Hetlingen/Haselau. Die Grundschule Haseldorfer Marsch hat eine Außenstelle in Hetlingen. Die soll für einen Neubau wegfallen. Der Widerstand ist groß.
Zwischen den Dörfern Haselau,Haseldorf und Hetlingen ist ein heftiger Streit um die Schulstandorte entbrannt. Die Fronten sind so verhärtet, dass es am kommenden Dienstag, 9. Mai, bereits zu einem zweiten Mediationstermin kommt, um die Wogen doch noch glätten zu können. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hatte das Verfahren angestoßen, doch die gegensätzlichen Meinungen scheinen unvereinbar.
Es geht um die Grundschule Haseldorfer Marsch mit dem Hauptstandort in Haseldorf – und dem Außenstandort im benachbarten Hetlingen. Der Außenstandort steht nun zur Diskussion. Denn der seit 2009 bestehende Vertrag zwischen dem Amt und der Gemeinde Hetlingen – unter anderem zur Existenzsicherung des Außenstandorts Hetlingen – soll gekündigt werden. Zumindest, wenn es nach Peter Bröker (CDU) geht, dem Bürgermeister in Haselau. Träger der sogenannten Amtsschule ist das Amt Geest und Marsch Südholstein.
Haseldorf: Zoff um Schulstandort – Dorf will alten Vertrag kündigen
Hintergrund des erbitterten Streits um die beiden Schulstandorte: Für gut 20 Millionen Euro soll möglichst bald am Standort Haseldorf eine neue Grundschule gebaut werden. Die alte Grundschule dort – von 1896 an in Etappen erbaut – sei laut Haselaus Bürgermeister Peter Bröker nicht mehr zu sanieren. Um den Neubau in die Wege zu leiten, müsse der Außenstandort Hetlingen geschlossen werden.
Bröker ist stellvertretender Schulausschussvorsitzender des Amtes, Haseldorfs Bürgermeister Daniel Kullig (Bürger für Haseldorf, BfH) hat den Vorsitz. Kullig möchte die Mediation abwarten. Bröker fordert allerdings Tempo bei der Entscheidung: „Ab 2026 sollen wir per Gesetz eine verlässliche Ganztagsbetreuung anbieten können. Das geht ohne neue Schule einfach nicht und eine Lösung mit Containern wollen wir auch nicht“, sagt Bröker.
Haselau und Haseldorf finanzieren ihren Standort – Hetlingen seinen
Das Amt trägt offiziell die Kosten für den Hauptstandort, Haselau und Haseldorf sorgen für die Refinanzierung, Hetlingen trägt die Kosten für den Betrieb seiner Außenstelle im Stil einer kleinen Dorfschule selbst. In Hetlingen werden – nach einer Zählung im September 2022 – 57 Kinder unterrichtet, in Haseldorf 111.
Damit werden auch die Zahlen der sogenannten Mindestgrößenverordnung des Landes eingehalten – mindestens 80, in Außenstellen 44. Während in Hetlingen ein freieres pädagogisches Konzept, unter anderem mit jahrgangsübergreifendem Unterricht in kleinen Klassen verfolgt wird, wird in Haseldorf klassisch unterrichtet, Dabei übersteigt die Klassengröße mittlerweile regelmäßig die 30er-Marke.
Ein großes Problem sei der Lehrermangel
Das Problem an beiden Standorten: Lehrermangel. Bröker fordert daher die Aufgabe des Außenstandorts, schließlich sei in Haseldorf mit dem Bau einer Kita begonnen worden, eine neue Turnhalle, die von der Schule und auch dem Sportverein TV Haseldorf genutzt wird, soll im kommenden Jahr gebaut werden.
Ein Neubau an der Grundschule für alle Kinder aus allen drei Orten ist sein Wunsch. Und für eine genaue Planung müsse Klarheit herrschen, ob es die Außenstelle in Hetlingen weiter geben werde. Mit eventuell gut 50 Schülern mehr, müsse eben umgeplant werden.
Bröker: „Vom Land werden nicht mehr Stunden zur Verfügung gestellt.“
„Es gibt Engpässe an beiden Standorten. Es fehlen Lehrer an beiden Schulstandorten. Und bisher ist es auch Fakt, dass vom Land nicht mehr Stunden zur Verfügung gestellt werden können“, sagt der 69 Jahre alte Haselauer Bürgermeister.
Es gebe keine Zusage vom Kultusministerium bislang, die Kapazitäten zu erhöhen. Teilweise pendeln Lehrkräfte vertretungsweise zwischen den Orten – gut vier Kilometer. Die vierte Klasse aus Hetlingen wurde 2021/22 am Standort in Haseldorf unterrichtet, seit Sommer 2022 – auf Anordnung des Ministeriums mit Bewilligung von zusätzlichen Stunden bis 2024 – ist Hetlingen wieder die Bildungsheimat.
