Quickborn/Heide/Kreis Pinneberg. Untersuchung der Stadtwerke zeigt, dass Wasserstoff zum Wärmen taugt. Sogar Bestandsleitungen für Gas können dafür genutzt werden.

Wasserstoff gilt als der Brennstoff der Zukunft. Er kann sauber verbrannt, gut gespeichert und transportiert werden. Vor allem als Speicher für grünen Windstrom ist Wasserstoff das Nonplusultra der Energiewirtschaft. Darum hat der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) jede Investition in diesen regenerativen Energieträger als „Investition in die Zukunft“ bezeichnet. „Grüner Wasserstoff hilft beim Klimaschutz und einer sicheren Energieversorgung“, sagt Habeck.

Studierende der Fachhochschule Westküste in Heide haben jetzt unter der Betreuung der Stadtwerke Quickborn während ihres Studiengangs „Green Energy“ wissenschaftlich untersucht, ob und inwieweit Wasserstoff auch als Brennstoff für Heizungsanlagen in Frage kommt.

Wasserstoff zum Heizen: Studenten haben nachgewiesen, dass es funktioniert

Und ihr Ergebnis ist absolut positiv ausgefallen. „Die Analyse zeigt, dass Wasserstoffheizungen, insbesondere in Kombination mit bereits bestehenden Gasinfrastrukturen, eine effiziente und eine zukunftsfähige Lösung darstellen könnten“, lobt der Verband der Schleswig-Holsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft (VSHEW).

Quickborns Bereichsleiter Clemens Brinkmann (3. Von links) bei der Preisverleihung für die wissenschaftliche Studie im Studiengang „Green Energy“ der Studenten Laureen Voß (von links), Niklas Gäthje und Wiebke Herrmann von der Fachhochschule Westküste.
Quickborns Bereichsleiter Clemens Brinkmann (3. Von links) bei der Preisverleihung für die wissenschaftliche Studie im Studiengang „Green Energy“ der Studenten Laureen Voß (von links), Niklas Gäthje und Wiebke Herrmann von der Fachhochschule Westküste. © Burkhard Fuchs | VSHEW

Der Verband, dem 50 Gemeinde- und Stadtwerke angehören, hat die wissenschaftliche Studie der drei Studenten mit 1000 Euro ausgezeichnet. Laureen Voß, Niklas Gäthje und Wiebke Herrmann hätten eine „hervorragende Untersuchung eines innovativen Konzepts für die Quickborner Wärmeversorgung“ vorgelegt. „Die drei haben richtig Herzblut reingelegt“, würdigt auch Clemens Brinkmann, Bereichsleiter für Technik und Netze bei den Quickborner Stadtwerken, deren wissenschaftliche Arbeit.

Wo Gas ist, kann auch Wasserstoff fließen: Leitungssysteme müssten nur umgerüstet werden

Die „schöne Nachricht“ dieser Untersuchung sei, dass Wasserstoff als alternatives Gas in die vorhandenen Gasleitungen der Hausanschlüsse eingespeist werden könnte, erläutert Brinkmann. Dazu müssten nur ein paar technische Anpassungen geschehen wie die Verstärkung von Dichtungen, weil Wasserstoff ein enorm fluides Gas sei, das bei kleinsten Undichtigkeiten austreten könnte.

Zum anderen käme Wasserstoff als Brennstoff für die Blockheizkraftwerke in Frage, mit denen die Stadtwerke einerseits selbst Strom erzeugten und die Wärme in ihr Fernwärmenetz einspeisten. Dafür nutzen sie zurzeit den fossilen Brennstoff Erdgas und zum Teil auch Biomethangas.

400 Kilometer lange Wasserstoff-Pipeline von Dänemark nach Hamburg geplant

Aber wie soll der Wasserstoff in die Heizungsanlagen der Stadtwerke im Kreis Pinneberg gelangen? Dafür könnte ein deutsch-dänisches Mega-Projekt der Energiewirtschaft sorgen, das Anfang der 2030er-Jahre realisiert werden soll. So ist eine etwa 400 Kilometer lange Pipeline geplant, die Wasserstoff von Esbjerg oder Holstebro in Dänemark nach Hamburg leitet. Darin soll zudem der überschüssige Windstrom gespeichert sein, den die dänischen Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee erzeugen.

8000 Haushalte in Quickborn und den Umlandgemeinden bis Barmstedt, Alveslohe und Ellerau werden zurzeit mit Wärme über die Stadtwerke Quickborn versorgt.  
8000 Haushalte in Quickborn und den Umlandgemeinden bis Barmstedt, Alveslohe und Ellerau werden zurzeit mit Wärme über die Stadtwerke Quickborn versorgt.   © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Eine Machbarkeitsstudie dazu habe gezeigt, dass eine solche Verbindung schrittweise und kosteneffizient durch die Wiederverwendung bestehender Gasleitungen hergestellt werden könnte, heißt von den künftigen Betreibern Gasunie und Energinet, die sich damit ein enormes Exportpotenzial für grünen Wasserstoff aus Dänemark zu den Nachfragezentren vor allem in der Stahl- und Chemieindustrie in Deutschland erschließen wollen.

