Rellingen. Thomas Pötzsch ist Reeder, Gründer und Investor. Er kauft Immobilien und hat eine Vision von Rellingen. Doch es gibt auch Gegenwind.

Wie ein großes Schiff wirkt das Bürogebäude an der Hauptstraße 12 in Rellingen. Hinter der alten Villafassade aus dem Jahr 1907 verbirgt sich ein moderner Glas-Stahl-Bau. Hier sitzt das Unternehmen Cargo Trans Pool (CTP), ein Logistik-Spezialist in der Schifffahrt. Inhaber ist der millionenschwere Mann Thomas Pötzsch, der Rellingen nun nachhaltig verändern möchte.

Das Glasgebäude wirkt lichtdurchflutet und modern. Im Kontrast dazu stehen die nautischen Antiquitäten in den Vitrinen. Kompasse, Sextanten, Chronometer und Fernrohre aus Messing beschwören die Seefahrt längst vergangener Zeiten herauf.

Neubauten mit Hindernissen: Millionen-Investor Kapitän Pötzsch prägt Rellingen

Die Büroetagen sind offen, die Lautstärke gedämpft. Es wird konzentriert gearbeitet. 270 Millionen Euro wurden hier im vergangenen Jahr umgesetzt. Im Bug des Firmendampfers befindet sich die Kommandozentrale, wie auf der Brücke eines Ozeanriesen. Hier schaltet und waltet der Geschäftsführer, Kapitän Thomas Pötzsch.

Der Reeder, der seit 30 Jahren in Rellingen lebt, investiert in die Architektur seiner Wahlheimat Rellingen. Kauft abgängige Immobilien auf, um sie später zu entwickeln. Er investiert an dieser Stelle auch, weil das Logistikgeschäft längst keine sichere Bank mehr ist und der Unternehmer das Risiko streuen möchte.

Investor für die Gemeinde: Pötzsch gehören in Rellingen mehrere Immobilien

Die Firma CTP besitzt unter anderem Flächen an der Einmündung Hauptstraße/Tangstedter Chaussee, an der Tangstedter Straße, am Alten Markt (Schmidts Weinstuben), das Grundstück der alten Stellmacherei (Hauptstraße/Hamburger Straße), ein Areal an der Hauptstraße 73. Im Portfolio sind auch Ladenflächen im Arkadenhof. Dort sind heute vor allem Gesundheitsfirmen ansässig: Physiotherapeuten und Osteopathen, das Sanitätshaus S’tatics, das zu Pötzschs Konglomerat gehört.

Neben dem Logistikgeschäft in der Schifffahrt und den Immobilien investiert Thomas Pötzsch in verschiedene Sammlungen zur Werterhaltung. Hinzu kommen Beteiligungen am Wirtschaftsmagazin „Brand eins“ und am Athleticum am Volkspark GmbH (siehe Info-Box).

Keine Angst vorm Speckgürtel: Thomas Pötzsch macht Mitarbeitern Rellingen schmackhaft

In Rellingen investiert er auch, um seine Mitarbeiter in Rellingen zu halten. „Einige der Mitarbeiter pendelten von Bad Schwartau oder Bisbingen zur Arbeit“, sagt er. Mit dem Umzug der Firmenzentrale von Hamburg nach Rellingen 2007 verlängerte sich ihre Anfahrt zum Arbeitsplatz um einiges. Pötzsch versuchte ihnen einen Umzug schmackhaft zu machen, indem er beispielsweise die Wohnungssuche erleichterte. Viele folgten.

Thomas Pötzsch - wie er sein Geld verdient

Gustav Hinrichs ließ 1931 im Amtsgericht in Hamburg die G. Hinrichs & Co. oHG eintragen – das Fundament der heutigen CTP.BIZ. Thomas Pötzsch lernte Rolf Hinrichs 1987 kennen. Er verließ die aktive Seefahrt als Kapitän nach 16 Jahren sowie den neu begonnenen Weg als Nautischer Sachverständiger und wechselte 1989 in die G. Hinrichs + Co. GmbH.

1990 wird er Partner und Gesellschafter. Aus der Spedition wird eine Reederei. Rolf Hinrichs stirbt 2007. Pötzsch verkauft die Immobilien in Moskau, Prag, Hongkong und zahlt die Familie seines verstorbenen Partners aus. Und beschließt, seinen Anteil in Rellingen zu investieren.

Ein neues Kapitel der Firmengeschichte beginnt mit einem Umzug nach Rellingen. Mit zunächst zehn Mitarbeitern zieht er in die Tangstedter Straße 37. Die selbst entworfene Zentrale an der Hauptstraße 12 wird 2012 fertig. Das Unternehmen G. Hinrichs + Co. GmbH wird umfirmiert zur Cargo Trans Pool.

