Wedel. Ilka Hachenberg führt nun die Bibliothek der Stadt. Warum sie wieder mehr lesen will - und welche fünf Buch-Tipps nicht fehlen dürfen.
Die Wortkombination klingt wie ein mystischer Buch-Titel: „Der dritte Ort“. Tatsächlich soll diese etwas kryptische Umschreibung aber andeuten, wofür die StadtbüchereiWedel künftig stehen möchte. „Neben Wohn- und Arbeitsplatz soll dies quasi eine dritte zentrale Anlaufstelle sein“, sagt Ilka Hachenberg. Sie ist seit Anfang des Monats die neue Leiterin in der Wedeler Bibliothek am Rosengarten.
Ihre Vorgängerin Andrea Koehn wechselte zum Jahresanfang in den vorzeitigen Ruhestand. Sie hatte 18 Jahre an der Spitze der Bücherei gestanden, war insgesamt mehr als 30 Jahre dort beschäftigt. Sie etablierte mit ihrem Team einen analogen Ort, der sich auch mit der digitalen Welt, etwa mit der „Onleihe“, intensiv verknüpft hat. Mit diesem Service können digitale Medien über das Internet geliehen werden.
Wedels Stadtbücherei: „Qualifizierte Bibliothek“ ist mehr als eine Bücherhalle
Kürzlich ist die Wedeler Stadtbücherei ist zum dritten Mal mit dem Landesgütesiegel „Qualifizierte Bibliothek“ ausgezeichnet worden. Immer wieder gibt es zum Beispiel öffentliche Veranstaltungen wie Lesungen von Autoren, die ihre Werke vorstellen.
Gab es einen Austausch, oder wollte die neue Leitung lieber komplett mit unvoreingenommenem, frischen Blick in die Zukunft schauen? „Ich habe mit ihr ein gutes Verhältnis und selbstverständlich haben wir eine Übergabe gemacht und uns ausgetauscht. Es läuft hier alles in gut geplanten und vorbereiteten Bahnen“, sagt die 40 Jahre alte neue „Chefin“ eines zwölfköpfigen Teams. Trotzdem wolle sie der Wedeler Institution nun ihren „eigenen Stempel“ aufdrücken.
Open Library: Neue Stadtbüchereileitern will 24-Stunden-Bibliothek in Wedel
Endlich solle etwa der Traum von der sogenannten Open Library („Offene Bücherei“) verwirklicht werden. Bei diesem Thema war Vorgängerin Koehn derweil leicht traurig, dass dieses Ziel in ihrer Amtszeit noch nicht erreicht werden konnte. Einige Stadtbüchereien in Schleswig-Holstein seien außerhalb der üblichen Zeiten geöffnet – auch ohne anwesendes Personal.
„Das ist ein Thema, das wir weiterverfolgen möchten, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. So ein Angebot wäre zum Beispiel auch für Berufstätige wichtig. Jeder soll hier hereinkommen, wann es ihm zeitlich am besten passt“, sagt Hachenberg, die mit ihrem Mann in Elmshorn wohnt.
Ilka Hachenberg ist ein echter Teamplayer
Und eines hört man im Gespräch mit ihr deutlich heraus. Die 40-jährige studierte Bibliothekarin möchte ein Teamplayer sein. Hachenberg: „Ich hoffe, dass auch die Mitarbeiterinnen mit vielen Ideen auf mich zukommen werden“. Gut 50 Prozent des Teams kennt sie bereits aus ihrer ersten Phase zwischen 2016 und 2019, als sie schon als Mitarbeiterin in der Wedeler Stadtbücherei tätig war. Neben den Mitarbeiterinnen gibt es immerhin einen Mann, der sich in einer belesenen Damen-Welt zu behaupten weiß.
„Lesen ist ja quasi Berufskrankheit. Und ich möchte jetzt auch wieder mehr lesen, damit man in den Beratungen und Nachfragen der Besucher auch Empfehlungen aussprechen kann“, sagt Hachenberg. Sie arbeite ja schließlich auch in der Bücherei tatkräftig mit. Mitarbeiterin Maria Petri wolle während einer Lese-Challenge 100 Bücher in diesem Jahr durchlesen und gebe ihr etwa bei Romanen auch viele Lese-Tipps.
Vorherige Stationen: HAW-Hamburg und Nordakademie in Elmshorn
Leichtere Kost war bei ihrem vorherigen Arbeitgeber eher weniger im Bestand. Ilka Hachenberg war Fachbibliotheksleiterin der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW). Parallel dazu absolvierte sie per Fernstudium der Berliner Humboldt erfolgreich einen Master-Studiengang in Bibliotheks- und Informationswissenschaften und hatte in dieser Phase „Ü60-Arbeitswochenstunden“. Auch als Leitung der Fachbibliothek der Nordakademie in Elmshorn war sie schon tätig.
