Pinneberg. In den USA ist um das Geschicklichkeitsspiel bereits ein riesiger Hype entstanden. Worauf es bei dem sportlichen Kräftemessen ankommt.

Jörn Timm musste zwangsläufig lächeln, als er kürzlich in den Medien von einem heiß diskutierten Comeback hörte. Stefan Raab plant seine Rückkehr in die Showbranche. Anschließend dauerte es nicht lange, bis der 65 Jahre alte Sportler des SuS Waldenau und ein Teil alter Clubkameraden eine Menge Gesprächsstoff fanden.

Der heute 57 Jahre alte Raab, langjähriger TV-Entertainer und erfolgreicher Fernseh-Moderator mit Kultstatus, der sich 2015 bei „TV total“ mit 49 Jahren aus der Branche zurückgezogen hatte, möchte nun doch noch einmal medial in Erscheinung treten. Am 14. September will er zum dritten Mal nach 2001 und 2007 zu einem Showkampf zwischen die Ringseile klettern und gegen Ex-Profiboxerin Regina Halmich (47) antreten. Gegen diese hatte er beide Male verloren.

„Schlag den Raab“: Der Moderator stellte Cornhole schon 2011 vor

Man mag sich natürlich fragen, was Jörn Timm mit Stefan Raab zu tun hat. Um darauf eine Antwort zu erhalten, hilft ein Blick zurück in das Jahr 2011. An jenem Sonnabend verfolgte der in Schenefeld wohnende Timm wie auch einige seiner Sportkameraden am TV die beliebte Fernseh-Spielserie „Schlag den Raab“. Die verzeichnete damals erstaunlich hohe Einschaltquoten.

Das Grundprinzip beim Cornhole ist ganz einfach: Das Eckige muss ins Runde!
Das Grundprinzip beim Cornhole ist ganz einfach: Das Eckige muss ins Runde! © Karsten Jaeger | Karsten Jaeger

Auch die Zuschauer aus dem Kreis Pinneberg guckten gebannt zu und ließen sich vor allem animieren. Bei der einmal mehr turbulenten Unterhaltungssendung, gestaltet aus einem Mix von Sport, Wissen und Wagemut, wurde auch das zu der Zeit noch unbekannte Geschicklichkeitsspiel Cornhole präsentiert.

Eine Hallensportart, die auch im Freien gespielt werden kann

Jörn Timm hatte genug gesehen. Zwei Jahre später kam es in der hiesigen Region zur Geburtsstunde eines ungewöhnlichen Hobbys („Sackloch“) mit Nischensportcharakter, wie viele glaubten. Beim überwiegend in Hallen ausgeübten Cornhole geht es darum, verschiedene, etwa 400 Gramm leichte, mit Granulat oder Futtermais gefüllte Säckchen auf jeweils rund acht Meter entfernte kleine oder größere Holzbretter („Boards“) zu werfen und möglichst in einem runden Loch zu versenken.

Die Spielregeln beim Cornhole

Bretter: Die Boards haben in der international anerkannten Variante (Longboards) die Abmessungen 120 x 60 Zentimeter. Die Deutsche Cornhole Organisation (DCO) trägt ihre Turniere auf Basis dieser Version aus, während der Spielbetrieb des Deutschen Cornhole Verbandes (DeCoV) auf dem kleineren Format (90 x 60 Zentimeter) ausgetragen wird.

Allgemeine Spielregeln: Die Bretter stehen 8,20 Meter voneinander entfernt. Das gilt für Einzelwettbewerbe als auch für Doppelpartien. Teilnehmer positionieren sich jeweils links und rechts in der sogenannten Pitchers Box, die sich neben der Cornhole-Plattform der jeweiligen Gegner befindet. Jeder Spieler wirft auf die gegenüberliegende Plattform je vier Säckchen, die entweder mit Futtermais (Shortboard) oder mit Granulat aus Kunststoff (Longboard) gefüllt sind. Bei Doppel-Konkurrenzen werden die Regeln vom Einzel übernommen. Eine Begegnung läuft mit vier Akteuren, die jeweils Zweierteams bilden.

Punkte und Ablauf: Die etwa 400 Gramm schweren bunten Säckchen, die nach dem Wurf – ohne den Boden zu berühren – auf dem jeweiligen Board liegen bleiben, werden mit einem Punkt belohnt. Ein Säckchen, das in das Loch fällt, bringt drei Punkte. Jedoch können auch Zähler verloren gehen, sollte ein Akteur ein Säckchen des Gegners unbeabsichtigt von der Plattform schieben. Außerdem kann ein Bag, das auf dem Board liegt, mithilfe eines anderen Säckchens ins Loch manövriert werden. Säckchen, die auf dem Brett liegen, aber gleichzeitig den Boden berühren, sind ungültig und werden sofort entfernt.