Kern des vor allem in der Schifffahrt neuen Tuns ist das Kombinieren vieler Ladungen vieler Kunden, die alle nicht mehr die kritische Größe zum Befrachten eigener Schiffe haben. Eine Nische, in der nicht auf Masse gesetzt wird.

Die Schiffe wurden bis Ende der 90er-Jahre von russischen, ukrainischen und allen baltischen Reedereien der Post-Sowjet-Ära gechartert. Die nächste Partnerschaft ging Pötzsch mit der iranischen Staatsreederei IRISL ein. Die Reederei half dabei, die Verbindungen nach China zu festigen. Die Zusammenarbeit wurde 2010 durch das politische Embargo gegen den Iran beendet.

80 Prozent der Sekundärrohstoffe für Deutschland kommen heute aus China. Die Rohstoffe wie Magnesium, Bauxit, Baryte oder Grafit für die Stahl-, Chemie-, Keramik-, Papier- und Agrarindustrie werden über CTP per Schiff von China an bis zu 200 europäische Empfänger geliefert, meistens über Rotterdam.

Innerhalb des Kerngeschäftes Schifffahrt und Logistik kooperiert Pötzsch mit Rheintrans Rotterdam, Support Duisburg, Modern China Hongkong, Support Asia sowie Brouwership Hamburg.

Um das wirtschaftliche Risiko in der Schifffahrt zu minimieren, wurden neue Geschäftsfelder erschlossen. Die Aktivitäten werden in CTP gebündelt. Immobilien sind heute ein entscheidender Teil des Tuns. Mit der Bauhaus-Hausbau baut die Firma neu und entwickelt den eigenen Immobilienbestand weiter.

Dazu kommen wertige Sammlungen zum Beispiel nautischer Antiquitäten oder Schreibgeräte und Uhren von Montblanc zur Wertesicherung. Weiteres Standbein ist die Beteiligung am Magazin Brand eins.

Die Rellinger Firma ist auch beim Athleticum am Volkspark beteiligt. Das Unternehmen wird mit seiner Tochterfirma CTPHealth GmbH als Betreiber eines Sanitätshauses (S‘tatics) in das Kompetenzzentrum für ganzheitliche Bewegungs-, Sport- und Präventionsmedizin einziehen.

Die HSV Fußball AG veräußerte 15,1 Prozent ihrer 25,1 Prozent Anteile an der Athleticum am Volkspark GmbH an die CTP.BIZ GmbH und hält nun noch zehn Prozent der Anteile. Die weiteren Gesellschaftsanteile liegen bei der Ambulanzzentrum des UKE GmbH (49,8 Prozent) und bei der Philips GmbH (25,1 Prozent).

„Es ist mir ein Ansinnen, in Rellingen einen Ort zu schaffen, in dem sich die Menschen wohlfühlen“, sagt Pötzsch. Mehr als 60 der etwa 100 Mitarbeiter leben heute in Rellingen. Er wolle dafür Sorge tragen, dass sie hier echtes Leben vorfinden, angefangen von Kultur über Sport bis zur Gesundheitsversorgung.

Talkline in Elmshorn dient Thomas Pötzsch als Vorbild

Einen Ort mit hoher Lebensqualität schaffen, in Eigenregie ändern, was schiefläuft. „So wie Talkline seinerzeit die Kaufkraft in Elmshorn stärkte und die Stadt nachhaltig veränderte“, sagt der Unternehmer. Die erfolgreiche Telefongesellschaft hatte ihren Sitz bis 2007 in der Krückaustadt.

Thomas Pötzsch am Ruder: Der Firmensitz seiner Firma CTP in Rellingen gleicht einem Schiff.
Thomas Pötzsch am Ruder: Der Firmensitz seiner Firma CTP in Rellingen gleicht einem Schiff. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Pötzsch, der Pädagogik und Jura studiert hat, ist ein Mann mit Vision. „Rellingen ist ein vorteilhaftes Pflaster, mit einer sehr günstigen Gewerbesteuer“, sagt er. Ein Ort mit großem Potenzial, in dem sich Großes bewegen ließe. Doch in seinen Vorhaben fühlt er sich nicht immer verstanden und unterstützt. Darum möchte er sich und seine Beweggründe erklären.

