Wedel. Mitarbeiter in der Verwaltung bewerten die Stimmung desaströs. Das liege am Bürgermeister. Nun kam es zum öffentlichen Schlagabtausch.

Nachdem das Abendblatt exklusiv vorab über die desaströse Stimmung im Wedeler Rathaus berichtet hatte, beschäftigte sich am Donnerstagabend der Rat öffentlich mit der internen Umfrage, die sich hinter dem harmlos erscheinenden Tagesordnungspunkt 13.3 „Bericht des Personalrates - Öffentlicher Teil (Antrag der CDU-Fraktion)“ verborgen hatte.

Laut der Studie, die von 205 Mitarbeitenden im Rathaus und den Außenstellen (52 Prozent) beantwortet worden war, gibt es erschütternde Beliebtheitswerte für Bürgermeister Gernot Kaser. Die Wedeler Politik fordert nun konkrete Lösungsansätze, Kaser möchte auf Ursachenforschung gehen.

Miese Stimmung im Rathaus: Gernot Kaser soll schuld sein

Vorgestellt wurde die „Auswertung der Umfrage des Personalrates zur Mitarbeiterzufriedenheit“. Es wurde innerhalb der Belegschaft gefragt, ob sich in den letzten Wochen und Monaten aus persönlicher Sicht die allgemeine Stimmung und das Betriebsklima verbessert oder verschlechtert habe.

Die Ergebnisse sind alarmierend: 82 Prozent (168 Stimmen) der Gesamtheit gaben „ein wenig verschlechtert“ oder „sehr verschlechtert“ an. Letzteres wählten in der anonymen Umfrage 55 Prozent. Im Rathaus selbst sind es sogar 63 Prozent. Satte 93 Prozent (120 Stimmen) dieser Gruppe kreuzten die beiden negativen Stimmungstendenzen an. Auf die Frage nach den Ursachen in der Kategorie „Sehr verschlechtert“, wählten 94 Prozent der Rathaus-Mitarbeiter die Auswahlmöglichkeit „Bürgermeister“. Auch viele weiteren Werte der Umfrage waren negativ.

Gernot Kaser ist seit eineinhalb Jahren Bürgermeister in Wedel. 
Gernot Kaser ist seit eineinhalb Jahren Bürgermeister in Wedel.  © Pinneberg | Frederik Büll

Kaser, der auf telefonische Abendblatt-Kontaktversuche vor Sitzungsbeginn nicht reagiert hatte, kritisierte in der Versammlung die Methodik der Personalumfrage, und nutzte Begriffe wie möglicherweise „suggestiv und manipulativ“, da es etwa nur eine positive Kategorie, dafür aber zwei negative als Antwortmöglichkeit gegeben hätte. Er sagte aber auch: „Es schmerzt mich sehr, dass es diese schlechte Stimmung gibt. Jeder sollte sich wohl und sicher bei der Arbeit fühlen.“

Bürgermeister Kaser: Konkrete Ursachen für schlechte Stimmung „kennen wir nicht“

Die genauen Ursachen für die schlechte Stimmung „kennen wir nicht“, so Kaser. Der Bürgermeister möchte in nächster Zeit Gespräche mit den Mitarbeitern in allen Abteilungen führen, „um erforderliche Lösungen“ zu kreieren. „Packen wir es sofort an“, so Kaser, der nun binnen 14 Tagen innerhalb der Fachbereiche mit dem Personalrat von den Mitarbeitenden Antworten erhalten möchte.

„Was sind die konkreten Gründe für die Verärgerungen? Gegen wen richten sie sich? Wann und wo? Konnten sie gegenüber dem direkten Vorgesetzten angeführt werden?“, erklärte Wedels Bürgermeister. Es soll auch daru gehen, ob sie mit ihrem Anliegen ihn selbst direkt angesprochen hätten. Die Rückmeldungen auf solche Fragen könnten anonym oder auch mit Namensnennung erfolgen. Als Bürgermeister müsse er für Fehler Verantwortung übernehmen. Treffen könnten dabei auch außerhalb des Rathauses stattfinden.

Kaser tauscht sich aus mit den Fachbereichsleitungen

Kaser führe zur personellen Lage in der Verwaltung laufend Gespräche mit dem Personalchef Jörg Amelung und weiteren Fachbereichsleitungen. In der kommenden Woche gebe es zudem ein zweitägiges Führungskräfte-Seminar und auch bei den gemeinsamen Frühstückstagen „der mittleren Führungsebene können intern Hintergründe“ der aktuellen Lage aufgearbeitet werden.

Fakt ist, dass die Arbeit für die Wedeler Verwaltung aktuell statistisch eher negativ behaftet ist. Mehrfachnennungen waren möglich. „Bei insgesamt 332 angekreuzten Gefühlen im Hinblick auf die eigene momentane Sicht auf die Arbeit wurden lediglich 78 mal positive, aber 254 mal negative Gefühle angekreuzt“, heißt es in der Umfrage.

