Groß Offenseth. Bucherer High Goal Cup wird ein Jahr nach quarantänebedingter Absage zum Erfolg. Unfall geht trotz Hubschraubereinsatzes glimpflich ab
Die Hufe donnern über das Spielfeld, mit Tempo 60 jagen die Polo-Ponys und ihre Reiter dem kleinen Ball hinterher, der bis zu 130 Kilometer pro Stunde schnell zum gegnerischen Tor geschlagen wird – das Polo-Turnier auf Gut Aspern ist ebenso rasant wie spannend. Die Spieler schenken sich nichts, um jeden Ball wird hart gekämpft. Es geht nach links, nach rechts, mit engen Wendungen, mit akrobatischen Kampfszenen.
Fünf Mannschaften mit jeweils vier Top-Spielern aus Südafrika, England, Holland, Spanien, Italien, Argentinien und Deutschland treten beim Bucherer High Goal Cup gegeneinander an. Es ist die höchste Spielklasse im Polosport. Gastgeber ist Christopher Kirsch, Eigentümer des 22 Hektar großen Areals, Turnierchef und das Herz des Bucherer-Teams.
Wie alle anderen Spieler auch trägt der 50-Jährige einen Schutzhelm in der traditionellen Form eines Tropenhelms, die Beine und Kniegelenke werden mit Schonern aus schwerem Leder geschützt. Der Spezialsattel bietet besonders viel Bewegungsfreiheit und ist mit einem Sicherheitsgurt ausgestattet.
Der Schweif des Polopferdes ist geflochten, damit sich der äußerst biegsame Schläger aus Rattan beim Ausholen nicht verfängt, deshalb ist auch die Mähne geschoren. Bandagen und Gamaschen umschließen die Pferdebeine. Ein Brustgurt unterstützt die präzise Lenkung des Pferdes.
„Vamos caracho“, mit Druck nach vorn, feuert ein Argentinier am Rand des 280 mal 160 Meter großen Spielfeldes das Team Bucherer an. Gespielt wird viermal 7,5 Minuten; nach jedem Viertel wechselt Christopher Kirsch das schweißnasse Pferd, indem er sich von Sattel zu Sattel schwingt, ohne den Boden zu berühren.
Die Pferde sind nicht nur fast so schnell wie Galopper, sie sind besonders wendig – und enorm nervenstark. Zwei Drohnen kreisen surrend über dem Spielfeld, ständig startet und landet ein Helikopter neben dem Platz für Rundflüge, der massive Körperkontakt mit den Artgenossen – ein Spring- oder Dressurpferd würde in Panik geraten.
Christopher Kirschs Teams kassiert im Finale plötzlich zwei Strafstöße. „Zwei Elfmeter 30 Sekunden vor dem Ende, das ist ärgerlich“, sagt Kapitän Kirsch, der nun gegen das CSS-Team mit 5,5 zu 6 verliert. „Das ist die hanseatische Art, am Ende lässt man den Gästen den Vortritt“, sagt Kirsch schmunzelnd.
Überschattet wird das Turnier vom schweren Sturz des Mannheimers Maximilian Singhoff, der das Gleichgewicht verliert und so unglücklich fällt, dass der Notarzt den Rettungshubschrauber anfordert. Der transportiert den 28-Jährigen ins Universitätsklinikum Eppendorf. Dorthin fährt am Abend auch Christopher Kirsch, um seinem Freund beizustehen. „Max hat sich zum Glück nichts gebrochen, hat aber Aussetzer“, sagt Kirsch. „Er kann sich weder ans Turnier, noch an Sturz oder Hubschraubertransport erinnern. Heute fährt Max im Zug nach Heidelberg für weitere neurologische Untersuchungen.“
Insgesamt haben rund 3000 Zuschauer den Bucherer High Goal Cup gesehen, die vierte von sechs Stationen der German Polo Tour; ein großer Erfolg nach der Pleite vom vergangenen Jahr. Da musste Kirsch das Poloturnier absagen, weil auf Gut Aspern die Pferdeseuche EIA ausgebrochen war. Infiziert hatte sich die Zuchtstute Calita, die 14-Jährige wurde eingeschläfert.
„Das war ein herber Rückschlag, auch finanziell“, sagt Kirsch. „Wir standen komplett ohne Einnahmen da.“ Hinzu kam eine steuerliche Nachforderung, und ein Großsponsor sprang ab. Drei Monate lang stand der Hof unter Quarantäne. In der Folge musste der Gutsbesitzer drei seiner damals acht Mitarbeiter entlassen. Mittlerweile hat Kirsch zwei weitere Pferdepfleger eingestellt, insgesamt vier Argentinier betreuen die 17 Pferde in Kirschs Stall.
In München und Berlin endet in diesem Jahr die Saison
„Nun geht der Blick wieder nach vorn“, sagt der 50-Jährige. Am 13. Juli spielt Kirsch in Holzkirchen bei München beim fünften Turnier der Germann Polo Tour gemeinsam mit seinem Freund, dem Film- und TV-Schauspieler Heino Ferch (54); am 31. August folgt das Finale in Berlin. „Für beide Turniere habe ich auch Maximilian Singhoff als Teamkollegen eingeplant“, sagt Kirsch. „Wir hoffen alle, dass er bis dahin wieder völlig gesund ist.“