Kapitän Thomas Pötzsch hat eine Vision von Rellingen

Der Rellinger Unternehmer Thomas Pötzsch arbeitet seit Jahren an konkreten Konzepten, wie das Rellingen der Zukunft aussehen soll. Mit seinem Engagement verfolgt Pötsch auch eigene Interessen. „Das ist natürlich keine Charity“, sagt er, auch wenn er an anderer Stelle großzügig agiert und beispielsweise die Rellinger Bürgerstiftung oder das Rellinger Maifestival mit Spenden bedenkt. An Gemeinschaftssinn fehlt es dem ehemaligen Walddorfschüler nicht.

Teil seiner Philosophie ist es, seine Flächen und die umliegenden gemeinsam mit möglichst vielen zu gestalten. Er kann sich vorstellen, seine Flächen mittelfristig in einen neu zu gründenden Rellingen-Fonds einzubringen: Die Rellinger könnten Anteile kaufen und so Stimmrechte erwerben. Er sucht Mitstreiter. Das allerdings stellt sich als schwieriges Unterfangen heraus.

Neubau im Zentrum Rellingens Vorbild für weitere Projekte

Er hat das große Ganze im Blick, will den Ortskern einheitlich gestalten. Im Zentrum Rellingens auf dem Grundstück an der Hauptstraße 78, wo einst Bäcker Manssen seinen Betrieb hatte, hat Pötzsch ein kombiniertes Geschäfts- und Wohnhaus errichten lassen. Der markante Neubau mit den verglasten Giebeln wirkt fast schon sakral. Geht es nach Pötzsch, soll das Haus an der Kreuzung Hauptstraße/Tangstedter Chaussee nur der Anfang sein und weitere Bauten im gleichen Stil folgen.

Im Zentrum Rellingens auf dem Grundstück an der Hauptstraße 78, wo einst Bäcker Manssen seinen Betrieb hatte, hat Pötzsch ein modernes Geschäfts- und Wohnhaus errichten lassen. 
Im Zentrum Rellingens auf dem Grundstück an der Hauptstraße 78, wo einst Bäcker Manssen seinen Betrieb hatte, hat Pötzsch ein modernes Geschäfts- und Wohnhaus errichten lassen.  © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Pötzsch und der Architekt Jürgen Waskow sehen darin eine Fortentwicklung des Rellinger Baustils, der den Ortskern der Gemeinde prägt. Die verglasten Fronten sind von rotem Backstein-Mauerwerk eingerahmt, die Seiten des Neubaus enthalten dieses Farbelement.

Rellingen: Pötzsch baut neues Bürogebäude

Um im großen Stil verändern zu können, müsse man warten können, so Pötzsch. Zum Beispiel darauf, dass auch das Nachbargrundstück verkauft wird. So ließe sich dann großzügig überplanen und unter anderem eine neue Wegeführung umsetzen. Doch das ist nicht so einfach, denn die Gemeinde lehnt viele Entwürfe und Ideen ab, so zuletzt für das Bauvorhaben an der Hauptstraße 73.

