Elmshorn. H. Börger & Co. steht unter vorläufiger Insolvenzverwaltung. Wer das auf Oberflächentechnik spezialisierte Unternehmen nun retten soll.
Es mag ein wenig paradox klingen. Klaus Pannen aus Elmshorn und seine Sozietät genießen bundesweit einen hervorragenden Ruf; und doch verheißt es für die Firmen, in deren Sinne er und seine Partner tätig werden, erst einmal wenig Gutes, dass er in Aktion tritt. Denn wenn der Fachanwalt für Insolvenzrecht ins Boot geholt wird, dann ist dieses in der Regel böse Leck geschlagen und im Sinken begriffen.
Nun die Gute Nachricht. Schon oft hat die Sozietät Dr. Pannen finanziell in Schieflage geratenen Unternehmen wieder zurück in wirtschaftlich ruhigeres Fahrwasser verholfen. Und seit dem Beschluss des Pinneberger Amtsgerichts vom 27. Mai sollen diese Spezialisten als vorläufige Insolvenzverwalter jetzt ein in seiner Branche weltweit marktführendes Unternehmen aus Elmshorn vor der ganz großen Havarie retten. Für die H. Börger & Co. GmbH geht es um die Existenz und den Erhalt von rund 30 Arbeitsplätzen.
Die Elmshorner Firma ist hochspezialisiert im Bereich der Oberflächentechnik
Die in Elmshorn ansässige Gesellschaft ist seit über 30 Jahren im Anlagenbau tätig und dabei hoch spezialisiert im Bereich Oberflächentechnik. Entwicklungen der H. Börger & Co. GmbH gelten als marktführend bei Pulverbeschichtungsanlagen. Das Unternehmen agiert weltweit und beliefert unter anderem Kunden der Automobilbranche in Deutschland, China und Mexiko.
Ulf Kleineidam blickt nicht ohne Stolz auf ein Arbeitszeugnis der Produkte seiner Firma. Hier in den Geschäftsräumen in der Fritz-Straßmann-Straße steht im Besprechungsraum eine Reifenfelge als Ausstellungsstück – groß und dabei edel schwarz schimmernd. „Die ist von einem mexikanischen Hersteller und durch unsere Anlage mit ihrer Pulverbeschichtungstechnik veredelt und in dieses schwarze Finish gebracht worden“, sagt der Geschäftsführer der H. Börger & Co. GmbH, Sohn von Firmengründer Wilhard Kleineidam.
Viele Faktoren haben in der Summe H. Börger & Co. in Schieflage gebracht
Auf vielen Ebenen ist die H. Börger & Co. GmbH im Bereich der Oberflächentechnik innovativ und am Weltmarkt das Maß der Dinge. Aber wie kann ein so etabliertes Unternehmen mit unbestreitbarer Expertise in Schieflage geraten? Zeit für den Wechsel der Bildsprache von der Schifffahrt hin zum Fußball. „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu“, lautet eine vielfach zitierte und nicht unpassende Redensart rund ums Kunstleder.
„Wir sind in den letzten Jahren vermehrt in den Anlagenbau eingestiegen, haben also nicht Einzelmaschinen, sondern recht komplexe, anspruchsvolle Gesamtanlagen an die Kunden geliefert“, erläutert Ulf Kleineidam. „Im Zuge der Pandemie sind diese Aufträge nach hinten verschoben worden, sodass dann drei Großaufträge parallel in die Bearbeitung gekommen sind. Das war nur sehr schwer zu bewerkstelligen.“
Zu viele gleichzeitige Aufträge verursachen Kosten, bringen aber nichts in die Kasse
So entstanden aus Projekten heraus Kosten, die nicht mehr durch Einkünfte gedeckelt waren. Eine Situation, die noch verschärft wurde „durch eine extrem hohe Krankheitsquote nach 2022, sodass es weitere Verschleppungen gab“, blickt Kleineidam zerknirscht auf die vergangenen Monate zurück.
In denen hatten sich außergewöhnliche Pannen aneinandergereiht bis hin zum durch einen Motorradunfall bedingten, mehrwöchigen Ausfall eines Schlüsselmitarbeiters. „Damit nicht genug hat uns dann auch noch in diesem Frühjahr eine Cyberattacke getroffen, ironischerweise durch unseren IT-Anbieter hineingetragen. Da ging zwei Wochen lang in der Produktion nichts mehr.“
Zwei Jahre Corona-Pandemie sind eine Hauptursache der Krise
Als die Firmenleitung unter Entscheidungsdruck geriet, weil die Kunden – teilweise Großkonzerne – nur begrenzt Verständnis für die Probleme ihres Zulieferers aufbringen konnten, „sind dann auch auf unserer Seite einige Dinge gelaufen, die wir hätten anders regeln müssen“, bilanziert Kleineidam selbstkritisch. „So haben sich dann widrige äußere Umstände wie zwei Jahre Pandemie, viele Pannen und einige Fehler aufsummiert.“
- Insolvenzverwalter rettet 60 Arbeitsplätze in Quickborn
- Corona-Krise zwingt Strunk Busreisen in die Knie
- Neuer Investor kauft ehemaliges Hatlapa-Gelände in Uetersen
Um weitermachen zu können, muss die H. Börger & Co. GmbH Investoren für sich interessieren und damit frisches Geld in den Betrieb holen. Einsatz für Pannen und Partner: „Ich bin zuversichtlich, dass die Restrukturierung und Sanierung des Unternehmens gelingen wird“, sagt Klaus Pannen. „Das Unternehmen hat starke und dauerhafte Geschäftsbeziehungen. Zudem verfügt die H. Börger & Co. GmbH über innovative Ingenieursleistungen, die die Nachfrage nach den Produkten des Unternehmens konstant hält.“
Der Geschäftsführer setzt alle Hoffnung in die Erfahrung von Klaus Pannen
Optimismus, der auch Ulf Kleineidam Mut macht. „Wir sind sehr froh, dass wir Herrn Pannen als vorläufigen Insolvenzverwalter bekommen haben. Gerade auf dem Gebiet der Investorensuche hat er mit seiner Kanzlei Erfahrungs- und Erfolgswerte, die uns den Rücken frei halten, um derweil unser Tagesgeschäft sauber fortzusetzen.“
Aber die Uhr tickt; viel Zeit bleibt dem erhofften Retter nicht, um die angeschlagenen Elmshorner mit Frischgeld zu versorgen. Ende Juli braucht es den berühmten Silberstreif am Horizont, damit es nicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt.