Halstenbek. 84 Prozent der Clubs im Hamburger Verband möchten die Punktrunde vorzeitig beenden. Zwei Topteams aus dem Kreis müssen im Lotto-Pokal nachsitzen

„Training an der Schaufel.“ Der Vereinsvorsitzende Hans Jürgen Stammer bedankt sich bei fünf Kickern der ersten Mannschaft, die freiwillig antraten, Erdreich rund um die Flutlichtmasten auszuheben. Ein neues Kabel muss verlegt werden, nachdem sich die SV Halstenbek-Rellingen leistungsstärkere Scheinwerfer als bisher zugelegt hat. So rasch wird sich das Quartett wohl nicht wieder auf dem Jacob-Thode-Platz blicken lassen. Mit großer Mehrheit haben die Vereine bei einer von ihrem Verband (HFV) initiierten Umfrage für ein vorzeitiges Ende der Punktrunde 2019/20 votiert.

Auf einem außerordentlichen Verbandstag am 22. Juni wird der HFV den Vereinsvertretern deshalb den Abbruch des Meisterschaftsspielbetriebs der Damen, Herren Mädchen und Junioren vorschlagen (das Abendblatt berichtete). Außerdem will das HFV-Präsidium eine Wertung nach Quotienten-Regelung zum jetzigen Stand mit Aufsteigern (laut Durchführungsbestimmungen), ohne Absteiger, allerdings mit Abstieg „nach Wunsch“ zur Abstimmung bringen.

Abbruch soll nur für die Punktrunde gelten

Aber: Die Wettbewerbe um den Lotto-Pokal sollen zu Ende gespielt werden, sobald im Zuge der Corona-Krise keine gesundheitliche Gefährdung mehr besteht. „Doch niemand weiß, wann das sein wird.“ Deshalb fühlen sich Stammer und HR-Coach Heiko Barthel wie „im luft­leeren Raum.“ Im Pokal-Viertelfinale sollen die Halstenbeker (Landesliga) gegen den Kreisrivalen SV Rugenbergen (Oberliga) antreten, ursprünglich ein lukratives Los. Stammer fürchtet weitere Einnahme-Verluste, nachdem schon das Landesliga-Spitzenspiel vor heimischem Publikum gegen Tabellenführer HEBC platzte. „Auf mehrere tausend Euro“, beziffert er den finanziellen Schaden, den Covid-19 den Halstenbekern auch durch den Wegfall von Pachteinnahmen, die sie der neuen Clubheimbewirtung erließen, bislang zugefügt hat.

Zugänge für die neue Saison dürfen theoretisch auch im aktuellen Pokal spielen

Über Geld redet auch SVR-Verteidiger Jan-Niclas Galke. „Wenn der Pokalwettbewerb nicht weitergeführt werden kann und sich der Verband gezwungen sieht, Eintracht Norderstedt als zurzeit bestes Hamburger Team für den DFB-Pokal zu melden, dann wäre es nur fair, die Prämie für das Erreichen der DFB-Pokalhauptrunde unter den acht verbliebenen Teams im Wettbewerb aufzuteilen.“ Das wären immerhin rund 23.000 Euro pro Team. „Der Verband spielt alle Gedanken durch, von einer Abwicklung der Pokalspiele im August oder September bis hin zur Entscheidung am Grünen Tisch“, versichert der stellvertretende HFV-Geschäftsführer Carsten Byernetzki. Entscheidend sei auch, welche Signale der DFB sendet.

Eine Sorge kann Byernetzki den Halstenbekern und Bönningstedtern schon einmal nehmen. Auf die Frage, ob die Clubs ihre Neuzugänge für die Saison 20/21 in einem Wettbewerb der Spielzeit 19/20 einsetzen dürften, gibt es eine klare Antwort. „Wer ab dem 1. Juli spielberechtigt ist, der darf auch ab dem 1. Juli spielen.“ SVR-Trainer Andjelko steht beim Niendorfer TSV – Nachwuchsabteilung – im Wort und kann den weiteren Weg seines Teams durch den Pokalwettbewerb nicht länger begleiten. Das Familienduell mit seinem Sohn Dario, HR-Spieler, fällt flach.

In den Klassen tiefer hat der Abbruch große Auswirkungen

Dass die Vereine ihr Meinungsabbild in der HFV-Umfrage beim Verbandstag komplett auf den Kopf stellen, ist nicht zu erwarten. Damit zählt der VfL Pinneberg, der dem Landesliga-Abstieg ins Auge blickte, zu den Gewinnern der Corona-Krise. Wobei Abteilungsleiter Heinz Sellmann den Abstieg klaglos akzeptiert hätte.

Roland Wedel (14. Platz) und der SC Pinneberg (15.) planen eine weitere Saison in der Bezirksliga-Staffel West, während der Kummerfelder SV (18 Spiele/46 Punkte) den Titel Rasensport Uetersen (20/53) überlassen muss. Die Vizemeisterschaft wäre bedeutungslos, hielte der HFV an den Durchführungsbestimmungen fest und genehmigte keine weiteren Aufsteiger als die vier Meister. Trainer Nils Hachmann hofft inständig, dass der Verbandstag noch „eine Lösung wie in Schleswig-Holstein, wo zwei Mannschaften pro Staffel aufsteigen“, durchboxt. Der sportliche Leiter Werner von Bastian blickt entspannt in die Zukunft. „Zur Not schaffen wir den Aufstieg eben nächste Saison. Mit unserem starken Kader werden wir der Favorit sein.“

Der Quotient macht es möglich: Von Rang vier zum Staffel-Meister

Freude herrscht beim TuS Hasloh, der in der Kreisliga, Staffel 8, aufgrund der Quotientenregelung plötzlich von Platz vier auf Rang eins geschnellt ist. Spielertrainer Fabian Trama kündigte eine rauschende Aufstiegsfeier an, „entweder im Sommer in meinem Garten, wenn wir dann mit 50 Personen schon zusammenkommen dürfen. Oder zu einem späteren Zeitpunkt im Partykeller. Lieber wären wir natürlich auf dem Platz Meister geworden.“

Vor den Kopf gestoßen fühlt sich der bisherige Tabellenführer Holsatia/EMTV, der auf Rang drei abgerutscht ist und damit nicht mehr für den angestrebten Aufstieg in Frage kommt. Der klassische Härtefall. Trainer Thorben Pingel wird wohl vergeblich auf „Kulanz“ hoffen. Ebenso bleiben die ebenbürtigen Konkurrenten Union Tornesch II und SV Rugenbergen II auf der Strecke. „Davon geht die Welt nicht unter“, sagt Union-Trainer Christian Sommer.

Oder folgen weitere Teams von oben dem Beispiel von Blau-Weiß 96? Der Schenefelder Abteilungsleiter Andreas Wilken ist jedenfalls froh über die Möglichkeit, aufgrund fehlender sportlicher Perspektiven freiwillig in die Bezirksliga absteigen zu dürfen. „Schön, dass der Verband an uns gedacht hat und uns die Opferrolle in der Landesliga erspart.“