„Ich hatte allerdings den Wunsch, in eine öffentliche Bibliothek zurückzukehren, weil die Leute einfach mit mehr Spaß dorthin kommen“, sagt sie mit einem Schmunzeln. Denn nicht jeder Studierende sei mit guter Laune und vollem Enthusiasmus gesegnet, wenn er sich die nötige Literatur zusammensammeln müsse.
Sie überstand das mehrstufige Bewerbungsverfahren der Wedeler Stadtbücherei, die dem Fachdienst Bildung, Kultur und Sport der Stadt angegliedert ist, und hat nun diesen Job im öffentlichen Dienst angetreten. Hachenbergs Hobbys sind Radtouren mit ihrem Mann in Deutschland, etwa an Rhein oder Mosel. Und sie reise auch gern, zum Beispiel nach Spanien.
Büchereileiterin Wedel: Diese fünf Lese-Tipps gibt Ilka Hachenberg
Fünf Bücher für die einsame Insel hat die neue Stadtbüchereileiterin ebenfalls schon im imaginären Koffer. Los geht es mit „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens. Die Begründung: „Der Roman lebt von seiner malerischen Sprache und den wunderbaren Naturschilderungen. Die Einsamkeit der Hauptfigur ist berührend und deshalb ist man sehr von der Erzählung gefesselt.“ Karin Smirnoffs „Mein Bruder“ müsse ebenfalls mit. Es gehe um eine „mysteriöse Familiengeschichte in düsterer Atmosphäre, die die Autorin in wunderschöner Sprache einfängt.“
Auch „Der Donnerstagsmordclub“ von Autor Richard Osman dürfe nicht fehlen. Hachenberg: „Pfiffige Rentner lösen in einem Luxusresort mit einem sympathischen Ermittlerteam Mordfälle“. Das Buch sei ein typischer Cozy-Crime zum Entspannen. Cozy ist das englische Wort für „gemütlich“.
Werke von Rossbacher und Aaronovitch sind bei ihr beliebt
Zudem mag die Elmshornerin auch „Mon Chérie und unsere demolierten Seelen“ von Verena Rossbacher. Ihr Urteil: „Eine naiv-trottelige Heldin, dazu schräge Charaktere und Situationskomik machen einfach Spaß. Darüber hinaus regt das Buch an, die eigene Komfortzone zu verlassen und auch in schwierigen Situationen nicht den Humor zu verlieren.“
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Als letztes Buch für den Insel-Aufenthalt empfiehlt sie „Die Flüsse von London“ aus der Peter Grant-Reihe, geschrieben von Ben Aaronovitch. Während ihrer Ausbildung habe sie ein Praktikum in der British Library in London gemacht. „Seitdem liebe ich die Stadt und kehre auch in der Literatur gerne zurück. Hier gepaart mit Zauberei und schwarzem Humor – eine unterhaltsame Mischung“, meint der Lese-Fan.
Wedeler Büchereichefin: Schon als Kind las Hachenberg viel
Wenn sie entspannen möchte, greift sie zu Krimis und Fantasy-Romanen, doch auch Bücher, „in denen gesellschaftliche Probleme beleuchtet werden“, begeistern sie: „Daher ist diese Liste eine bunte Mischung aus Büchern, die mir in den letzten Jahren besonders in Erinnerung geblieben sind.“
Ihr beruflicher Weg in die Bibliothek scheint dabei nahezu vorbestimmt gewesen zu sein. Denn sie habe schon als Kind in ihrer Heimat Hannover viel gelesen. Im Nachhinein hätte sie lieber gleich Bibliothekswesen studiert. Doch dann ging es zunächst über ein Geschichtsstudium gepaart mit Deutscher Literaturwissenschaft anschließend über den „härteren Weg“ einer Ausbildung zur Bibliothekarin.
Über die Stationen Mönchengladbach, Frankfurt landete sie dann als Mitarbeiterin für drei Jahre erstmalig in Wedel – nun erfolgte das Comeback nach Fernstudium als Leiterin der Bücherei.
2023: 5900 aktive Mitglieder in Wedels Bücherei – und 92.000 Besucher
5900 aktive Mitglieder hatte Wedels Stadtbücherei im Vorjahr. Knapp 92.000 Besucher waren 2023 zu Gast. Denn: Das Angebot der Bücherei ist für jedermann kostenlos vor Ort nutzbar, lediglich für das Leihen ist ein Mitgliedsausweis nötig, der den Wedeler 32 Euro jährlich kostet. Für Familien gibt es Vergünstigungen.
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre müssen nichts zahlen, es sei denn, sie möchten zum Beispiel Konsolenspielen oder DVDs ausleihen oder Streamingdienste nutzen (16 Euro). So gibt es etwa Sonic-Chairs, in denen Besucher Hörspiele oder auch Musik hören können.