Kreis Pinneberg. Drei Demozüge mit hunderten Fahrzeugen waren nach Hamburg gestartet. Schule hatte deswegen Probleme. Neue Pläne stehen bereits.

Wer am Montag mit Auto oder Bus nach Hamburg fahren wollte, musste sich auf erhebliche Verspätungen einstellen. Aus dem Kreis Pinneberg hatten sich mehrere hundert Traktoren, Lastwagen und Handwerkerfahrzeuge Richtung Hamburg in Bewegung gesetzt. Eine weitere Demonstration von Landwirten im Kreisgebiet zwischen Elmshorn und Barmstedt hatte der Bauernverband organisiert.

Die beiden Anmelder der Demo äußerten sich sehr zufrieden mit der Beteiligung. Sowohl Baumschuler Dirk Münster, der den Zug von Appen-Etz nach Hamburg und wieder zurückführte, als auch Lars Kuhlmann, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes, freuten sich über die friedlichen Aktionen, die gute Zusammenarbeit mit der Polizei und die hohe Solidarität vonseiten der anderen Bürger.

Sieben Stunden Anfahrt mit dem Trecker zur Großdemo am Montag in Berlin

Am Dienstag und Mittwoch soll nun beratschlagt werden, ob es noch weitere Aktionen im Kreis Pinneberg geben wird. Klar ist, dass möglichst viele am kommenden Montag bei der großen Demo in Berlin dabei sein wollen. Der Bauernverband hat dafür einen Bus gechartert. Die Aktionsgruppe Mittelstand um die Baumschule Münster wird mit einem Konvoi in der Nacht zuvor die knapp siebenstündige Anfahrt bewältigen. Der Baumschuler betont: „Das werden nicht wenige, die mitfahren.“

Die Landwirte protestieren gegen die Regierungspolitik.
Die Landwirte protestieren gegen die Regierungspolitik. © Michael Rahn | Michael Rahn

Der Protest der Landwirte weitet sich auf den ganzen Mittelstand aus

„Die aktuellen Kürzungen haben das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagte Dirk Münster am Montag. Der Chef einer Baumschule in Appen-Etz gehört zu einer Gruppe von Aktiven, die sich in der Haseldorfer Marsch und am Rande der Geest zusammengerauft haben. Aus der 20-köpfigen Bauerngruppe ist in den vergangenen drei Wochen die Protestgruppe Mittelstand mit 450 Teilnehmern geworden. Außer Handwerkern und Spediteuren beteiligen sich auch Pflegekräfte und andere Berufsgruppen.

Im Kreis Pinneberg ist der Protest von den Landwirten auf den ganzen Mittelstand ausgeweitet worden.
Im Kreis Pinneberg ist der Protest von den Landwirten auf den ganzen Mittelstand ausgeweitet worden. © Michael Rahn | Michael Rahn

„Wir benötigen Verlässlichkeit, um wirtschaftlich handeln zu können“, sagte Bauunternehmer Hein Kruse. Es könne nicht sein, dass über Nacht eine Förderung plötzlich komplett wegfalle. Mangel- und fehlerhafte Informationen über Zuschussmöglichkeiten sowie das aus seiner Sicht schlechte Heizungsgesetz waren weitere Gründe, um sich dem Protest der Landwirte anzuschließen.

„Uns fehlt die Verlässlichkeit und Planungssicherheit“

Aus dem Kreis Pinneberg rollten drei Demonstrationszüge über die LSE, die B431 und die B5 Richtung Hamburg.
Aus dem Kreis Pinneberg rollten drei Demonstrationszüge über die LSE, die B431 und die B5 Richtung Hamburg. © Michael Rahn | Michael Rahn

Zimmermann Andreas Werk sagte: „Meine Eltern haben mir ein funktionierendes Land übergeben. Ich möchte das so auch meinen Kindern weitergeben.“ Das sei zurzeit leider nicht möglich. Über ständig steigende Auflagen für Baumschuler klagte Kai Früchtenicht aus Heist. So könne sein Betrieb im europäischen Wettbewerb nicht mehr mithalten. „Uns fehlt komplett die Planungssicherheit“, fasste Demo-Mitorganisator Dirk Münster die Gründe für die Demonstration zusammen.

