Elmshorn. Missy Maniacs aus Elmshorn werden überraschend Vize-Europameister. Unmittelbar vor ihrem Auftritt müssen sie ihr Programm umstellen

Was mögen wohl die Evolutionstheorie von Charles Darwin und modernes Cheerleading gemeinsam haben? Die Antwort haben die Elmshorner Missy Maniacs bei der Europameisterschaft in Heidelberg gegeben. Die 22 Mädchen im Alter von elf bis 15 Jahren haben bewiesen, dass Darwins Erkenntnis auch auf sie anzuwenden ist, dass nicht der Stärkste oder Intelligenteste langfristig Erfolg habe, sondern derjenige, der am anpassungsfähigsten sei. Ihrem Talent, sich schnell auf neue Bedingungen einzustellen, haben die Elmshornerinnen die Vize-Europameisterschaft im „Junior Cheer All Female“ zu verdanken.

Seit Oktober trainieren die Missy Maniacs ihr Programm

Die European Cheerleading Championship des Verbands ECA im Heidelberger Olympiastützpunkt ist die erste internationale Meisterschaft, an der die Schützlinge der Trainerinnen Anißa Nowak, Melina Wohlfeld und Nancy Kalkbrenner teilnehmen durften. Doch sie haben auch ohne Erfahrung auf der Weltbühne ihre Erfolgsserie 2019 unbeirrt fortgesetzt, nachdem sie im Mai bereits den deutsche Meistertitel eingeheimst haben. „Wir sind alle mehr als stolz auf die Leistung der Mädchen und ihrer Trainerinnen. Was für ein großartiger Tag“, sagt Susanne Wohlfeld, die Cheer­leading-Beauftragte der Maniacs.

Seit Oktober trainieren und perfektionieren die Mädchen ihre sogenannte Routine. Unzählige Übungsstunden, denen eine erste Präsentation im Dezember in Lübeck und dann im eigenen Haus die Generalprobe vor den Landesmeisterschaften folgten. Den anschließenden Landestitel und die nationale Meisterschaft hatten die Maniacs bereits ausgiebig bejubelt – und nun das!

Es ist der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte der Maniacs

„So einen Höhenflug haben wir noch nicht erlebt“, sagt Anißa Nowak. „Die Mädchen haben hier alle unserer Erwartungen weit übertroffen. Ich bin sprachlos und werde auch sicherlich noch den ein oder anderen Tag brauchen, bis es ankommt, dass wir Vize-Europameister geworden sind.“ Besser war nur der deutsche Mitkonkurrent, TKH (Turnklubb Hannover). „Ich habe mir deren Performance angeschaut; bis auf einen kleinen Patzer einwandfrei und anspruchsvoll; da ist Platz eins berechtigt“, erkennt die Trainerin neidlos an. Doch auch die Missy Maniacs und die Group­stunt Mighty Maniacs, ebenfalls amtierender deutscher Meister, lieferten einwandfreie und „drop-freie“ Programme ab.

Die Missy Maniacs mussten vor der EM den Twist Cradle (Foto) einstudieren; die bisher gezeigte Variante Prone Cradle entspricht nicht dem europäischen Regelwerk.
Die Missy Maniacs mussten vor der EM den Twist Cradle (Foto) einstudieren; die bisher gezeigte Variante Prone Cradle entspricht nicht dem europäischen Regelwerk. © Stefan Klappert

Und das, obwohl so manche Bewegung noch ungewohnt war. Grund: Das Regelwerk auf Europäischer Ebene ist deutlich limitierter, das Programm musste nach der DM angepasst werden. Am Meisterschaftstag selbst hieß es sogar, eine Pyramide kurzfristig umzubauen. Nowak: „Die Trainerin eines anderen Teams hatte uns gesagt, dass Cheer-Bauten mit ,Middlelayern‘, die das komplette Gewicht des ,Topflyers‘ tragen, verboten sind.“ Von dieser kurzfristigen Änderung nur eine Stunde vor dem Auftritt bekamen die Zuschauer aber nichts mit. Die Missies überzeugten mit einer fehlerfreien und ausdrucksstarken Performance. Das sah auch die Jury so und belohnte mit 207 Punkten, der höchsten Punktzahl der Missies in diesem Jahr.

„Aber bei den Mightys ist mir leider ein Regelverstoß durch die Finger gegangen“, beichtet Nowak leicht zerknirscht. „Die fünf Mädchen haben eine gehaltene Schraube als Übergang gemacht; das ist bei der ECC ein verbotenes Element. Der Regelverstoß hat uns zehn Punkte Abzug gekostet.“ Dennoch wurde es bei elf Startern noch Platz sechs. „Die Fünf haben ein so tolles und fehlerfreies Programm gezeigt und können stolz auf sich sein. Wenn die Punkte veröffentlicht werden, schauen wir natürlich trotzdem nach, wo wir hätten stehen können. Wir lernen draus, und so ein Fehler wird nicht wieder vorkommen“, sagt Nowak.

Das nächste Abenteuer steht schon an. Nach der Sommerpause werden sich die Trainerinnen Eltern und Team zusammensetzen und die Teilnahme an der WM am 23./24. November in Tagasaki/ Japan besprechen. Für die haben sich die Missies bereits bei der DM qualifiziert. „Wir werden einen Kostenplan erstellen und mögliche Zuschüsse prüfen. Sicherlich werden wir nur durch zusätzliche externe Förderung die finanzielle Belastung für die Teilnehmer gering und damit realisierbar halten können“, erklärt Susanne Wohlfeld. „Wir würden uns sehr freuen, wenn es Firmen oder Privatleute gibt, die diesen unglaublich anspruchsvollen Teamsport und die Maniacs unterstützen wollen.“