwesenden Fraktionsmitgliedern der Grünen stimmten auch die fünf Ratsfrauen und -herren der Wedeler Sozialen Initiative (WSI) – die Wählergemeinschaft war von Anbeginn gegen Wedel Nord – mit Ja. Doch die Mehrheit aus CDU, SPD, FDP und Linke war mit 21 Nein-Stimmen dagegen.

In der Diskussion zuvor positionierte sich sogar Bürgermeister Gernot Kaser klar: „Ich plädiere dafür, die Planung für zwei Jahre auszusetzen. Wedel Nord – ja, aber mit einem anderen Gesicht.“ Doch die Mehrheit der Politiker sah es anders.

Wedel: Mehrheit für den „basisdemokratischen“ Gedanken

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Stefan Grasedieck meinte vor der Abstimmung: „Ich kann nicht nachvollziehen, warum hier nicht konkrete Entscheidungsgrundlagen geschaffen werden sollen.“ Daran anknüpfend könnten Politik, Stadtverwaltung und weitere Beteiligte konkrete Entscheidungen treffen.

Mit einem Abhilfebeschluss würden „notwendige und richtungsweisende Entscheidungen lediglich verschoben“ werden, so der Sozialdemokrat. Auch die CDU, mit 13 Ratsmitgliedern größte Fraktion im Stadtparlament, wollte nicht zustimmen.

Forderung: Nun müsse ein vernünftiges Verkehrskonzept entwickelt werden

Die Fraktionsvorsitzende Julia Fisauli-Aalto hob den basisdemokratischen Gedanken hervor. Die Bürger selbst sollten letztlich entscheiden und die Zeit bis dahin auch für die Informationsbeschaffung nutzen. „Es kursieren so viele Gerüchte über Wedel Nord. Es muss nun gut und richtig geplant werden und strukturiert vorgegangen werden, um etwa ein vernünftiges Verkehrskonzept zu entwickeln“, so Fisauli-Aalto.

Der demokratische Grundgedanke und die Furcht davor, die kommenden zwei Jahre gar nicht mehr planen zu dürfen, war auch bei der FDP-Fraktion und den Linken, die mit zwei Ratsherren keine Fraktionsstärke mehr haben, das Hauptargument, gegen den Beschluss zu bestimmen.

Nun müsse „ein vernünftiges Verkehrskonzept“ entwickelt werden

In zwei Bauabschnitten sollen bis zu 1000 Wohnungen auf 53 Hektar Fläche gebaut werden. Möglicherweise sollen dabei jedoch erst einmal knapp die Hälfte der geplanten Wohnungen entstehen. Im vom Rat beschlossenen Rahmenplan vom November 2021 ist allerdings das Gesamtprojekt beschlossen worden.

Ganz zu Beginn der Beratungen hatte Arne Malsch, vertretungsberechtigtes Mitglied der Bürgerinitiative, einen flammenden Appell gehalten: „Braucht Wedel Wachstum? Ja! Aber: Nein zu Wedel Nord.“

Bürgerinitiative: „Wedel soll wachsen, aber nicht wuchern“

Wedel solle wachsen, „aber nicht wuchern“, sagte er. Es gebe keine Rahmenbedingungen, sodass aktuell hier lebende Wedeler von dem Bauprojekt nur wenig profitieren würden. „Die Infrastruktur wird belastet und überlastet“.

Die Infoveranstaltung im September 2021 und die Bürgerbeteiligung an diesem Bauvorhaben seien „Alibiveranstaltungen“. Malsch sprach in Bezug auf die Verwaltung von der Haltung „Augen zu und durch“. Das habe bei anderen Projekten in der Stadt „nicht den gewünschten Erfolg gebracht“. Er nannte den Hafen einen „massiven Planungsfehlern“.

Baugebiet Wedel Nord: Gegner mahnen fehlendes Verkehrskonzept an

Vor allem das fehlende Verkehrskonzept stößt den Wedel-Nord-Gegnern auf. An die Politiker gerichtet sagte Malsch: „Früher hieß es, dass es Wedel Nord nur mit einer Nordumgehung geben solle. Als dann klar war, dass es die nicht geben wird“, hätten die Fraktionen Wedel Nord trotzdem gewollt.

Diesen Widerspruch mahnte Malsch an. Generell gelte viel zu sehr bei diesem Projekt das „Prinzip Hoffnung“. Schon jetzt seien „Kitas und Sportstätten überfüllt“. Doch da bereits nach der internen Ratssitzung am Montag, 17. Juli, das politische Stimmungsbild ergeben habe, dass der Abhilfebeschluss nicht durchkäme, sagte Malsch schon kämpferisch: „Wir sehen uns zum Bürgerentscheid am 8. Oktober!“