Wertung: Bei der Wertung gibt die laufende Punktedifferenz den Ausschlag. Der Spieler, der als erster 21 Zähler erzielt, hat den Satz gewonnen. Bei Satzausgleich ist am Ende derjenige Sieger, der zuerst zwei Durchgänge für sich entscheidet.

Ansprechpartner beim SuS Waldenau: Kontakt und Infos gibt es unter cornhole@sus-waldenau.de

Die Regelkunde ist eigentlich einfach. Bleibt eines der „Sportgeräte“ auf dem Board liegen, ist ein Punkt erzielt. Fällt jenes bestenfalls gleich ins Loch, sind drei Punkte „im Sack“.

Jörn Timm weiß Genau zielen ist alles.
Jörn Timm weiß Genau zielen ist alles. © Karsten Jaeger | Karsten Jaeger

Die Boards messen 90 x 60 cm (kleines Brett) bzw. 120 cm (großes Brett). Inzwischen gibt es alljährlich sogar deutsche Meisterschaften, die am 8. und 9. Juni in Berlin (Einzel und Doppel) beziehungsweise am 16. November in Kaltenkirchen (Mannschaftswettbewerb) über den Hallenboden gehen.

Die Waldenau sind im Juli Gastgeber der German Cornhole Serie

Außerdem gibt es eine German Cornhole Serie, die aus drei Turnieren besteht. Die Waldenauer richten am Sonnabend, 13. Juli, das zweite Turnier der Serie in der Halle Nieland aus. Bereits an diesem Sonnabend, 20. April, fahren sechs SuS-Aktive zum ersten Bundesliga-Teamwettkampftag nach Hundsmühlen (Landkreis Oldenburg).

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„Wir empfinden es als nicht unbedingt schlimm, hin und wieder mitleidig belächelt zu werden und fühlen uns auch nicht ins Abseits gedrängt“, erklärt Jörn Timm, der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Cornhole Verbandes. Er hat einen guten Überblick über die Entwicklung der neuen Trendsportart. Und er ist sich sicher: „Cornhole wird in Deutschland beliebter, man darf gespannt sein.“

Cornhole wurde bereits im 14. Jahrhundert in Deutschland gespielt

Die Cornhole-Historie ist noch kaum bekannt. Der wahre Ursprung des Spiels ist zudem schwer rekonstruierbar. Einige Erkenntnisse deuten aber darauf hin: Der Sport wurde in Deutschland erstmals im 14. Jahrhundert betrieben und im l vergangenen Jahrhundert in Ohio (USA) wiederentdeckt. Zeitzeugen behaupten, dass Indianer des Blackhawk-Stamms nahe Illinois einst einen ähnlichen Sport wie Cornhole betrieben. Mittlerweile entsteht vor allem in den USA ein riesiger Hype, darunter auch im Internet.

Noch einmal ein Blick zurück ins Gründungsjahr 2013, als der Betrieb in der Region Tempo aufnahm. „Anfangs starteten wir noch für die Sportgemeinschaft Cornhole Kreis Pinneberg“, sagt Jörn Timm, der bei Blau-Weiß 96 in der Tischtennis-Herrenmannschaft spielt. Später ging es beim SC Pinneberg mit Kursen weiter, danach bei Blau-Weiß. 2017 fanden die Cornhole-Begeisterten beim SuS Waldenau eine Heimat auf Dauer.

Es kommt vor allem auf die Koordination zwischen Hand und Auge an

Die Mitgliederzahl verläuft im Pinneberger Vorortverein im Moment leider etwas zögerlich. Im Schnitt trifft sich nur eine relative kleine Schar von Aktiven zum Training, während bei Turnieren wesentlich mehr Andrang herrscht. „Ich spüre insgesamt, dass die Resonanz steigt“, sagt Sven Jeromin.

Der Abteilungschef bestärkt diejenigen, die vielleicht noch zögern, aktiv zu werden: „Man sollte sich nicht entmutigen lassen, auch wenn ein Wurf mal nicht optimal gelingt. Es kommt vor allem auf die Koordination zwischen Hand und Auge an, um erfolgreich zu sein.“ Beim Cornhole sei es übrigens nahezu ausgeschlossen, dass sich Akteure Verletzungen zuziehen.

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Die Trainingsabende laufen in der Schule Nieland donnerstags von 19 bis 21 Uhr und am Sonnabend von 13 bis 15 Uhr. Wer Lust hat, kann einfach vorbeikommen. Man sollte geeignete Hallenschuhe, vor allem aber Durchhaltevermögen mitbringen: Es kommt nämlich nicht selten vor, dass 700 bis 800 Bags durch die Halle kreisen.

Und immer wieder lautet dabei das Motto: Das Eckige soll ins Runde fliegen und nicht umgekehrt wie beim Fußball.