Ellerhoop. Oberligakicker Patrick Hoppe hat nach Knorpel-OP im Knie einen langwierigen Heilungsprozess vor sich. Aber der SVR verlängert mit ihm
„Irgendwie habe ich Hemmungen, das selbst zu erledigen.“ Patrick Hoppe (27) lässt die tägliche Spritze in die Bauchdecke gegen Thrombose deshalb lieber von seinem Vater Wolfgang setzen. Das passt so gar nicht zum Stürmer des SV Rugenbergen, der wegen eines Knorpelschadens monatelang unter Schmerzen Oberligaeinsätze für die Bönningstedter Fußballer bestritten hat. Aber dieser kleine Pieks, der ist sein schwacher Punkt.
Ein Kurzbesuch bei der Familie in Ellerhoop, in Zeiten von Corona vorschriftsmäßig mit Plastikhandschuhen, den Schal um Nase und Mund gewickelt. Labradorhündin Emma wetzt los, als es klingelt. Patrick Hoppe öffnet die Haustür eine gefühlte Ewigkeit später, warum, ist sofort zu sehen. Nach seiner Knieoperation darf er sich die nächsten sechs Wochen nur an Krücken in der Wohnung fortbewegen, das haben die Ärzte zwingend vorgeschrieben. Mit der Verletzung ist nämlich nicht zu spaßen, zumal es sich schon um seine zweite Knieoperation handelte. Im schlimmsten Fall droht sogar das Karriereende.
Hoppe hatte nicht genau auf die Uhr gesehen. Aber knapp zwei Stunden werden es gewesen sein, die er unter Vollnarkose beim Spezialisten in Hamburg-Eilbek auf dem Operationstisch verbracht hat. Angewendet wurde das häufigste Verfahren. Dabei bohrt der Chirurg am Grund des Knorpeldefekts Löcher bis in das Knochenmark. Austretendes Blut und Mark spülen Stammzellen in den Defekt. Daraus entwickelt sich neues Knorpelgewebe.
Es war wohl kein unproblematischer Eingriff, wurde Hoppe doch aufgefordert, zwei Nächte zur Beobachtung zu verweilen. „Genau genommen habe ich Glück gehabt, dass ich überhaupt noch dran gekommen bin“, sagt er. Wie er hörte, werden die Beatmungsgeräte der Klinik in der Zwischenzeit nur noch Covid-19-Patienten zur Verfügung gestellt. Wer sich operieren lassen will, aber nicht in Lebensgefahr schwebt, muss sich mittlerweile in Geduld üben.
Vor August darf Hoppe das Knie nur geringfügig belasten
Die ist nun auch vom Außenstürmer, am liebsten linke Seite, gefordert, egal, wie lange das Virus den Fußball noch lahmlegt. Vor August darf er das lädierte rechte Knie nur geringfügig belasten. „Wie soll er das bloß aushalten?“, fragt sich Mutter Sylvia, die den Sohn, der seinen Lebensmittelpunkt aus gebotenem Anlass von Rellingen zu den Eltern verlagerte, mit einem herzhaften Mittagessen in Empfang genommen hatte.
Schon nach zwei Tagen sei Patrick auf dem Sofa zappelig geworden. Schmerzen hat er nicht. Das Bein fühle sich nur „schwer“ an. Die freie Zeit will er nutzen, seine Bachelorarbeit in Angriff zu nehmen. Der angehende Vermessungsingenieur studiert an der Hafencity-Universität Geodäsie und Geoinformatik. Fachhochschüler in Itzehoe war er noch, als sein damaliger Trainer Guido Krenzk aus Moorrege in Ellerhoop vorfuhr und das Sturmtalent nach Billstedt zu den Regionalliga-Spielen von Vorwärts/Wacker kutschierte. Nach einem Jahr meldete dann Eintracht Norderstedt Interesse an.
Nach Enttäuschung in Norderstedt blüht Hoppe bei der SV Halstenbek-Rellingen auf
Aus Enttäuschung, nur einmal in der Oberliga eingesetzt worden zu sein, wechselte er 2011 zur SV Halstenbek-Rellingen. „So, wie Patrick gespielt hat, schließe ich ihn in mein Herz“, lobte der damalige HR-Trainer Thomas Bliemeister am 4. Mai 2012. Da hatte der Wirbelwind, damals 19, die Norderstedter mit dem Tor zum 1:2 geschockt, ein knallharter 15-Meter-Schuss. Die Halstenbeker entführten aus dem Edmund-Plambeck-Stadion einen Punkt (2:2). „Hoppe entfacht mächtig Feuer unterm Dach“, titelte das Hamburger Abendblatt.
Gibt es jemanden, der ihn in Bönningstedt nicht wertschätzt? Was ist mit Trainer Andjelko Ivanko, der Anfang Februar Hoppes Ski-Urlaub im Zillertal wenig erfreut zur Kenntnis genommen hatte? Alles gut gegangen. Die Bönningstedter gewannen sowohl das Pokalspiel beim TSV Schwarzenbek als auch sensationell das Punktspiel beim SC Victoria. Hoppe war anschließend zurück, bevor in Österreich Corona zu grassieren begann.
Trotz vereinbarten OP-Termins stellt sich Hoppe in den Dienst der Mannschaft
Sein schlechtes Gewissen wegen der Reise erleichterte er, indem er sich dem Team aufgrund immenser personeller Engpässe trotz feststehenden OP-Termins für das Spiel am 1. März beim WTSV Concordia zur Verfügung stellte. Wieder wurde es ein 2:2. Der körperlich Kleinste mit dem großen Kämpferherzen köpfte das 1:1 und schoss das 2:1. Ivanko bescheinigte ihm „heldenhaften Charakter“.
Der SVR wünscht sich ausdrücklich weiterhin viel Freude an Patrick Hoppe, nachdem ihn dessen Freund Sebastian Munzel 2015 an die Ellerbeker Straße gelotst hatte. Ein Telefonat am Sonnabend mit Manager Andreas Lätsch reichte für die Vertragsverlängerung. Der symbolische Handschlag durfte und musste auch gar nicht sein. Das Vertrauen ist so total wie zu Vater Wolfgang, wenn der zur Packung mit den Injektionsnadeln greift...