Schleswig. Jetzt bleibt den Anwohnern noch der Weg zum Oberwaltungsgericht. Wie das Gericht seine Entscheidung begründete.

Das Verwaltungsgericht in Schleswig hat am Mittwoch mehrere Klagen von Anwohnern gegen das Kohlekraftwerk Wedel bei Hamburg zurückgewiesen. Die von Partikelemissionen ausgehenden Verschmutzungen gingen allenfalls geringfügig über die normale Alltagsverschmutzung hinaus, hieß es in einer Pressemitteilung. Sie seien deshalb nicht als erhebliche Belästigung oder Nachteil anzusehen, was nach dem Gesetz Voraussetzung für ein Einschreiten gegen die Kraftwerksbetreiberin sei (Aktenzeichen: 6 A 237/20, 6 A 240/20, 6 A 242/20, 6 A 243/20, 6 A 244/20, 6 A 245/20 und 6 A 246/20).

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Vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume eingeholte Gutachten seien zu dem Ergebnis gekommen, dass Umwelt- oder Gesundheitsschäden durch die Partikelemissionen des Kraftwerks nicht zu erwarten seien. Die Gutachten seien überzeugend und von den Klägern nicht hinreichend substantiiert angegriffen worden, hieß es. Gegen die sieben Urteile kann die Zulassung der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht beantragt werden.

Kraftwerk Wedel: Klagen gegen das Landesamt

Die Klagen richteten sich gegen das Landesamt. Es sollte der Wärme Hamburg GmbH, die das Kraftwerk betreibt, den weiteren Betrieb untersagen, bis sichergestellt ist, dass von den Ruß- und Staubteilchen keine gesundheits- oder materialschädigende Wirkung ausgeht. Alternativ sollte das Landesamt eine nachträgliche Anordnung erlassen, dass die Wärme Hamburg GmbH sicherstellt, dass im Wohngebiet der Kläger keine Partikel aus dem Kraftwerk mehr niedergehen.

Das Kraftwerk im Kreis Pinneberg beliefert Teile von Hamburg mit Fernwärme. In dem Wohngebiet der Kläger gehen seit Jahren in unregelmäßigen Abständen Partikel nieder, die auch aus dem Schornstein des Kraftwerks stammen. „Seit fünf Jahren, seit Juli 2016, emittieren hochätzende Partikel in unserem Wohngebiet“, sagte Kerstin Lückow, eine der Klägerinnen und Mitglied einer Bürgerinitiative gegen das Kraftwerk. „Und zwar jedes Mal, wenn der Wind rüber dreht.“

Wedel zählt zu den ältesten Kraftwerken Deutschlands

Die Partikel hätten beispielsweise schon zu Schäden an im Wohngebiet abgestellten Autos geführt. Die ätzenden Partikel könnten auch Augenschäden verursachen, befürchten die Kläger. Sie wollten erreichen, dass das Kraftwerk so lange abgestellt werde, bis die Rauchgasanlage in Ordnung gebracht sei.

Wedel zählt mit seinen rund 60 Jahren zu den ältesten Kraftwerken Deutschlands. Die Stadt Hamburg hatte das in den 1960er-Jahren von den Hamburger Electricitäts-Werken (HEW) erbaute Kraftwerk 2019 im Zuge des Fernwärmerückkaufs vom Energiekonzern Vattenfall zurückerworben. Es versorgt rund 120 000 Haushalte im Hamburger Westen mit Wärme. Eigentlich sollte die Anlage schon 2013 abgeschaltet werden, was sich aber wegen immer wieder geänderter Pläne und der Übernahme durch die Stadt Hamburg wiederholt verzögerte. Im Zuge der Neugestaltung der Hamburger Wärmeversorgung soll es nach Plänen der Umweltbehörde spätestens 2025 stillgelegt werden.