In besseren Tagen nimmt Kaser die Dinge selbst in die Hand: Hier bei der Eröffnung der Ostpromenade am Schulauer Hafen.
In besseren Tagen nimmt Kaser die Dinge selbst in die Hand: Hier bei der Eröffnung der Ostpromenade am Schulauer Hafen. © HA | Sven Kamin

Die drei Top-Werte auf alle teilnehmenden Verwaltungsmitarbeiter: 50 Prozent kreuzten „Frustration“ an, 33 Prozent „Verärgerung“, 28 Prozent „Verunsicherung“. Es folgen „Gelassenheit“ und „Spaß an der Arbeit“ mit jeweils 16 Prozent.

Personalrat: Kein wissenschaftlicher Anspruch bei Mitarbeiterbefragung

Während der Präsentation wies die Personalratsvorsitzende Yvonne Wild darauf hin, dass diese Mitarbeiterbefragung in der Methodik keinen wissenschaftlichen Anspruch als Maßstab hätte. Lothar Barop, neuer Fraktionsvorsitzender der SPD, erklärte, dass „es nicht doll aussieht“, da er schon von weitaus weniger Rücklaufquoten bei Befragungen dieser Art in Firmen gehört habe.

Valerie Wilms meinte, dass ja auch „viele Mitarbeiter für ihren Job brennen und gern hier arbeiten wollen“. Schließlich hätten 49 Prozent der Rathausmitarbeiter dies bekräftigt. 13 Prozent nannten die Möglichkeit, „auf jeden Fall“ bleiben zu wollen. Zur statistischen Wahrheit – auf alle Verwaltungsmitarbeiter bezogen – gehört aber auch: „Insgesamt 40 Prozent beschäftigen sich mit Wechselgedanken, das sind alarmierende Zahlen!“, so die Aussage des Personalrates in seiner Analyse der Umfrage-Ergebnisse.

Rathaus Wedel: Mitarbeiterbefragung solle „Hilfestellung“ sein

Dagmar Süß, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen, möchte das „schreckliche Bild“ aus dieser Umfrage als „Hilfestellung“ verstanden wissen. Süß appellierte an Kasers Verantwortlichkeit in dieser Sache. Auch Angela Drewes, WSI-Fraktionsvorsitzende, mahnte den richtigen Umgang mit diesen Ergebnissen an.

Auf die von Kaser angeführte Problematik in der Methodik sagte die CDU-Fraktionsvorsitzende Julia Fisauli-Aalto, dass „erwachsene Menschen in der Lage seien, das Kreuz schon an der richtigen Stelle zu setzen.“ Anhand der Redebeiträge erscheint das Stimmungsbild klar: Der Großteil der Wedeler Politik sieht den Bürgermeister in der dringenden Verantwortung, die personelle Unruhe und schlechte Stimmung anzugehen.

Ratsfrau Wilms wollte Tagesordnungspunkte streichen lassen

Zu Beginn der Sitzung verfehlte die von Ratsfrau Valerie Wilms (Wedeler Soziale Initiative) initiierte Abstimmung unter den Politikern die nötige Mehrheit, diesen Tagesordnungspunkt in den nicht-öffentlichen Teil zu verschieben. Auch die geforderte gesamte Streichung aller dieser Personalthemen, auch im nicht-öffentlichen Teil, da dies alles „Angelegenheit des Bürgermeisters“ sei, scheiterte.

Bürgermeister Gernot Kaser sagte: „Die Tagesordnung war so nicht mit mir abgesprochen. Ich fühle mich leicht überfahren, aber ich wünsche mir gleichzeitig auch ein vernünftiges Verfahren mit dem neuen Rat.“ Darauf erwiderte Stadtpräsident Julian Fresch (CDU), dass juristisch alles einwandfrei sei, alle Anträge fristgerecht eingereicht worden waren und die Liste der Tagesordnungspunkte rechtzeitig allen bekannt gewesen sei.

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Ehemalige Vorzimmer-Sekretärinnen des Bürgermeisters haben neuen Job

Das Thema Unzufriedenheit innerhalb der Belegschaft im Wedeler Rathaus köchelt seit Monaten. Nach Abendblatt-Informationen sollen nun die ehemaligen Vorzimmer-Sekretärinnen von Alt-Bürgermeister Niels Schmidt nicht mehr direkt dem Bürgermeister zuarbeiten. Kaser hatte diese Umstrukturierung gewünscht und durchgesetzt.

Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit fehlen nach Informationen des Hamburger Abendblatt ebenfalls aktuell zwei Mitarbeitende im Rathaus. Unterstützt wird Kaser im Büro-Alltag – nach Abendblatt-Informationen – nun meist von Fatima Goncalves, die eigentlich im Fachbereich Bauen und Umwelt im Vorzimmer tätig ist.