Wedel. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms besucht umstrittene Online-Plattform. Das empört Teile der Politik – die Vorwürfe.
Nachdem der frustrierte Parteiaustritt der ehemaligen Wedeler Bundestagsabgeordneten Valerie Wilms bei den Grünen im Frühjahr 2023 schon für reichlich Wirbel gesorgt hatte, gibt es nun erneut Ärger um die langjährige Politikerin, die inzwischen für die Wählergemeinschaft Wedeler Soziale Initiative (WSI) im Rat ihrer Heimatstadt sitzt.
Grund dafür sind Enthüllungen des Wedel Blogs, der im Internet von Bastian Sue (Die Linke) betrieben wird. Die 70 Jahre alte Wilms hatte im März 2023, also noch vor der Kommunalwahl im Mai, einen Auftritt in einer Talkrunde mit Roland Tichy. In dem Beitrag wird zwar lediglich über den Einsatz von Wärmepumpen diskutiert. Allerdings ist der Talkshow-Rahmen umstritten und aus Sicht vieler Kritiker problematisch. Denn: Tichy wird politisch dem rechten Spektrum zugeordnet. Der WSI-Vorstand will die Vorwürfe gegen Wilms nun prüfen.
Skandal? Valerie Wilms zu Gast bei Online-Show Tichys Einblick
Auftritte in solchen Shows könnten grundsätzliche Zweifel an einem einwandfreien demokratischen Leumund aufkommen lassen. Das sieht auch die Wedeler Grünen-Fraktionsvorsitzende Dagmar Süß so: „Das, was sie dort inhaltlich über Wärmepumpen sagt, ist ihre Sicht der Dinge. Allerdings könnte man überlegen, auf welchen Medien man da genau unterwegs ist.“
Julia Fisauli-Aalto, Fraktionsvorsitzende der Wedeler CDU, stellt fest: „Selbstverständlich steht es jedem zu, frei auszuwählen, mit wem man spricht. Es verwundert mich jedoch, dass Frau Dr. Wilms sich auf das Sofa von Roland Tichy setzt und ausblendet, was dies auslösen könnte.“ Oder dies zumindest auch billigend in Kauf nehme, so die Christdemokratin.
Renommierter Journalist gründete seine eigene Online-Show
Bastian Sue wiederum schreibt auf Facebook: „Während ganz Wedel gegen Rechts auf die Straße geht und sich gegen den Klimawandel engagiert, umgibt sich das Wedeler Stadtratsmitglied Dr. Valerie Wilms von der WSI lieber mit anderen Leuten.“ Es gehe dabei nicht um den Inhalt ihrer Aussagen, sondern um das Umfeld, in das sie sich begebe.
Als Beweis postet er unter diesem Beitrag auch aktuelle Screenshots von Wilms Beiträgen auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter), etwa vom Sonntagabend, 4. Februar: „Mit dem bisher von allen etablierten Parteien versuchten Ausgrenzen der AfD wird das nichts. Der politische Kampf um die besten Ideen muss unter Einbeziehung der AfD laufen. Ansonsten sorgen die Wähler bei der nächsten Bundestagswahl dafür.“ Diese Beiträge und den Interviewtermin bei Roland Tichy will nun Wilms Fraktion im Wedeler Rat aufarbeiten.
WSI-Vorstand möchte nicht vorverurteilen, bekennt sich aber klar gegen rechts
Doch wie rechts ist die Talkshow? 2014 gründete der Journalist und Publizist Roland Tichy das Online-Medium Tichys Einblick. In einem Gastbeitrag der Plattform wurden beispielsweise „links-grüne Gutmenschen“ als „geistig-psychisch krank“ diffamiert. Tichy entschuldigte sich und nahm den Beitrag vom Netz, doch es folgten weitere Veröffentlichungen, die politisch und gesellschaftlich dem Kurs der AfD entsprachen oder auch von ihr mitgetragen worden waren. Zuvor war Tichy Chefredakteur der Magazine „Impulse“ und „Euro“ sowie der „Wirtschaftswoche“. Von 2014 bis 2020 war er Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung.
Schon 2018 nannte Taz-Redakteur Daniel Bax Tichys Einblick „von der Tendenz her eher rechtspopulistisch und nationalkonservativ“ und zählte das Medium zum Vorfeld der Alternative für Deutschland (AfD). Angela Drewes, Fraktionsvorsitzende der WSI, möchte nun mit ihren Vorstandskollegen Peter Ammer und Stephan Bakan die Vorwürfe gegen Valerie Wilms gewissenhaft prüfen, da die Wählergemeinschaft keineswegs vorverurteilen möchte.
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„Es ploppt gerade eine Menge auf und wir werden auch demnächst eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. Ich sage aber generell ganz klar: Rechte haben bei uns nichts zu suchen“, sagt Drewes. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, müssten solche Mitglieder die WSI sofort verlassen. Wenn es wirklich „echte Rechte“ innerhalb der WSI geben sollte, wäre dies ein absolutes „No-Go“ .
„Die WSI übt ihre Tätigkeit nach demokratischen Grundsätzen aus“
Denn: Die WSI, die unter anderem bei den Wählern mit ihrer Haltung gegen das Wohnprojekt Wedel Nord punkten konnte, sei unter anderem von ehemaligen SPD- und Grünen-Mitgliedern gegründet worden. In der Satzung steht: „Die WSI übt ihre Tätigkeit nach demokratischen Grundsätzen auf der Grundlage des Grundgesetzes aus“. Im Wahlkampf, der der WSI insgesamt fünf Sitze im Wedeler Stadtparlament eingebracht hatte, habe die Wählergemeinschaft sich stets klar gegen rechte Tendenzen positioniert.
Auch auf der Demonstration „Wedel steht auf“, am Dienstag, 30. Januar, waren einige Mitglieder der WSI vor Ort. Gegenüber dem Abendblatt teilte Valerie Wilms am Dienstagnachmittag telefonisch mit, sich zum aktuellen Fall nicht äußern zu wollen.