Schenefeld. Nicht jede Tradition im Pferdesport ist unumstritten. Wie es beim Championat der Berufsreiter für Susanne Krohn zum Desaster kommt.
Es ist eine besonders herausfordernde Disziplin im Profi-Reitsport. Das klassische norddeutsche Berufsreiterchampionat für Dressur steht mit dem Pferdewechsel auf dem Prüfungsplan im Elbdörfer und Schenefelder Reitverein am Klövensteen. Die Profis müssen laut Regelwerk ihre Pferde tauschen. In nur fünf Minuten Vorbereitungszeit müssen sich die Reiter auf die ihnen fremden Pferde einstellen und zeigen, dass sie auch unter diesen schwierigen Bedingungen ihr Handwerkszeug beherrschen. Das klappt häufig, kann aber auch komplett schiefgehen.
Pferdesport Dressur: Für Grand-Prix-Reiterin Susanne Krohn ist London ein Unglücks-Los
Bei der Auslosung geht der 13 Jahre alte Dunkelfuchs London an Susanne Krohn. Die Pferdewirtschaftsmeisterin mit Auszeichnung, Teilnehmerin beim deutschen Bundeschampionat und Grand-Prix-Reiterin, die auch mit Hengsten gut kann, erlebt einen Ritt der besonderen Art. Es ist für Krohn ein abenteuerliches Los. Vor Prüfungsbeginn gibt Felix Kneese (41) vom Hof Etzer Heide aus Appen an seine Kollegin aus Dätgen (Kreis Rendsburg-Eckernförde) eine kurze Einweisung.
Zunächst läuft alles nach Plan, der Wallach sieht seinen Chefbereiter, hört seine Stimme. Die Welt ist für den Vierbeiner London noch in Ordnung. Dann geht es mit langen Zügeln in die Prüfungshalle, die Zügel werden langsam aufgenommen, doch plötzlich gibt der Edelfuchs Fersengeld. Profireiterin Krohn versucht London zusammenzuhalten, Ruhe zu bewahren. Wählt einen großzügigen Zirkel, aber der elegante Vierbeiner lässt sich kaum bändigen.
An einen guten Ritt kann Krohn nicht mehr denken, die Anspannung steigt, und die Harmonie ist gestört. Die Prüfungsnote liegt unter 55 Prozent, das heißt nur „genügend“. Einfach dumm gelaufen, es war ein Ausnahmezustand. „Mein Pferd kann speziell werden, diese Situation wünscht sich kein Reiter. Ich dachte, London ist über diesen Punkt hinweg“, sagt Kneese.
Die Diskussion entbrennt aufs Neue: Ist der Pferdewechsel noch zeitgemäß?
Die Meinungen gehen hier auseinander, es wirft grundsätzlich die Frage auf, ist der Pferdewechsel noch zeitgemäß? Dem Dressurpferd London tat es definitiv nicht gut. „Danach sind wir immer klüger“, resümiert Kneese, der mit London diesen Weg so nicht mehr einschlagen wird.
Ein Pferdetausch ist im Springsport und in der Vielseitigkeit undenkbar. Zu groß ist die Gefahr, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist. Besonders nach dem großen Aufreger von vor zwei Jahren im Fünfkampf bei den Olympischen Spielen in Tokio. Damals verzweifelte Annika Schleu unter Tränen an ihrem Tauschpferd, ihre Trainerin Kim Raisner rief „Hau richtig drauf“ und boxte dem Tier vom Rand aus in Seite. Seitdem ist der Pferdetausch noch umstrittener.
Zwischen Pferd und Reiter ist die Beziehung immer etwas Besonderes. Das Vertrauen steht an erster Stelle. Warum soll ein sensibler Vierbeiner mit einem fremden Reiter plötzlich funktionieren? Zumal beide Dressur-Asse Kneese und Krohn sehr unterschiedlich sind. Körpergröße und Gewicht differieren; die Hilfengebung und die Zügelführung ebenso.
Felix Kneese hat mit seinem London keine Probleme und wird Sieger der Berufsreiter
Der neue Sieger der Berufsreiter ist Felix Kneese, bei ihm hat London perfekt funktioniert. Sein dänischer Stallkollege Martin Christensen (56) wird mit dem 13 Jahre alten braunen Wallach Bonifacio zum Vizemeister gekürt und zusätzlich als bester Ausbilder geehrt. Für ein weiteres Dressur-Ass geht die Rechnung geradezu perfekt auf: Juliane Brunkhorst vom Tannenhof in Wedel sichert sich in drei Etappen den Sieg im Nordic Grad Prix mit ihrem zwölf Jahre alten Holsteiner Wallach Aperol.
Die Mannschaftswelt- und Europameisterin von 2013 und 2014, Fabienne Müller-Lütkemeier, mischt die Prüfungen mit drei Dressurpferden auf. Die zweifache Mutter reiht sich auf den zweiten Platz mit ihren ebenfalls zwölf Jahre alten Valesco ein. „Mein Schumi ist ein wacher Kerl. Vor Prüfungsbeginn zeigt er mir auch ganz gerne, wer hier das Sagen hat“, sagt die internationale Dressurreiterin aus Paderborn.
Schumi, also Valesco, ist von seinem Charakter her immer ein Kämpfer. Wenn es auf die Galoppbahn geht, gibt Schumi das Tempo vor. Der Fuchs war drei Jahre alt, als Gina Capellmann-Lütkemeier (63) ihn beim Züchter Karl Niemann erwarb. „Wir bilden alle Pferde selbst aus, es ist manchmal ein langer und mühseliger Weg. Nach Möglichkeit kaufen wir immer drei Jahre alte Pferde“, sagt die Trainerin und Mutter von Fabienne.
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Sie besitzt aktuell 17 Reitpferde, die von drei Jahren bis zum Grand Prix im Sport unterwegs sind. Alle Vierbeiner, die das Rentenalter haben, werden im Stall gepflegt und täglich je nach Können bewegt. Dazu gehört ein abgestimmter Futterplan, es gibt gezielte Gymnastik, und es werden immer nur Lektionsabschnitte geübt.
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