Helgoland. Große Pläne: Solaranlagen, Wohnungen, Kita, Seniorenheim und Rettungswache für die Einheimischen sowie Dünenfähre für Touristen
Auf der Nordsee-Insel Helgoland gibt es einen ganzen Strauß von Projekten. Im Februar möchte die im vorigen Jahr neu gewählte Gemeindevertretung diese Vorhaben priorisieren. Thorsten Pollmann, der im Januar 2023 seinen Dienst als neuer Bürgermeister seit angetreten hat, berichtete im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt über den aktuellen Status der Projekte.
1. Zentrum für Brandschutz- und Rettungsdienst (BOS): Die Errichtung des Zentrums für Brandschutz, Rettungsdienst und Polizei am Leuchtturm hat sich aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Schwierigkeiten mit Rohstoffen und Materialien erheblich verzögert, ursprüngliche Eröffnung war im Mai 2022 geplant, und verteuert. Der Bürgermeister geht davon aus, dass die Einrichtung im September eingeweiht werden kann. Hinter dem Kürzel BOS stecken Behörden für öffentliche Sicherheit. Das ist ein neues Polizeigebäude mit Arrestzelle und Erkennungsdienst sowie eine neue Feuerwache, in der auch der Rettungsdienst mit untergebracht ist.
Helgoland: Neugestaltung des Binnenhafens bleibt ein Thema
2. Gesundheitszentrum: Die Verwirklichung eines Gesundheitszentrums stand ebenfalls seit 2022 auf der Agenda. Entschieden wurde im vorigen Jahr, das Zentrum am Krankenhaus zu integrieren. Der Umbau an der Klinik hat begonnen. Die allgemeinärztliche Versorgung der Bevölkerung bleibt ein Thema. Fachärzte reisen für Sprechstunden vom Festland an. Die Gemeinde ist immer auf der Suche nach weiteren Fachärzten, die in regelmäßigen Abständen auf die Insel kommen und damit den Inselbewohners die kostspieligen Festlandsreisen zu ersparen. Die Zukunft der Insel-Apotheke steht auf wackeligen Beinen, da die jetzigen Betreiber gern in die zweite Reihe rücken wollen. Der Bürgermeister ist mit allen Beteiligten im Gespräch.
3. Neugestaltung Hafen: Auf der Tagesordnung bleibt auch die Neugestaltung und Neuordnung des Binnenhafens mit Zollmole und Landungsbrücke. „Wir haben dazu mehrere Workshops veranstaltet, an denen sich viele Leute beteiligt und coole Ideen entwickelt haben“, erzählt der Bürgermeister. Die besten Ideen kosten aber auch am meisten Geld. Deshalb muss gerade hier priorisiert oder in kleinen Schritten vorgegangen werden. „Wir benötigen zukünftig eine Lösung, wo die MS Helgoland wetterunabhängig festmachen kann“, sagt Pollmann.
4. Tiny-Häuser auf der Düne: Die Gemeinde arbeitet weiterhin an einem neuen Bebauungsplan für die Düne. Gewünscht sind weitere Tiny-Häuser. Bürgermeister Pollmann hofft auf weitere Planungsfortschritte in diesem Jahr.
5. Neue Kindertagesstätte: Die Pläne für die neue Kindertagesstätte am Leuchtturm sind fertig. In Kürze sollen die Bauarbeiten beginnen.
6. Blue House: Der Abriss des Aquariums, um Platz für das moderne Bildungs- und Informationszentrum Blue House zu schaffen, ist immer noch nicht vollständig erledigt. Grundmauern, Keller und das alte Seehundbecken müssen noch weg. Jetzt sind möglicherweise alte Kampfmittel, vermutlich eine große und eine kleine Bombe, in diesem Bereich tief im Boden geortet worden. Das kann den Abriss erneut um etwa ein halbes Jahr verzögern, da vorher Leitungen umgelegt werden müssen.
7. Bunkersystem: Der neue zugängliche Teil des Bunkersystems mit dem Eingang am Fahrstuhl ist im vorigen Jahr zwar verzögert, aber dann endlich komplett freigegeben worden. „Das Interesse ist jedenfalls riesengroß, alle wollen rein“, freut sich der Bürgermeister. Durchschnittlich 60 Gäste pro Tag besichtigen den Teil des Stollens. Der Vorteil: Jeder und jede entscheidet für sich selbst, wie lange er dort drin bleibt.
8. Quartier am Südhafen: Die Gemeindevertretung hat den Grundsatzbeschluss für den Wohnungsbau mit etwa 30 Wohneinheiten am Südhafen gefasst. Der Bedarf ist da. Pollmann hatte die Idee, das Quartier am Südhafen neu aufleben zu lassen. Planer werden sich jetzt konkrete Gedanken machen, falls die Idee nicht in der Prioritätenliste ganz nach hinten rutscht. Ein Problem: Wo soll das Jugendzentrum hin, das dort angesiedelt ist?
