Wedel. Basketball-Club muss Kinder nach Hause schicken, weil die Hallenkapazitäten in Wedel nicht ausreichen. Steinberghalle hat viele Mängel.
1981 wurde die Steinberghalle eingeweiht. Kleinere Probleme wurden beseitigt, doch wie der Zahn der Zeit wirklich an der Sportstätte des Johann-Rist-Gymnasiums nagt, die auch die Basketball-Teams des SC Rist Wedel nutzen, wird immer deutlicher. Die Clubvorsitzende Andrea Koschek (51) und der Jugendkoordinator Sven Schaffer (35) berichten im Abendblatt-Interview über die Hallenprobleme und wie sehr die derzeitige Situation den Verein belastet.
Die Wedeler Stadtverwaltung hat zugesagt, den Boden in der Steinberghalle Anfang Januar auszubessern. Wie akut ist beziehungsweise war die Gefahr, das Heimrecht für die Zweitliga-Spiele des SC Rist zu verlieren?
Andrea Koschek: Es gibt eine offizielle Verwarnung seitens der Liga vom 14. Oktober, nachdem die Schiedsrichter die Mängel in ihrem Spielberichtsbogen vermerkt hatten. Es gibt an zwei Stellen Unebenheiten auf dem Feld. Wenn nichts gemacht werden würde, müssten wir für die Heimspiele umziehen. In Wedel gibt es aber keine andere Halle, die den Liga-Vorgaben entsprechen würde. Die Halle müsste zum Beispiel mindestens 500 Zuschauern Platz bieten, die aktuellen Linien aufweisen oder die richtigen Korbanlagen haben.
Wäre der Umzug in die doch recht weit entfernte Halle des Kooperationspartners Hamburg Towers in Wilhelmsburg in diesem Fall tatsächlich die einzige Option?
Sven Schaffer: Es wäre sicherlich prinzipiell die einfachste, aber auch eine sehr teure Lösung. Es gäbe sicher auch noch andere geeignete Hallen, die näher dran wären. Das müsste man dann schauen.
Koschek: Die Halle müsste dann ja auch noch von der Liga abgenommen werden. Und das kostet auch Geld. Generell wäre ein Umzug einfach ein riesen Aufriss, weil wir ja auch unsere Vereinbarung mit den Sponsoren haben, die Rückforderungen stellen könnten, falls diese gebrochen werden. Dazu haben wir weniger Einnahmen durch Eintrittsgelder und beim Cafeteria-Verkauf, wenn weniger Leute kommen. Der ganze Mehraufwand würde uns bei den laufenden Kosten wie Spielergehältern und so weiter auch zu viel kosten. So zwischen 50.000 bis 70.000 Euro für eine halbe Saison. Und da bei uns in der Kalkulation wenig Spielraum ist, würde uns das schon extreme finanzielle Probleme bereiten.
Und mit der Ausbesserung ist es dann getan?
Koschek: Die Liga ist informiert, dass die Mängel am Boden ausgebessert werden. Aber im Ausschuss der Stadt habe ich auch schon gesagt, dass der Boden sich im März oder April wieder wellen könnte, falls es unter dem Boden feucht ist. In Wedel steigt ja überall der Grundwasserspiegel. Und dann stehe ich wieder im Ausschuss und fordere die nächste Ausbesserung. Eigentlich muss alles komplett saniert werden. Mit der ausfahrbaren Tribüne, die Rillen im Boden hinterlässt und einfach nicht mehr so top in Schuss ist, und einer defekten Lüftungseinheit, die es teilweise sehr warm werden lässt, wären wir bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von ein paar Hunderttausend Euro.
Der SC Rist hat knapp 600 Basketballer, darunter sind 23 Jugendteams, und dazu kommen circa 140 Cheerleader. Damit zählt er zu den zehn mitgliederstärksten Basketballclubs in Deutschland. Seit 2009 gibt es Forderungen nach einer neuen Halle oder einer Erweiterung am Steinberg, da die Halle komplett ausgelastet ist. Fühlt sich der Club von der Stadt nicht genug wertgeschätzt?
Koschek: Das glaube ich nicht. Die Wertschätzung ist nicht das Problem. Die Politiker wissen um unsere Probleme und würden sie auch wirklich gern lösen, aber sie wissen nicht wie. Es gibt hier einfach gerade sehr viele ,Baustellen‘ gleichzeitig. Sei es nun der Bau einer Kita oder der Unterstufentrakt am Rist-Gymnasium, der baufällig ist. Die Turnhalle der Albert-Schweitzer-Schule muss saniert werden, die Sporthalle der Moorwegschule haben sie gerade saniert. Es gibt viele Beispiele von Projekten, die Geld kosten. Und da wird im Spannungsfeld zwischen Politik und Verwaltung mit den finanziellen Möglichkeiten und auch dem Handwerkermangel eben priorisiert und geschoben. Aber klar, wir weisen schon sehr lange auf die Probleme hin und werden es auch weiter intensiv tun. Und für uns ist klar, dass spätestens 2020 hier Handlungsbedarf besteht.
