Kreis Pinneberg. Ein externes Gutachten sieht die Rolandstadt klar vorn. Doch Elmshorn und Pinneberg wollen sich nicht geschlagen geben.
Eine Vorentscheidung für den künftigen Standort des vom Kreis Pinneberg geplanten Gründungs- und Technologiezentrums (GTZ) ist gefallen. Der beauftragte Gutachter empfiehlt der Kreispolitik, das Projekt im Businesspark in Wedel zu realisieren. Nach dem Interessenbekundungsverfahren, in dem 64 detaillierte Fragen zum Betreiberkonzept, zur Grundstücksgröße und zur Finanzierung abgefragt wurden, liege die Elbstadt nach Punkten „aus sachlichen Gründen klar vorne“, stellt der erfahrene Gutachter Jörg Lennardt fest.
Gründerzentrum: Gutachten sieht Wedel als Standort vorn
Demnach hat Wedel das beste Grundstück vorzuweisen und deutliche Vorteile bei den sogenannten weichen Faktoren. Elmshorn ist zweiter Sieger vor Pinneberg. Die Kreisstadt habe aber das überzeugendste Grobkonzept vorgelegt.
Der Diplomkaufmann Lennardt ist ein Experte auf seinem Gebiet, verfügt über jahrzehntelange Erfahrung. Sein Dortmunder Büro LennardtundBirner hat die Europäische Union beraten, evaluiert zurzeit in Österreich Technologiezentren und hat den Technologiepark in Dortmund mitgegründet, der heute mit einer Wertschöpfung von einer Milliarde Euro pro Jahr zu den größten Technologieparks in ganz Europa gehört.
Aber so ohne weiteres wollen die Kreispolitiker der Empfehlung nicht folgen. Auch wenn Harald G. Schroers, Chef der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft (WEP), den Gutachter als „Gründungs- und Technologie-Papst“vorstellte. Insbesondere die Vertreter aus den im Gutachten unterlegenen Bewerberstädten ließen ein ums andere Mal ihr Kirchturmdenken aufblitzen. Da sich die Bewerber nicht öffentlich in die Karten schauen lassen wollten, musste der Gutachter sich bei seiner Analyse zu konkreten Angaben von Konzept und Finanzierung zurückhalten. Auch die genaue Punktzahl der Bewertung durfte er auf Drängen der Kreispolitik nicht öffentlich nennen. Nur so viel: Der Vorsprung Wedels sei „signifikant“.
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Gründerzentrum: Elmshorn, Pinneberg und Wedel bewarben sich als Standort
Alle drei Bewerberkommunen sollen Mitte Januar noch einmal die Chance erhalten, dem Wirtschaftsausschuss ihr Betreiberkonzept vorzustellen. Ob das dann von den bisherigen Aussagen im Interessensbekundungsverfahren abweicht oder nachgebessert wurde, wird Gutachter Lennardt dem Ausschuss anschließend in nichtöffentlicher Beratung aufzeigen. Die Kreispolitik will sich dann für die endgültige Standortentscheidung Zeit lassen. Nach welchen Kriterien diese dann erfolgen soll, blieb unklar. Es soll keinen Schnellschuss in dieser Frage geben, sind sich die Ausschussmitglieder einig.
Der Kreis Pinneberg hat nach drei Jahren politischer Beratung die Initiative der SPD für ein „GTZ“ aufgegriffen und beschlossen. Bis zu fünf Millionen Euro will er dafür bereitstellen und erwartet von der Standortkommune einen ähnlich hohen Zuschuss. So hatte bereits die sogenannte Westküstenstudie, die 2018 die „Erfolgsfaktoren für innovative Unternehmensgründungen an der Westküste“ untersuchte, herausgearbeitet, dass für die Errichtung eines Gründungs- und Technologiezentrums mit etwa 3500 Quadratmetern Nutzfläche knapp zehn Millionen Euro notwendig seien. Der laufende Betrieb wiederum erfordere zusätzlich einen jährlichen Zuschuss der Gesellschafter von 100.000 bis 500.000, weiß Gutachter Lennardt aus Erfahrung.
Warum ein Gründerzentrum für den Kreis Pinneberg wichtig ist
Ein GTZ sei keine Immobilie, die nur gebaut oder angemietet werden müsse, um von allein zu laufen, sagt WEP-Chef Schroers. „Es ist der Treffpunkt von Gründern aus der Region, die hier zu Veranstaltungen mit anderen Gründern, Wissenschaftlern und Unternehmen zusammenkommen.“ Die Betreiber wiederum brauchten viel Nerven und Geduld, damit sich im Umfeld weitere gründungsaffine Unternehmen ansiedelten, so Schroers. Gutachter Lennardt sagt, es wäre schon ein großer Erfolg, wenn das GTZ zehn bis 20 Gründungen im Jahr initiieren könnte.