Die Pläne für die Hauptstraße 73 in Rellingen

An der Hauptstraße 73 in Rellingen soll ein neues Bürogebäude nach dem Entwurf des Architekten Jürgen Waskow  entstehen. Baustart soll noch in diesem Jahr sein. Direkt davor ist eine Bushaltestelle.
An der Hauptstraße 73 in Rellingen soll ein neues Bürogebäude nach dem Entwurf des Architekten Jürgen Waskow entstehen. Baustart soll noch in diesem Jahr sein. Direkt davor ist eine Bushaltestelle. © Jürgen Waskow | Jürgen Waskow
Das leere Grundstück an der Hauptstraße 73 in Rellingen gehört Thomas Pötzsch. Viele Autofahrer nutzen das Gelände einfach, um zu parken.
Das leere Grundstück an der Hauptstraße 73 in Rellingen gehört Thomas Pötzsch. Viele Autofahrer nutzen das Gelände einfach, um zu parken. © Anne Dewitz | Anne Dewitz
Die Gemeinde hat die ersten Entwürfe des Architekten Jürgen Waskow nicht genehmigt. Hier einige der abgelehnten Fassadenbilder.
Die Gemeinde hat die ersten Entwürfe des Architekten Jürgen Waskow nicht genehmigt. Hier einige der abgelehnten Fassadenbilder. © Jürgen Waskow | Jürgen Waskow
Fast schon sakral wirkt dieser Entwurf. Der Bau an der Hauptstraße 73 in Rellingen wird so aber nicht umgesetzt. Menschen, die auf den Bus warten, hätten unter dem Vorbau warten können.
Fast schon sakral wirkt dieser Entwurf. Der Bau an der Hauptstraße 73 in Rellingen wird so aber nicht umgesetzt. Menschen, die auf den Bus warten, hätten unter dem Vorbau warten können. © Jürgen Waskow | Jürgen Waskow
Nicht auf Linie: Weil der Entwurf des Bürokomplexes nicht direkt an der im Bauplan eingezeichneten Linien beginnt, gab es auch für diesen Entwurf kein grünes Licht.
Nicht auf Linie: Weil der Entwurf des Bürokomplexes nicht direkt an der im Bauplan eingezeichneten Linien beginnt, gab es auch für diesen Entwurf kein grünes Licht. © Jürgen Waskow | Jürgen Waskow
Auch dieser Entwurf wurde nicht genehmigt.
Auch dieser Entwurf wurde nicht genehmigt. © Jürgen Waskow | Jürgen Waskow
Architekt Jürgen Waskow (l.) und Unternehmer Thomas Pötzsch arbeiten seit Jahren vertrauensvoll zusammen. 2016 stellten den Entwurf für den Neubau an der Einmündung Hauptstraße/Tangstedter Chaussee in Rellingen vor.
Architekt Jürgen Waskow (l.) und Unternehmer Thomas Pötzsch arbeiten seit Jahren vertrauensvoll zusammen. 2016 stellten den Entwurf für den Neubau an der Einmündung Hauptstraße/Tangstedter Chaussee in Rellingen vor. © HA
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Auf der leeren Fläche soll ein reines Bürogebäude entstehen. Die ersten Entwürfe haben mehr Tiefe, konnten aber bei der Gemeinde keinen Anklang finden. Auch, weil das Gebäude exakt an der Baulinie beginnen muss, wie im Bebauungsplan eingezeichnet. Der Bebauungsplan der Gemeinde ist schon etwas älter und hatte ursprünglich auch den Zweck, Bestandsgebäude vor dem Abriss zu schützen. Zudem muss der Kreis seine Zustimmung geben.

„Auch wenn die Bebauungspläne teilweise älter sind, haben diese Gültigkeit. Bei Anträgen auf Befreiungen von Festsetzungen von Bebauungsplänen wird geprüft, ob die Ausnahme städtebaulich verträglich ist. Es gibt weder ein pauschales Ja oder Nein, sondern wird immer im Einzelfall entschieden“, sagt Rellingens Bürgermeister Marc Trampe.

Abriss Turmhaus in Rellingen verzögert sich

Auch das Wohn- und Geschäftshaus an der Hauptstraße 84 gehört Pötzsch. Als nächstes Rellinger Objekt mit Scharnierfunktion möchte der Unternehmer das ihm gehörende Turmhaus an der Ecke Hauptstraße/Hamburger Straße sowie das benachbarte Gebäude an der Hauptstraße 48 abreißen und neu bebauen. „Die nächsten zwei Jahre wird dort allerdings nichts passieren“, sagt Pötzsch.

In dem Turmhaus, das seit Jahren leer steht und verfällt, ist nun erst einmal der Tauschladen eingezogen. Er ist vier Tage die Woche für je zwei Stunden geöffnet und wird ehrenamtlich von Angelika Boese und weiteren Mitstreitern betrieben. Die öffentliche Tauschbox in der Hamburger Straße musste abgebaut werden, weil dort zuletzt oft Müll abgeladen wurde.

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Tauschladen zieht in leerstehendes Turmhaus in Rellingen ein

Nun gibt es gleich nebenan einen geschützten Raum, der immer am Montag von 15 bis 17 Uhr, Dienstag von 9 bis 11 Uhr, Donnerstag von 17 bis 19 Uhr und am Freitag von 10 bis 12 Uhr öffnet, außerdem immer am ersten Sonntag im Monat von 13 bis 15 Uhr.

In dem Turmhaus an der Hauptstraße 46/48 in Rellingen, das seit Jahren leer steht und verfällt, ist nun erst einmal der Tauschladen eingezogen. Die öffentliche Tauschbox in der Hamburger Straße musste abgebaut werden, weil dort zuletzt oft Müll abgeladen wurde.
In dem Turmhaus an der Hauptstraße 46/48 in Rellingen, das seit Jahren leer steht und verfällt, ist nun erst einmal der Tauschladen eingezogen. Die öffentliche Tauschbox in der Hamburger Straße musste abgebaut werden, weil dort zuletzt oft Müll abgeladen wurde. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

In dem Tauschladen wird sich eine gute Nutzung und ein respektvoller Umgang erhofft. Angenommen wird kein Müll, nur gut erhaltene Kleidung und Gegenstände sollen abgegeben und getauscht werden. Außerhalb der Öffnungszeit darf nichts vor dem Laden gelegt werden.