9. Alt werden auf Helgoland: Auch das ist ein Thema, das in der Prioritätenliste für den Gemeinderat zur Debatte steht. Der Seniorenbeirat plädierte dafür, das Kurmittelhaus fürs Seniorenwohnen umzuwidmen. Nach vielen Beratungen wurde entschieden, das Kurmittelhaus auch die nächsten Jahre für die Gästevermietung zu nutzen. Der Bürgermeister setzt zunächst auf Altenwohnungen gegenüber der Klinik. Dort sollen elf Wohneinheiten plus Gemeinschaftsraum errichtet werden.
10. Solarenergie: Wasserstoff als Energiequelle für die Insel zu gewinnen, hält Bürgermeister Thorsten Pollmann kurzfristig nicht für realisierbar. Verschiedene Projekte seien bereits gescheitert. „Das ist für uns anscheinend eine Nummer zu groß“, meint der Verwaltungschef. Stattdessen setzt Pollmann bei alternativen Energien verstärkt auf Sonnenkraft. Auf seine Initiative hin hat sich eine Photovoltaik-Firma auf Helgoland niedergelassen. Nun hofft er, mit deren Unterstützung auch Solar auf die Dächer der Insel zu bekommen. Zum einen könnten am Südhafen mehrere Hallen großflächig gedeckt werden. Von dort könnte dann beispielsweise das Klärwerk mit umweltfreundlichem Strom versorgt werden. Die gemeindeeigene Halle habe leider aus Sicht der Statiker kein ausreichendes Dach. Dort könnten höchstens Solarplanen verlegt werden. Das sei vermutlich zu teuer und damit unwirtschaftlich. Trotzdem soll getestet werden, was dort möglich wäre. Aber auch die denkmalgeschützten Häuser auf Helgoland könnten nach Ansicht des Bürgermeisters mit Solar ausgerüstet werden, statt teuer Wärmepumpe zu installieren. Das Zauberwort heißt Solardachschindeln.
11. Dünenfähre: Mit dem Bau einer neuen Dünenfähre beschäftigt sich der Gemeinderat ebenfalls bereits seit Jahren. „Wir müssen das Schiff dringend barrierefrei machen“, betont der Bürgermeister. Welchen Sinn mache es, auf der Düne barrierefreie Bungalows zu errichten, wenn sie ein Mensch mit Gehbehinderung nicht erreichen könne. Die Ausschreibung ist gelaufen. Nun muss geprüft werden, ob und was finanziert werden kann. Auch der Millionen Euro teure Bau der Dünenfähre gehört auf die Prioritätenliste. Die Frage ist, ob er oben oder weiter untern landet. Klar ist, dass Helgoland ein neues Schiff für den Verkehr zwischen Düne und Hauptinsel dringend benötigt.
Helgoland braucht Pläne für ein neues Jugendzentrum
12. Neue Angebote für die Jugend: Es sind nicht nur die Älteren, um die sich die Gemeinde kümmern müsse. Pollmann: „Wir werden auch etwas für die jungen Leute tun.“ Zwar gab es schon konkrete Ideen, an der Nordseehalle ein Erlebniszentrum sowie eine Disco einzurichten, „aber die Pläne wurden aus finanziellen Gründen wieder eingestampft.“ Sollte das Wohnprojekt am Südhafen, wo das Jugendzentrum heute liegt, Wirklichkeit werden, muss eine Alternative her. Vorläufig wird regelmäßig die Nordseehalle kostenfrei als Disco genutzt. Pollmann: „Die Musikveranstaltungen sind bei Einheimischen und Gästen sehr beliebt.“ Um die 150 Gäste kommen zur Disco.
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13. Tourismus: Das Neun-Euro-Ticket in 2022 und das 49-Euro-Ticket, das Bahnkunden auf dem Festland in den vergangenen zwei Jahren nicht nur für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), sondern auch für billige Ausflüge nutzten, habe Helgoland nur Nachteile gebracht, sagt Pollmann. Während Inseln wie Sylt dank der Bahnanbindung zum Magneten für Neun-Euro-Touristen wurde, mussten Tagesgäste nach Helgoland zum normalen Schiffspassagenpreis noch Energieaufschläge der Reedereien hinnehmen. Nach 2022 verbuchte die Insel auch 2023 Rückgänge bei den Tagestouristen. Zum Glück konnten sich die Betreiber von Hotels und Pensionen auch 2023 über hervorragende Buchungen von Mehrtagesgästen freuen. Hier ist das Ziel, die durchschnittliche Verweildauer der Übernachtungsgäste mindestens auf vier Übernachtungen zu steigern.