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Im Kreis Pinneberg bewegte sich der Demonstrationszug von Appen aus über die Schenefeld nach Hamburg. Dort übergaben die Beamten des Polizeireviers Wedel die Begleitung an die Kollegen aus Hamburg und übernahmen am späten Nachmittag wieder an der Ortsgrenze von Rissen. Der Elmshorner Zug rollte über die Bundesstraße 431 über Uetersen und Wedel in die Hansestadt. Die Gruppe aus Bilsen hatte die Bundesstraße 5 über Quickborn, Hasloh, Bönningstedt als Demoroute geplant. Dort verzögerte sich die Anfahrt, weil der Winterdienst noch im Einsatz war.

Viel Solidarität mit der Bauerndemo und Lob der Polizei

Im Kreis Pinneberg lief von morgens bis zum frühen Nachmittag ein weiterer Demonstrationszug, den der Kreisbauernverband organisiert hatte. Etwa 250 Fahrzeuge, darunter ebenfalls Handwerker und Vertreter anderer Branchen, beteiligten sich nach Angaben der Veranstalter daran. „Viele Bürger standen am Straßenrand, winkten, hielten solidarische Plakate hoch. Autofahrer hupen freundlich“, berichtete der Pinneberger Bauernverbandschef Lars Kuhlmann. „Am wichtigsten ist mir, dass alles friedlich abgelaufen ist.“

Eine Solidaritätserklärung kam am Nachmittag auch von der Kreisjägerschaft. „Wir können nicht erkennen, dass die Landwirte zu stark subventioniert werden, es geben immer mehr Betriebe auf, da sie nicht mehr wirtschaftlich sind. Jede weitere Belastung macht ihnen das Leben noch schwerer“, teilte Hans Wörmcke, Vorsitzender der Jägerschaft mit.

erinnert.

Bettina Münster verteilt Nervennahrung für die Demonstrationsteilnehmer. 
Bettina Münster verteilt Nervennahrung für die Demonstrationsteilnehmer.  © Michael Rahn | Michael Rahn

Die Polizei lobte in einer Stellungnahme das Verhalten der Teilnehmer der Demonstration: „Die seit den frühen Morgenstunden laufenden Bauernproteste in den Kreisen Steinburg, Dithmarschen, Pinneberg und Bad Segeberg sind bisher durchweg friedlich verlaufen und waren von großer Kooperationsbereitschaft geprägt. Gleichzeitig haben sie für die erwarteten Verkehrsbehinderungen gesorgt.“

Schüler und Lehrer verspäteten sich

Auch viele Schüler und Lehrer im Kreis Pinneberg kamen wegen der Proteste mit Verspätung – oder auch gar nicht zum Unterricht. Rechtlich war dies kein Problem. „Ich kann nicht genau sagen, wie viele Schüler zu spät hier waren. Darüber führen wir keine Statistik“, sagte Sabine Harkenthal aus dem Sekretariat der Gebrüder-Humboldt-Schule, die direkt an der viel befahrenen B431 in Wedel liegt.

Genau diese Strecke Richtung Hamburg hatten die Landwirte in den frühen Morgenstunden gewählt. Laut Harkenthal waren „reichlich“ Schüler verspätet, es habe auch Krankmeldungen und Hinweise auf den Streik auf dem Anrufbeantworter gegeben. In die andere Richtung der B431 nach Uetersen gab es hingegen nur wenige Ausfälle beziehungsweise Verspätungen. „Das war bei uns kaum spürbar“, sagte Alexej Stroh, Oberstudiendirektor am Ludwig-Meyn-Gymnasium in Uetersen.

An der Johannes-Brahms-Schule in Pinneberg lief alles normal. Alle Lehrer haben es pünktlich zum Unterricht geschafft. Es gab keinen Unterrichtsausfall. Die meisten Schüler kommen auch direkt aus Pinneberg, waren also von der Demo kaum betroffen. Auch an der Caspar-Vogt-Schule in Rellingen blieb das Chaos aus.