Tornesch. Die jungen Wilden müssen beim Championat im Kreis Pinneberg viele gute Eigenschaften zeigen. Doch oft entscheidet der erste Eindruck

Der Catwalk für die 200 Fohlen ist eröffnet, Züchter und ihre Helfer haben alle Hände voll zu tun, denn nun wird in ganz Schleswig-Holstein der Pferdenachwuchs registriert und eingetragen – eine Verwechslung ist damit ausgeschlossen. Für den Kreis Pinneberg stehen neun Termine und Stationen zur Auswahl.

Der Kieler Thomas Nissen, Zuchtleiter des Holsteiner Verbandes, hat mit seinem Team alles im Blick. In der Holsteiner Pferdesportregion kennt Nissen jeden Zuchtstamm und alle Mutter­linien. Drei Richter schauen sich den Nachwuchs auf der Suche nach dem nächsten Topmodel unter den Holsteiner Fohlen sehr genau an.

Zunächst werden die Stuten mit dem Nachwuchs präsentiert, zu den Richtlinien zählen: Haltung, Kopf, Blick, Rückenlinie, Beine, Ausdruck – und dann geht es um den Bewegungsablauf. „Fohlen, die erst sechs Wochen alt sind, können sich noch nicht so ausbalancieren und galoppieren an der Mutter­seite“, sagt Nissen. „Hier entscheiden wir nach Typ und Ausdruck, da ein älteres Fohlen klar im Vorteil ist.“

Für Einzelzüchter geht die Tour des Fohlenchampionats zum Beispiel zu internationalen Springreitern wie Rasmus Lüneburg in Hetlingen, oder zum Derbysieger Sören von Rönne und seiner Ehefrau Charlotte in Neuendeich oder zur Hengststation Haselau. Es sind Sammelpunkte für den Schenkelbrand im Körbezirk Pinneberg. Fohlen werden weltweit mit dem Stempel des jeweiligen Zuchtverbandes gekennzeichnet. Ein Mikrochip wird zudem – nicht ganz unblutig – in die Schulter implantiert. Die Abstammung ist somit digital erfasst, der Chip ist eine Art Personal­ausweis.

Nach dem ersten Schaulaufen geht es in eine Box. Hier bekommen die Fohlen das Markenzeichen der Holsteiner, ein Brandzeichen mit der sogenannten Lebensnummer – Experten nennen das den Schenkelbrand. „Wenn sich später Pferdenamen ändern, können wir mit der Lebensnummer und der Abstammung das jeweilige Pferd aus allen Ländern der Welt immer wieder zuordnen. Die DNA wird zusätzlich in einem zentralen Institut hinterlegt“, erklärt Zuchtleiter Thomas Nissen.

An Chip und Schenkelbrand scheiden sich die Geister

Kritiker bemängeln hingegen, der Chip im Pferd könne zu wenig, so sind Auslandsaufenthalte nicht erfasst. Die können im Zuge der Globalisierung und der Seuchengefahr wichtig werden. Tierschützer haben noch eine ganz andere Sichtweise, wenn es um den Schenkelbrand geht; sie stufen die Prozedur als Tierquälerei ein. Auf das Holsteiner Brandzeichen möchten die Züchter nicht verzichten, es dient als Qualitätsmerkmal. Es ist wie bei Autos: Ein Mercedes ohne Stern oder ein Audi ohne vier Ringe wären undenkbar.

Für das Finale des Fohlenchampionats in Tornesch-Ahrenlohe haben sich von den insgesamt 200 Jungtieren acht Hengste und sieben Stuten nach der ersten Präsentation qualifiziert. Das große Schaulaufen ist für Züchter und die vielen Pferdeinteressierten vor Ort ein Highlight, obwohl Tendenzen nur grob erkennbar sind. „Es sind hier Momentaufnahmen, eine tiefgreifende Beurteilung der maximal vier Monate alten Fohlen ist schwer. Der erste Eindruckt zählt“, sagt Zuchtleiter Thomas Nissen.

Für Züchter Bernd Mohr aus Ellerhoop geht der Stress nun richtig los. Drei seiner Nachwuchsfohlen haben sich für das Championat qualifiziert, eigentlich ist es mit dem sieben Minuten langen und vier Kilometer weiten Weg kein Ding – eigentlich.

Die erfahrenen Stuten zu verladen ist einfach, die Fohlen sind schon schwerer zu bändigen; sie haben Flausen im Kopf. Bevor es in den Lkw geht, wird gespielt und getobt, alle kennen sich aus der Mutter-Kind-Gruppe. Auf dem Lkw poltert die Jugend herum. „Wir haben eine kleine Verzögerung, der Züchter Bernd Mohr kommt mit drei Fohlen und den Mutterstuten, wir bitten um etwas Geduld“, sagt Ute Lill-Bonnhof, Erste Vorsitzende der Zuchtleitung im Kreis Pinneberg.

Eigentlich soll das Fohlen brav an der Mutterseite mitlaufen, aber je nach Typ und Temperament gehen die gerne mal auf Erkundungstour oder schauen sich die Artgenossen mal an. Bocken, Rennen und Toben gehören zum Programm. Am Ende gibt es zwei Top-Models unter den Fohlen, die alle noch keinen Namen haben: das Stutfohlen der Stute Devils Bride aus dem Kreis Harburg und das Hengstfohlen der Stute Lea aus Klein Offenseth.