Der Vertrag kann zum 31. Juli gekündigt werden, mit einer Frist von einem Jahr. Am 28. März war Bröker mit einem Dringlichkeitsantrag im Amtsausschuss des Amts Geest und Marsch Südholstein gescheitert. Es wird weiter diskutiert und nach einer Einigung gesucht.
Hetlingen will seinen Schulstandort nicht aufgeben
Die Gemeinde Hetlingen will auf keinen Fall ihren Standort aufgeben. In einer Grundsatzerklärung heißt es: „Wir fordern die Kommunalpolitikerinnen und -politiker der beiden Nachbargemeinden Haseldorf und Haselau auf, diese politische Grundsatzentscheidung zu respektieren.“
Laut Kooperationsvertrag „wurde der Erhalt beider Standorte ausdrücklich als gemeinsames Ziel vereinbart.“ In der Präambel sei festgeschrieben, dass durch diese Vereinbarung „die Schulstandorte Haseldorf und Hetlingen gesichert werden sollen.“
Hetlingen sei seit 400 Jahren Schulstandort und will diesen nicht aufgeben
Begründet wird diese Standhaftigkeit auch mit Tradition, schließlich gebe es „seit mindestens rund 400 Jahren in Hetlingen eine Schule“. Der Standort in der Nachbargemeinde Haseldorf sei „bereits bei Vertragsschluss sanierungsbedürftig“ gewesen. „Auch deshalb haben wir zwei unterschiedliche Haushalte für die beiden Standorte festgeschrieben“, sagt Hetlingens Bürgermeister Michael Rahn.
Auf bildungspolitischer Ebene gebe es nach wie vor den Konsens, „dass in Schleswig-Holstein auch kleine Grundschulstandorte erhalten bleiben sollen, wenn auf Dauer mindestens 44 Kinder dort unterrichtet werden. In Hetlingen liegen die Zahlen seit mehreren Jahren zwischen 50 und 60 Kinder, sodass wir die Bedingungen locker erfüllen“, so Rahn.
Grundschule in Hetlingen ist technisch auf dem neuesten Stand
Hetlingens Schule „ist jetzt etwa 20 Jahre alt und in einem baulich sehr guten Zustand. Die technischen Bedingungen mit digitalen Tafeln, Glasfaseranschluss und Barrierefreiheit sind hervorragend.“ Das möchte die Gemeinde nicht widerstandslos aufgeben.
Nichtsdestotrotz sei auch der Hetlinger Gemeinderat bereit „mehr für den vom Bund geforderten Ganztagsbetrieb“ zu tun. Vor gut einem Jahr hätten laut Rahn fast 1000 der 1200 wahlberechtigten Hetlinger mit ihrer Unterschrift den Einsatz des Gemeinderates für die Schule unterstützt.
Hetlingen will Moderationsprozess „aktiv mitbegleiten“
In einem Punkt widerspricht Rahn seinem Kollegen in Haselau: „Bildungsministerin Karin Prien hat bei einem Termin im Frühjahr 2022 den zusätzlichen Bedarf an Unterrichtsstunden anerkannt und Mehrstunden für die Grundschule Haseldorfer Marsch für zwei Jahre bewilligt.“ Er wisse nicht, warum damals „nur eine halbe Stelle von der Schulleitung beantragt wurde.“
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Es soll „ein Konzept erarbeitet werden, wie der Unterricht an der Grundschule Haseldorfer Marsch künftig vereinbarungsgemäß zu leisten ist. Daran wird immer noch gearbeitet, auch im Moderationsprozess, den wir aktiv mitbegleiten“, so Rahn.
In Hetlingen ist die Anzahl an Schülern um 50 Prozent
Eine Schließung des Außenstandorts habe keinen Sinn, unter anderem, weil die Schülerzahl dort seit Beginn um 50 Prozent gestiegen sei und der Lehrermangel an Schulen „ein von unserer Kooperation unabhängiges, massives Problem, insbesondere an Grundschulen sei“, sagt der Hetlinger Bürgermeister.
Rahn fordert „die aktuellen und kommenden Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter in Haselau und Haseldorf auf, sich auf die liebens- und lebenswerte Erhaltung ihrer Dörfer zu konzentrieren und nicht ihrer Nachbargemeinde vorzuschreiben, welche Einrichtungen im Dorf bleiben dürfen und welche nicht.“
Sie müssten respektieren, „dass in Hetlingen die Grundschule gemeinsam mit dem Kindergarten der zentrale Ankerpunkt für das aktive Dorfleben ist.“