Quickborn versorgt 8000 Kunden mit Erdgas und 1000 mit Fernwärme

Diese Pipeline würde auch durch den Kreis Pinneberg verlaufen und zum Beispiel bei Klein Offenseth-Sparrieshoop auf die bereits vorhandenen Gasleitungen der Schleswig-Holstein Netz AG treffen, erklärt Quickborns Bereichsleiter Brinkmann. Das wäre nur wenige Kilometer von den Gasleitungen der Stadtwerke Quickborn entfernt, die heute schon etwa 8000 Haushalte in Quickborn, Ellerau, Bilsen, Hemdingen, Heede, Bullenkuhlen, Alveslohe, Langeln und Bevern mit Erdgas versorgten.

250 bis 310 Millionen Kilowattstunden Wärme seien das im Jahr, je nachdem wie kalt die Winter seien, erläutert Brinkmann. Hinzu kämen 1000 Fernwärmekunden der Stadtwerke in Quickborn, die zusammen neun Millionen kwh Fernwärme verbrauchen. Insofern könnte diese internationale Wasserstoffpipeline, die einmal durch ganz Schleswig-Holstein verlaufen soll, für eine ganz neue, grüne Kooperation der hiesigen und regionalen Stadt und Gemeindewerke genutzt werden, schaut Brinkmann in die nahe Zukunft.

Experten der Quickborner Stadtwerke: Eine gute Option für die Zukunft

In erster Linie würde der Wasserstoff vor allem die Industriezentren mit fossilfreier Energie versorgen. Aber wenn es sich wirtschaftlich rechnen würde, auch private Haushalte in der Region mit Heizungs- und Fernwärme damit zu versorgen, wäre das eine ganz neue klimaschonende Form der kommunalen Wärmeversorgung der Bevölkerung.

Die Stadtwerke Quickborn versorgen zurzeit 1000 Haushalte mit Fernwärme, die mit einem Blockheizkraftwerk mit Schornstein und Wärmespeicher auf dem Gelände der Stadtwerke erzeugt wird. Durch die kommunale Wärmeplanung, die die Stadt wie alle anderen Kommunen bis 2027 vorlegen soll, dürfte sich deren Zahl bald schon vermehrfachen.
Die Stadtwerke Quickborn versorgen zurzeit 1000 Haushalte mit Fernwärme, die mit einem Blockheizkraftwerk mit Schornstein und Wärmespeicher auf dem Gelände der Stadtwerke erzeugt wird. Durch die kommunale Wärmeplanung, die die Stadt wie alle anderen Kommunen bis 2027 vorlegen soll, dürfte sich deren Zahl bald schon vermehrfachen. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

„Das ist ein super-spannendes und langfristiges Thema für die Zukunft“, ist der Technikexperte der Quickborner Stadtwerke überzeugt. „Für die Energiewirtschaft der Zukunft wird Wasserstoff eine große Rolle spielen.“ Die Studie habe nachgewiesen, dass es technisch möglich sei, Wasserstoff für das Beheizen von Wohnräumen zu nutzen. Nun käme es darauf an, durch ein gemeinsames Vorgehen mit anderen Stadtwerken die Umsetzbarkeit und das Nachfrage-Potenzial abzuklären.

Auch Stadtwerke Barmstedt und Gemeindewerke Halstenbek interessiert

Stadtwerkesprecherin und Prokuristin Ulrike Fölsch sagt dazu: „Es wäre eine Option auf dem Weg unseres Transformationsprozesses, künftig auf fossile Brennstoffe zu verzichten und eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu erreichen.“ Wie alle anderen Städte im Land ist auch Quickborn aufgerufen, bis 2027 ein flächendeckendes Konzept für eine klimaschonende Wärmeversorgung vorzulegen. Dabei könnten diese Überlegungen neben anderen Möglichleiten wie Wärmepumpen und Nahwärmenetze eine weitere, zukunftssichere und wirtschaftlich tragfähige Lösung sein, sind Brinkmann und Fölsch überzeugt.

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Damit stehen die Bereichsleiter der Stadtwerke Quickborn nicht allein. Auch Mathias Stolten, Werkleiter der Stadtwerke Barmstedt, sagt, auf Abendblatt-Nachfrage: „Wir müssen in alle Richtungen schauen, um wegzukommen von den fossilen Brennstoffen. Dabei wird Wasserstoff in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen.“

Und Andreas Halberschmidt, Werkleiter der Gemeindewerke Halstenbek, sieht auch in der geplanten Wasserstoffpipeline von Dänemark nach Hamburg „ideale Voraussetzungen“ für Schleswig-Holstein für eine mögliche Nutzung des grünen Brennstoffs Wasserstoff. Zumal die Hersteller von Heizungsanlagen und Gaskraftwerken künftig nachweisen müssten, dass ihre Anlagen „wasserstofffähig“ seien. Inwieweit dann neben der industriellen Nutzung des Wasserstoffs, der sehr hohe Temperaturen erzeugen könnte, und zu welchen Mengen und Preisen im Heizungsbereich möglich sei, werde sich dann erweisen müssen.