Rellingen. Arbeiten am neuen Kunstrasen des Rellinger Vereins sind fast abgeschlossen. Technisch identische Plätze sucht man im Land vergeblich

Nun muss jeder Griff sitzen. Der Niederländer Ruben Hulleman geht auf die Knie und schneidet sorgfältig den Rand einer endlos erscheinenden Kunstrasenrolle zurecht. Diese haben er und seine Kollegen der Firma Intergrass auf der elastischen, wasserdurchlässigen Tragschicht des linken Trainingsplatzes des SC Egenbüttel ausgebracht. Als alles passt, greift der 37-Jährige aus Stap­horst zu einer Art übergroßer Tesafilm-Rolle. Auf diesem Nahtband fixiert er mit Zweikomponentenkleber die Rasenkanten sauber und nachher praktisch unsichtbar. Wieder ist das neue „Juwel“ des SCE ein Stück gewachsen.

Das etwas größere „Tesa“. Auf dem Nahtband werden die Ränder der Kunstrasenrollen mit Zweikomponentenkleber fixiert.
Das etwas größere „Tesa“. Auf dem Nahtband werden die Ränder der Kunstrasenrollen mit Zweikomponentenkleber fixiert. © HA | Ulrich Stückler

Silke Mannstaedt, Fachbereichs­leiterin Bürgerservice in Rellingen, und der SCE-Vorsitzende Norbert Schroeder als Geldgeber und Bauherr sehen zufrieden, welche Fortschritte die Arbeiten am 1,193 Millionen Euro teuren Projekt machen – und dass diese im Zeitplan liegen. „Ende kommender Woche soll der Kunstrasen fertig verlegt sein, und beim ersten Spatenstich Mitte August hatten wir uns den November auch als Zielmarke gesetzt“, sagt Silke Mannstaedt.

Die Kicker des SCE laufen bald auf einem Greenfield-Rasen

Dabei hatte zu Beginn der Erdarbeiten noch eine wichtige Entscheidung ausgestanden: Welcher Kunstrasen soll es denn nun werden? „Wir haben uns für den niederländischen Greenfield MX NF und gegen den belgischen Polytan entschieden“, sagt Landschaftsarchitekt Andreas Bunk. „Beide sind ohne Gummigranulat oder Kork verfüllt, also damit auf aktuellem Stand der Technik. Der MX NF benötigt zwar rund acht Kilo Sand pro Quadratmeter, die können aber nach Ende der Lebensdauer wiederverwendet werden. Die Produktionsweise des MX NF, von der wir eine längere Haltbarkeit erhoffen, hat mit den Ausschlag gebeben.“

Rolf Suhr von der ausführenden Baufirma Wiese und Suhr, Landschaftsarchitekt Andreas Bunk, Silke Mannstaedt (Fachbereichsleiterin Bürgerservice) und der SCE-Vorsitzende Norbert Schroeder sind zufrieden damit, wie es mit den Arbeiten voran geht.
Rolf Suhr von der ausführenden Baufirma Wiese und Suhr, Landschaftsarchitekt Andreas Bunk, Silke Mannstaedt (Fachbereichsleiterin Bürgerservice) und der SCE-Vorsitzende Norbert Schroeder sind zufrieden damit, wie es mit den Arbeiten voran geht. © HA | Ulrich Stückler

Der neue Rasen sei dann der erste seiner Art in Schleswig-Holstein. Zwar hat das städtische Stadion Neumünster bereits 2019 auch einen unverfüllten Kunstrasen erhalten, aber seitdem ist die Entwicklung mit doppelt gewebter Technik des Belags nochmal weitergegangen.

Der Nachhaltigkeitsgedanke mit einem Zeithorizont von gut 15 Jahren sowie im Sinne des Wortes die Probeläufe durch diejenigen, die hier künftig ihre Trainingseinheiten und Punktspiele absolvieren sollen, haben dem Vereinschef die Entscheidung relativ leicht gemacht.

„Der Belag ist um die 30.000 Euro teurer als das andere Produkt, aber über die Lebensdauer betrachtet sollte sich das für uns auszahlen“, sagt Norbert Schroeder und schaut sich – fast ein wie ein stolzer Vater – sein jüngstes „Kind“ an. „Wir sind auch mit Spielern zu vergleichbaren Plätzen in die Niederlande und nach Ganderkesee gereist und haben diese ausprobiert. Ich habe ein einhelliges ,Also wenn schon, denn schon‘ als Urteil zu hören bekommen; dieser Kunstrasen hat überzeugt.“

Fehlt nur noch Licht, damit auch im Winterhalbjahr trainiert werden kann, sobald Corona es zulässt. Schroeder: „Die Kabel liegen, aber wir haben erst in dieser Woche das 60-seitige Gutachten des Prüfstatikers erhalten. Nun dürfen wir endlich die Fundamente für die Flutlichtmasten setzen.“

Mit dem Flutlicht kommt auch ein Begrenzungswall, der mit Bäumen bepflanzt wird

Deren „Produkt“, also Licht von nicht unbeträchtlicher Helligkeit, sowie der hörbare Trainingsbetrieb sollen aber die benachbarten Anwohner in der Straße Am Kellergraben nicht über Gebühr beeinträchtigen. So war eine der Bauauflagen, dass der durch die Erdarbeiten entstandene Aushub zum Ziehen eines Begrenzungswalls genutzt wird. „Den müssen wir mit regionalen Pflanzen und Bäumen wie Buchen oder Hainbuchen begrünen; das wird hier einmal richtig schön“, sagt Andreas Bunk.

Dieser aus dem Erdaushub der Platzarbeiten geschaffene Wall soll mit einheimischen Pflanzen und Bäumen bestückt werden und dient dann den Anliegern als Licht-, Sicht- und Schallschutz.
Dieser aus dem Erdaushub der Platzarbeiten geschaffene Wall soll mit einheimischen Pflanzen und Bäumen bestückt werden und dient dann den Anliegern als Licht-, Sicht- und Schallschutz. © HA | Ulrich Stückler

Auch dieser Schutzwall ist in den Arbeiten weit vorangeschritten. Also, wann kann denn endlich gekickt werden? „Es wird auf jeden Fall ein offizielles Eröffnungsspiel geben, aber angesichts des aktuellen Corona-Geschehens ist es wohl eher realistisch, einen Termin im März anzustreben“, sagt Norbert Schröder.

Dem Vereinschef ist ohnehin erst einmal wichtig, dass zeitnah möglichst wenig Regen niedergeht, damit der Boden vom benachbarten Rasenplatz nicht aufweicht. „Denn wenn wir endlich unsere Flutlichtmasten errichten dürfen, dann muss ein 60-Tonnen-Kran zu uns aufs Gelände. Wenn dann alles weich sein sollte, müssen wir uns was ausdenken…“