Groß Offenseth-Aspern. Der Brite Mark Holmes ist Schiedsrichter beim Turnier auf Gut Aspern. Der gefragte Profi lehrt Polo sogar an der Cambridge University

Mark Holmes hat es nicht leicht. Um ihn herum jagen acht Sportler auf ihren Polopferden im vollen Galopp über das Spielfeld auf Gut Aspern, sie haben nur ein Ziel: den Ball mit dem Rattan-Schläger ins gegnerische Tor zu schießen. Die Aufgabe des ebenfalls zu Pferde sitzenden Briten ist es, darauf zu achten, dass die Regeln eingehalten werden.

Mark Holmes (42) zählt zu den besten Schiedsrichtern in Europa.
Mark Holmes (42) zählt zu den besten Schiedsrichtern in Europa. © Melanie Mallon

Für diesen Job ist er prädestiniert wie kaum ein anderer. Holmes ist Poloprofi und seit Jahren einer der meist­gefragten Schiedsrichter in Europa; der 42-Jährige unterrichtet als Polocoach sogar an der ehrwürdigen Cambridge University in England. Veranstal­tungs-Gast­geber Christopher Kirsch (51), dreifacher Deutscher Polomeister und Eigentümer des 22 Hektar großen Polo-Paradieses Gut Aspern, hat Holmes extra aus England für den Bucherer High Goal Cup einfliegen lassen.

Der Bucherer High Goal Cup ist zweite von sechs Stationen der German Polo Tour

Das Turnier der höchsten Spielklasse ist nach Berlin zweite von sechs Stationen der German Polo Tour, die komplett von Kirsch und seinen Mitarbeitern ausgerichtet wird. Sieben Poloteams, jeweils vier Mann stark, kämpfen beim High Goal Cup an vier Tagen um den Wanderpokal. Hinzu kommt ein Länderspiel Deutschland gegen Argentinien. „Geld gibt es beim Polo nicht zu gewinnen, es ist allein eine Frage der Ehre“, sagt Christopher Kirsch.

Gespielt wird auf beiden Fullsize-Polofeldern, 280 mal 160 Meter und 260 mal 140 Meter groß, um den Rasen nicht zu sehr zu strapazieren. Nationale Spitzenspieler treffen auf internationale Cracks, die aus England, den Niederlanden und vor allem Argentinien kommen. Die Mannschaften sind so zusammengestellt, dass sie zumindest theoretisch alle die gleiche Chance auf einen Sieg haben.

Nach jedem Spielabschnitt werden die Pferde gewechselt. Sie stehen startklar am Spielfeldrand, die Assistenten verfolgen das Finale mit Hingabe.
Nach jedem Spielabschnitt werden die Pferde gewechselt. Sie stehen startklar am Spielfeldrand, die Assistenten verfolgen das Finale mit Hingabe. © Melanie Mallon

Auf dem Rasen offenbart sich das ganze Temperament. Die Spieler feuern sich an, schimpfen lauthals. Es gibt rasante Sprints, abenteuerliche Wendemanöver und schnelle, abrupte Stopps. Besonders mutige und nervenstarke Polopferde donnern bis zu 60 Kilometer pro Stunde schnell über den Rasen. „Dein Pferd will immer sein Bestes für dich geben“, sagt Mark Holmes. „Polo ist ein wenig, als ob man während eines Erdbebens Golf spielt. Es kommt viel mehr auf die korrekte Technik als auf Kraft an.“

Schiedsrichter Holmes ist immer dicht dran am Spielgeschehen

Schiedsrichter Holmes reitet mit seinem Pferd immer da, wo der Ball ist, er ruft Anweisungen, eine Pfeife hat er nicht. An seinem Sattel sind Lederköcher mit Spielbällen befestigt. Wenn der Ball ins Aus geschlagen wird, fischt Holmes mit seinem Schläger einen neuen aus dem Köcher und wirft ihn ins Spiel.

Bei keiner anderen Reitsportart kommen sich Pferde und Reiter so nah; deswegen passieren immer wieder Unfälle. Dieses mal trifft es das Bucherer-Team von Christopher Kirsch besonders hart: Der argentinische Weltklasse-Spieler Francisco Crotto stürzt spektakulär und kugelt sich die Schulter aus. Er will sie sich noch am Spielfeldrand wieder einrenken lassen, um weiterspielen zu können. „Francisco ist erst 23 Jahre alt und heiß auf den Sport“, sagt Christopher Kirsch. „Überhaupt sind die Argentinier härter im Nehmen, wenn es um Polo geht.“

Doch die Rettungssanitäter winken ab. Der Argentinier kommt mit dem Rettungswagen in das Elmshorner Krankenhaus. Dort wird ihm die angebrochene Schulter unter Vollnarkose eingerenkt. Teamkollege Sven Schneider (39) wird von einem Schläger am Kopf getroffen; die Platzwunde muss mit acht Stichen genäht werden.

Kirsch besorgt sich zwei Ersatzspieler. Doch weder die noch deren Pferde harmonieren optimal miteinander. Am Ende landet der Hausherr mit seinem Team auf dem siebten und damit letzten Platz, der Sieg im Bucherer High Goal Cup geht an das CSS-Team.

Auch im Länderspiel gibt es diesmal für Kirschs Team nichts zu holen

Eine weitere Schlappe muss der dreifache Deutsche Polomeister auch im Länderspiel hinnehmen. Zur Halbzeit führt Deutschland mit 3:1. „Doch dann haben die Argentinier noch mal richtig aufgedreht und uns 7:5 geschlagen“, sagt Kirsch.

Am kommenden Wochenende soll es bei der dritten Station der German Polo Tour, dem Berenberg Polo Derby in Hamburg, besser laufen.

Um dort wieder mitmischen zu können, lässt sich Francisco Crotto zurzeit vom Hamburger Unfallchirurgen und Sportmediziner Prof. Bernd Michael Kabelka behandeln. Zu dessen Patienten haben auch schon die Klitschko-Brüder und Steffi Graf gezählt. „Kabelka will Francisco mit einer speziell angefertigten Manschette fürs Spiel fit machen“, sagt Kirsch. „Ich hoffe, dass das funktioniert.“