Pinneberg. 3:0 – Drittliga-Männerteam besiegt überraschend Ex-Bundesligist CV Mitteldeutschland. Wie es nun weitergeht, ist aber noch ungewiss
Gefragt nach seinem aktuellen Gemütszustand antwortet Sven Klieme, Trainer der Pinneberger und Halstenbeker Drittliga-Volleyball, dass er auf sportlicher Ebene „traurig“ sei. „Es läuft doch alles ganz gut, aber es ist so, dass Stand jetzt, die Partie gegen Dessau und auch danach das Spiel gegen den VCO Berlin II verschoben werden.“ Mit sechs Punkten aus drei Spielen rangiert die VG Halstenbek-Pinneberg auf einem guten fünften Tabellenplatz. Ganz aktuell der 3:0-Überraschungs-Heimsieg über den CV Mitteldeutschland.
Ein Zehn-Personen-Limit macht ligagerechte Trainingsinhalte fast unmöglich
Aber kann dieses Leistungshoch gehalten werden? Wegen eines Corona-Inzidenzwertes jenseits der 50er-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner ist Teamsport mit mehr als zehn Personen auf unbestimmte Zeit im Kreis Pinneberg laut Verordnung verboten. „Neun Spieler und ein Trainer, das macht normale Trainingsinhalte nicht mehr möglich. Das schränkt uns komplett ein. In dieser Phase der Saison spielen wir im Mannschaftstraining Sechs gegen Sechs. Übungen mit weniger Spielern sind eigentlich nur in der Vorbereitung dabei“, so Klieme, der nun überlegt, wie es weiter gehen wird.
Die Anfrage, in einer größeren Halle pro Drittel mit zehn Leuten zu trainieren, wurde vom Kreis Pinneberg zunächst abgewiesen. Nun ist klar, dass auf einer Sportfläche zehn Personen zugelassen sind. Die Variante wäre also nun möglich. „Die Drähte glühen momentan. Wir müssen jetzt alle schauen, wie wir Sportvereine retten können. Ich befürchte, dass viele Clubs pleite gehen, weil die Mitglieder austreten“, sagt der Volleyball-Trainer.
Etwas neidisch blickt die VG auf die Profinachbarn in Wedel
Die Nachbarn haben noch Glück: Die Zweitliga-Basketballer (Pro B) des SC Rist Wedel werden als Profis auf ihre Ausnahmestellung pochen und planen, Team und Verantwortliche nun regelmäßig auf eine Covid-19-Erkrankung zu testen. Für die Drittliga-Volleyballer ist dies keine Option. „Für so etwas fehlen uns einfach die finanziellen Rahmenbedingungen, um mit einem Hygienekonzept so eine Art Blase zu schaffen“, sagte der HaPi-Coach.
Wettkampfspiele sind verboten, bisher betrifft das in der Nordstaffel ausschließlich „Pinnack“. Es sind Mannschaften aus sechs Bundesländern mit unterschiedlichen Regelungen vertreten – in Bundesländern wie Berlin oder Hamburg, in denen der Inzidenzwert weitaus höher ist, bleibt das Thema Mannschaftssport bisher komplett außen vor. Selbst die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel hat (noch) keine Einschränkungen. „Die Mannschaft hat vorgestern am Abend beschlossen, in dieser Woche mit dem Training auszusetzen“, sagt Volleyball-Abteilungsleiter Sebastian Rieck.
Der Coach befürwortet die Woche Denkpause fürs Team
Auch Klieme steht hinter dem Entschluss. Momentan gebe es mehr Fragezeichen als Ausrufezeichen. „Ich würde mich bei einer Auswärtstour mit unseren beiden Kleinbussen in 7er-Gruppen auch derzeit nicht so wohl fühlen. Dazu das Umziehen in engen Kabinen und so weiter. Bald sind die Abläufe durch Maßnahmen und Abstandsregeln derart eingeschränkt, dass ich mich gar nicht mehr richtig auf die taktische Ausrichtung konzentrieren und dem Team vermitteln kann. Volleyball lebt auch von seinen Emotionen und das ist momentan nur eingeschränkt möglich.“
Der Coach hält es für möglich, dass der 3:0 (25:19, 25:18, 25:16)-Heimerfolg – ohne Zuschauer – in der Jahnhalle gleichzeitig das letzte Spiel dieser Saison gewesen sein könnte: „Der Verband wird sich aufgrund der bundesweiten Infektionslage erklären und entscheiden müssen. Wie lange ist es möglich, Spiele zu verschieben? Da muss er auch die jeweiligen Beschlüsse in Bundesländern, Städten und Kreisen im Blick haben. Irgendwann werden die Termine ja auch knapp.“ Spiele unter der Woche in Spandau um 20 Uhr wären kaum realistisch realisierbar.
VG „HaPi“ hat den stark verjüngten Ex-Bundesligisten im Griff
Mit dem CV Mitteldeutschland, bis 2016 in der 1. Bundesliga, danach dreimal Zweitliga-Meister, der auf sein Aufstiegsrecht verzichtete, machte die VG Halstenbek-Pinneberg hingegen sportlich kurzen Prozess. Nach gewaltigem Umbruch tritt der Gegner mit vielen jungen Spielern in der 3. Liga neu an. „Das ist vergleichbar mit unserer Situation letzte Saison. Die Entwicklung von Talenten braucht ihre Zeit. Im ersten Satz sind wir nicht gut gestartet, lagen 3:8 hinten. Dann haben wir beim 17:17 erstmals ausgeglichen und hatten dann die Jungs gut im Griff“, lobte Klieme sein Team. Zum wertvollsten Spieler wurde der formstarke Zuspieler Tom Wollesen gewählt.
Noch in der Vorsaison hatte die VG Halstenbek-Pinneberg – angetreten mit zu dem Zeitpunkt überforderten Talenten – jede Menge Lehrgeld gezahlt und konnte den Abstieg nur durch den Corona-bedingten Abbruch verhindern. Drei Siege gab es lediglich in 17 Begegnungen. Nun wurde im Sommer das Team gezielt und gut verstärkt – es stehen schon jetzt zwei Erfolge zu Buche.
Und wieder stört Corona – doch diesmal zu einem sportlich denkbar ungünstigen Zeitpunkt...