Elmshorn. Der Gast aus nordischen Gefilden schien festgefroren. Doch das Tier hatte ein ganz anderes Problem, wie ein Wildtierexperte sagt.

Begonnen hat alles wie so oft in diesen bitterkalten Tagen. Ein Anrufer meldete dem Wildtier- und Artenschutzentrum im Kreis Pinneberg „eine festgefrorene Ente, die auf einem Gewässer sitzt“. Doch bei dem Tier in Not handelte es sich dieses Mal nicht um eine Ente – und das Gewässer war genau genommen ein überfluteter, vereister Acker. Jedenfalls saß dort ein seltener Gast fest, der sonst in der Tundra oder Taiga heimisch ist: ein Prachttaucher.

Das entdeckte Stationsleiter Christian Erdmann von der Wildtierauffangstation in Sparrieshoop aber erst, nachdem ihm aufmerksame Spaziergänger den Tipp gegeben hatten und er sich auf dem Weg befand. Denn als Erdmann in Kiebitzreihe am Buschweg ankam, musste er nicht nur zunächst quer über den überschwemmten Acker zu dem relativ großen Vogel laufen, sondern bemerkte auch schnell, dass das Tier gar nicht festgefroren war.

Tier in Not: Selterner Wintergast sitzt auf Acker im Kreis Pinneberg fest

Stattdessen erblickte Erdmann einen Prachttaucher - ein seltener nordischer Gast. Der Vogel sei offenbar aus Versehen auf dem Eis statt auf Wasser gelandet. Problem: Für den gewässerliebenden Prachttaucher ist das Starten vom Land aus unmöglich. Er braucht dafür längere Strecke auf dem Wasser. Bedeutet: Das Tier saß in der Klemme.

Kommt eigentlich aus Skandinavien, hatte sich aber auf einen Acker im Kreis Pinneberg verirrt: ein Prachttaucher. Christian Erdmann vom Wildtier- und Artenschutzzentrum Sparrieshoop nahm das Tier bei sich auf.
Kommt eigentlich aus Skandinavien, hatte sich aber auf einen Acker im Kreis Pinneberg verirrt: ein Prachttaucher. Christian Erdmann vom Wildtier- und Artenschutzzentrum Sparrieshoop nahm das Tier bei sich auf. © HA | Wildtier und Artenschutzzentrum

Erdmann schnappte sich den Vogel und brachte ihn in der Wildtierstation. Dort wurde er erst mal mit Fisch versorgt. Das Gewicht des Vogels wurde als ausreichend beurteilt. Auch die Beine hatten bei seiner missratenen Landung keine Verletzungen davon getragen. Folglich soll der stattliche Prachttaucher schon bald wieder auf der noch weitgehend eisfreien Elbe in die Freiheit zurück gesetzt werden.

Prachttaucher: Früher wurde er für die Modeindustrie gefangen

Im Norden Deutschlands ist der Prachttaucher (Gavia arctica) ein äußerst seltener Gast. Die Art brütet für gewöhnlich in der nördlichsten gemäßigten Zone, also in der Tundra und der Taiga Eurasiens sowie dem äußersten Westen Alaskas. Nur auf seinem Zug im Herbst und im Winter kann er gelegentlich auch in Mitteleuropa beobachtet werden.

An Land kommt der Prachttaucher nur äußerst selten. Wegen seines Körperbaus bewegt er sich dort nur mit großer Mühe fort. Im Wasser ist der Vogel dagegen gewandt. Er kann bis zu 135 Sekunden unter der Wasseroberfläche bleiben und schläft sogar auf dem Wasser. Zum Auffliegen benötigen sie wie ein Wasserflugzeug zwingend einen langen Anlauf auf Gewässern, wo sie in der Regel gegen den Wind startet.

Bis zu drei Kilogramm schwer: Prachttaucher kann nur auf Wasser starten

Der Prachttaucher macht mit seinem herausgeputzten Balzgefieder seinem Namen alle Ehre. Er erreicht Körperlängen von bis zu 75 Zentimeter und Spannweiten bis zu 1,2 Meter. Die etwa drei Kilogramm schweren Vögel wurden früher für die Modeindustrie gefangen. Bälge von Prachttauchern wurden für Damenhüte und für leichte Kragen verarbeitet.

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In Pinneberg ist Christian Erdmann beim Einsammeln des seltenen Gastes aufgefallen, dass viele Hundespuren rund um der Fundstelle auf dem Acker zu sehen waren. Er bittet Halter gerade jetzt, in der „Notzeit“, Hunde nicht so dicht an wildlebende Tiere heranlaufen zu lassen. Das scheuche sie unnötig auf, wodurch die Tiere viel Energie verbrauchen würden.