Elmshorn. Der 16 Jahre alte Barmstedter erhält ein Vollstipendium an einer renommierten US-Highschool. Anfang September beginnt das Abenteuer.

Fußball ist seit jeher hierzulande die Lieblingssportart, vor allem von Jungen. Der Barmstedter Erik Bockisch (16) stand in seiner Heimatstadt sieben Jahre für den Barmstedter MTV auf dem Feld – aufgrund seiner eher stämmigen Figur wurde er jedoch größtenteils im Tor eingesetzt und „ab und zu“ im Mittelfeld.

Vor drei Jahren wechselte er, angespornt von Youtube-Videos, etwas frustriert zum American Football und fand im Jugendteam der Elmshorn Fighting Pirates auf Anhieb eine Rolle, die ihm wie auf den Leib geschneidert ist. Denn in diesem Teamsport sind alle erdenklichen Körperformen gefragt.

Sein erster Jugendtrainer Julian Pelka habe ihm nach dem dritten Training gesagt, dass er das Zeug für die USA habe. Schließlich lehrt der heute 1,92 Meter große und 135 Kilo schwere Jungspund den Gegenspielern oft das Fürchten. „Auf dem Feld musst du böse sein. Nach dem Spiel ist dann aber alles vergessen und man reicht seinem Gegenspieler die Hand“, sagt Bockisch, der als Left Tackle in der Offensive Line (siehe Info-Kasten) aufläuft.

Bockisch schuftet hart, damit andere glänzen können

Dass er quasi die Drecksarbeit erledigen muss, damit andere im Angriff glänzen können, stört ihn nicht: „Ich steh generell nicht so gern im Mittelpunkt. Als OL-Spieler habe ich jeden Touchdown vorbereitet. Wenn der Trainer mich lobt, reicht mir das“, sagt Bockisch, der seinen Realschulabschluss (Durchschnittsnote 2,3) an der Gottfried-Semper-Schule (Grund- und Gemeinschaftsschule Barmstedt) absolviert hat. Zuletzt beeindruckte er aber nicht nur den eigenen Trainer Markus Schwarz, der die Young Pirates (U16) trainiert. Im Sommer 2017 nahm er in Landsberg (Bayern) am „Gridiron Imports“-Camp vom deutschen Ex-NFL-Profi Björn Werner teil. Dieser hatte zuvor den Pirates-Akteur Neville Krüger in die Staaten vermitteln können und erkundigte sich nach weiteren interessanten Talenten in Elmshorn. Bockisch räumte als 15-Jähriger bei diesem Camp nach einem Tag Anlaufschwierigkeiten anschließend im Eins-gegen-Eins alle ein bis zwei Jahre älteren Spieler locker aus dem Weg. Auch bei der Altersgruppe der 17 bis 19-Jahre alten Footballern rang Bockisch „ein Drittel“ der Gegner nieder. Damit beeindruckte er die anwesenden Coaches aus dem Mutterland dieses Sports.

Bockisch legte ein Online-Profil mit Videoszenen von Spielen an – von über 20 interessierten Schulen kristallisierte sich nach einigen Skype-Konferenzen mit den Verantwortlichen und Tipps von Werner zwei Schulen als Favoriten heraus: Am 2. September beginnt nun der USA-Aufenthalt an der Salisbury Highschool (US-Bundesstaat Connecticut). Zunächst ist das Vollstipendium an einer der teuersten Privatschulen des Landes auf ein Jahr befristet. Der Einser-Englisch-Schüler wiederholt dort die 10. Klasse. Der berufliche Traum ist die Profi-Liga NFL, Plan B eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker.

Spieler in der Offensive Line brauchen einen explosiven Antritt, viel Kraft, müssen aber auch beweglich bleiben. Den Young Pirates fehlt damit künftig ein echter Eckpfeiler. „Erik ist ein super Typ und ein echter Teamplayer mit Talent und Ehrgeiz“, lobt Headcoach Markus Schwarz.

Überzeugt er, bleibt er bis zu drei Jahre an der Highschool

Bei guten schulischen Leistungen und sportlichen Auftritten verlängert sich das USA-Abenteuer an dieser Schule auf bis zu drei Jahre. „Je näher der Tag der Abreise kommt, desto aufgeregter werde ich“, gibt er zu. Momentan wird an sechs Tagen der Woche am Elmshorner Koppeldamm, im Fitnessstudio oder bei Waldläufen an Kondition und Kraft arbeitet, um bei den sportbegeisterten Amis sofort mithalten zu können.

„In der ersten Woche gibt es dort täglich drei Trainingseinheiten. Ich bin nicht so der Heimweh-Typ, aber ich glaube, da fall ich einfach nur todmüde ins Bett und hab keine Zeit mir Gedanken zu machen“, sagt Bockisch. Die Eltern sind wegen des nahenden Abschiedes ihres Sohnes schon wehmütig, aber gleichzeitig begeistert von der sich bietenden Chance. 16 Jahre wurde ihr Sohn darauf vorbereitet, das Leben irgendwann in eigene Hände zu nehmen. „Ich hoffe, dass er seine Erfahrungen nutzt, um auch künftig immer wieder das zu tun, was er sich vornimmt. Das tröstet mich bei dem Gedanken, dass ich das Ganze erstmal nur aus der Ferne betrachten kann“, erzählt die stolze Mutter Birgit.

Dass Erik diesen Weg aufgrund der auf der Hand liegenden Vorteile unbedingt wahrnehmen müsse, steht für Vater Ralph außer Frage: „Aber ich kann ihn nicht so leicht mal eben sehen und wir können auch nicht mehr gemeinsam zum Sport.“ Der frühere Bodybuilder trainiert regelmäßig mit seinem Sohn.

Erik Bockisch ist froh, dass endlich fast alle Formalitäten erledigt sind und der Trip bald beginnen kann. „Selbst wenn ich in einem Jahr wieder hier sein sollte, kann mir doch keiner diese ganzen Erlebnisse nehmen“, sagt er mit typisch norddeutscher Abgeklärtheit.