Wenn Geld keine Rolle spielen würde, was wäre denn die Idealvorstellung?
Schaffer: Eine Komplettsanierung dieser Halle mit einem Erweiterungsbau in Form einer großen Drei-Feld-Halle, dort wo momentan noch die Notunterkünfte stehen. Der Platz wäre da.
Der Bebauungsplan, der an dieser Stelle feste Notunterkünfte für Wohnungslose vorsieht, liegt gerade erneut auf Eis?
Koschek: Ja. Das ist erst einmal auf Druck von uns geschehen. Ursprünglich war das städtische Nachbargrundstück für eine Erweiterung der Steinberghalle vorgesehen. Dann wurde das kurzerhand geändert. Durch eine Umstrukturierung und Umbau der jetzigen Unterkünfte könnte man vermutlich auch auf diesen Standort am Steinberg verzichten. Im September wurde nun beschlossen, die Planung bis April 2019 auszusetzen. Die Planungskosten tauchen allerdings schon wieder im Haushaltsentwurf des kommenden Jahres auf. Außerdem soll es eine Sportentwicklungsplanung geben. Im Januar sind alle Vereine aus Wedel eingeladen, ihre Wünsche zu äußern. Sportentwicklungsplanung ist aber ein längerer Prozess. Daher sehe ich innerhalb der nächsten vier Jahre hier keine Entlastung sprich keinen Hallenneu- oder -anbau
Ist es derzeit so, dass der Club talentierte Kids nicht aufnehmen kann?
Schaffer: Wir möchten gern mehr Kinder aufnehmen, können es aber wegen der der fehlenden Hallenkapazitäten nicht. Wir haben zum Beispiel gerade sechs Teams im Altersbereich U8 bis U14, in denen keine Plätze mehr frei sind. Wir müssen Kinder leider nach Hause schicken und auf die Warteliste. Dafür haben die Eltern dann nachvollziehbarerweise oft kein Verständnis.
Der SC Rist nutzt die Steinberghalle, sporadisch die kleine Halle am JRG-Gymnasium, die Rudolf-Breitscheid-Halle und vermutlich bald wieder auch teilweise die Halle der Moorwegschule. Reicht das nicht aus?
Schaffer: Nein, das reicht nicht aus. Jede Hallenzeit, die wir bekommen können, hilft uns weiter. Und dann nutzen wir in den Hallen quasi jeden Zentimeter, teilweise mit zwei Jugendteams auf einem Drittel. Ich frage auch alle zwei, drei Wochen bei der Verwaltung nach, ob noch was frei ist. Ich bin mir bewusst, dass wir da im Vergleich zu anderen wohl die Nervigsten sind. Würden unser Pro B-Team und die zweiten Herren nicht ein- bis zweimal die Woche in Wilhelmsburg trainieren, wäre die Lage noch schwieriger.
Es ist ja nicht nur das Training ...
Schaffer: Nein, wir haben insgesamt fast 30 Teams, die am Spielbetrieb teilnehmen. Und da ist es dann auch schwierig, allen gerecht zu werden. In der Konsequenz müsste man dann einige Mannschaften abmelden.
Koschek: Wir sind derzeit absolut am Limit. Da geht gar nichts mehr. Das wird sich, solange es keine neue Halle gibt, auch nicht ändern. Da müssen wir eben haushalten. Und das kennen wir ja seit zehn Jahren nicht anders.
Wie soll der Spagat zwischen Leistungssport und Breitensport denn gelingen?
Koschek: Leistungssport ist uns wichtig, und wir müssen da auch investieren, um überhaupt bundesweit mithalten zu können oder überhaupt wieder heranzukommen. Aber wichtig ist uns die Balance aus beidem. Im Notfall wird schon jetzt den Breitensportteams ein Trainingstag genommen, weil die Jugendteams bei den Jungen und Mädchen konkurrenzfähig werden sollen. So ist es eben leider aufgrund der begrenzten Hallenzeiten und, das kommt auch nicht bei jedem gut an. Der Club hat sich mit der Schaffung dreier hauptamtlicher Stellen sehr professionalisiert – das kommt sowohl dem Breiten- als auch dem Leistungssport zugute. Gern würden wir uns noch weiterentwickeln.