Sauer aufgestoßen ist es in der Kreispolitik und den anderen Bewerbern, dass die Fachhochschule Wedel bereits vorgeprescht war und jüngst den Fraktionsspitzen des Kreistages ihr Konzept vorstellte. Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg wertet das als ein grobes Foul mitten im Verfahren. „Das war nicht in Ordnung und nicht regelgerecht“, ärgert sie sich. „Sowas geht nicht.“ Umso zufriedener ist sie nun darüber, dass alle drei Bewerber noch einmal vom Ausschuss angehört werden sollen. „Mir geht es um Chancengleichheit“, so Steinberg.
Gründerzentrum: Elmshorn rechnet sich noch Chancen als Standort aus
Auch Elmshorns Bürgermeister Volker Hatje rechnet sich noch gute Chancen aus, die Kreispolitik vom Elmshorner Konzept zu überzeugen, das im Gegensatz zu Pinneberg und Wedel einen „bekannten privaten Investor“ ins Boot holen würde, der das GTZ auf seinem Gelände in der Nähe des Kreishauses errichten und anschließend an die Betreibergesellschaft, an der mehrheitlich die WEP oder der Kreis und nicht die Stadt Elmshorn beteiligt sein sollten, vermieten würde.
Auf diese Weise würde Elmshorn sein finanzielles Risiko in Grenzen halten. „Der Kreis muss es querfinanzieren“, fordert Hatje. Wenn aber am Ende, wie der Gutachter es empfiehlt, Wedel den Zuschlag erhalten sollte, wäre es auch nicht so schlimm. Alle drei Kommunen seien sich dabei im Reinen.
Womit Wedel als Standort fürs Gründerzentrum punkten kann
„Die Stadt Wedel freut sich sehr, dass die jahrelangen Bemühungen, eine gute Ausgangslage für ein Gründungszentrum für den gesamten Kreis Pinneberg zu schaffen, durch die Auswertung des Interessenbekundungsverfahren gewürdigt werden“, sagt Bürgermeister Gernot Kaser. „Jetzt verfolgen wir mit Interesse die nächsten Schritte bis zur Entscheidung. Die liegt jetzt bei der Politik – aber Wedel, das zeigt die Auswertung, ist bereit.“
Wedel punktet vor allem mit seiner Grundstücksgröße von mehr als 16.000 Quadratmetern im Nordosten des Businessparks am Elbufer, auf dem sich ein bis zu 4500 Quadratmeter großes Gebäude errichten ließe. Auch die Nähe zur Fachhochschule, die seit 2019 bereits gezielt Existenzgründer im Bereich IT und Künstliche Intelligenz fördere, sein ein Plus für die Rolandstadt.
„Firmengründungen entstehen dort, wo es Ideen gibt und wo Menschen sind, die gründen wollen“, sagt dazu Prof. Eike Harms von der Fachhochschule. Die dortigen Verantwortlichen verstehen Wedel „als natürlichen Standort für ein digitales Kraftzentrum in direkter Nähe zu Hamburg“, das auf den gesamten Kreis Pinneberg ausstrahlen, Arbeitsplätze halten und neue schaffen könnte, die mit innovativen Lösungen bis ins Handwerk und die Landwirtschaft hineinreichten.
Gründerzentrum: Damit bewerben sich die Städte als Standort
„Wedel als starke Anlaufstelle erfüllt eine Brückenfunktion in den Kreis, sodass alle Kommunen und am Ende der Kreis Pinneberg selbst vom Standort Wedel für das Gründungszentrum profitieren“, ist der Wirtschaftsförderer Manuel Baehr von der Vorreiterrolle Wedels als Standort überzeugt.
Das Konzept der Kreisstadt Pinneberg sieht dagegen vor, auf dem bereits im Eggerstedtpark vorhandenen städtischen Gelände von etwa 2000 Quadratmetern Forschung und Entwicklung für Ingenieure, Techniker und Handwerksbetriebe zu betreiben. Im weiteren Verfahren könnten dann das Rehmenfeld oder der Ossenpadd für Erweiterungen des GTZ genutzt werden – je nachdem welche dieser Flächen nicht zum künftigen Standort der geplanten Zentralklinik erkoren werden sollten, erklärt Bürgermeisterin Steinberg.
Und die Stadt Elmshorn geht mit einer privaten Fläche von 7600 Quadratmetern ins Rennen, auf dem sich ein drei- bis vierstöckiger Campus errichten ließe, deren Büroflächen anfangs nur zur Hälfte vom GTZ benötigt werden würden, erklärt Bürgermeister Volker Hatje.