Pinneberg. Nach dem Verkauf ist die Pinneberger Buchhandlung seit Freitag unter teils neuem Namen wieder da. Wie das Geschäft angenommen wird.

  • 76 Jahre lang war der Bücherwurm als Buchhandlung auf dem Drosteivorplatz ein fester Begriff in Pinneberg
  • Im November 2023 wird der Verkauf des Traditionsgeschäfts an Großfilialist Thalia bekannt
  • Am 5. Januar 2024 eröffnet die Buchhandlung als Thalia Bücherwurm neu – mit demselben Mitarbeiterteam

Angela Schapke ist happy. Die Pinnebergerin ist eine von rund 30 Kunden und Kundinnen, die am Freitagnachmittag gleichzeitig durch die Regale im Bücherwurm stöbern. Eine Woche lang hatte die Buchhandlung gegenüber der Drostei geschlossen; nun ist wieder geöffnet, als Thalia Bücherwurm.

„Als ich hier im November vom Verkauf erfahren habe, war ich aber nur kurz erschrocken“, sagt die „Neu“-Pinnebergerin, die zuvor mit ihrem Mann lange in Winterhude gelebt hat, während sie sich am Tee-Regal umschaut. „Es war ja zum Glück sofort bekannt, dass alle Mitarbeiter bleiben würden.“ Die gute Beratung im Bücherwurm ist Angela Schapke sehr wichtig: „Ich lese viel. Tagsüber zwei Tageszeitungen und abends im Bett dann ein Buch.“

Zur Begrüßung gibt es gleich ein Glas Sekt oder Orangensaft

Bücher haben auch für Jannine Benkhardt einen hohen Stellenwert: „Ich lese sehr gern. Bücher sind für mich irgendwie eine Brücke zwischen Wissen und Inspiration“, sagt die junge Frau, die am Eingang kurz mit Filialleiterin Lena Rahlf auf ein gutes Gelingen angestoßen hat.

Zur Begrüßung gibt es für jeden Besucher ein Glas Sekt oder Orangensaft, wie hier von Filialleiterin Lena Rahlf (r.) mit Jannine Benkhardt.
Zur Begrüßung gibt es für jeden Besucher ein Glas Sekt oder Orangensaft, wie hier von Filialleiterin Lena Rahlf (r.) mit Jannine Benkhardt. © Ulrich Stückler | Ulrich Stückler

Die Teamleiterin des neuen Thalia Bücherwurms ist sichtlich froh darüber, wie der Eröffnungstag läuft. „Die ersten Stunden waren zwar noch etwas ruhig, aber als dann mittags der Schnee einsetzte, dann kamen auch die Kunden“, sagt Lena Rahlf, die wie auch ihre Kolleginnen schon nach wenigen Stunden eine erfreuliche Erkenntnis gewinnt. „Es sind zwar bereits viele Stammkunden aufgetaucht, aber auch bemerkenswert viele neue Gesichter, die uns wohl bislang nicht auf dem Zettel hatten.“

Der Thalia Tiger muss wegen Krankheit leider für seinen Auftritt im Bücherwurm passen

Für jeden und jede, die reinschneit, gibt es auch einen knackigen Bioapfel vom Wochenmarkt. Und Kinder dürfen am Glücksrad drehen und ein kleines Geschenk gewinnen. „Eigentlich sollte ja auch unser Thalia Tiger die Kleinen begrüßen, aber der ist leider krank geworden“, sagt Lena Rahlf bedauernd. „Vielleicht klappt es ja am Sonnabend.“

Dann können auch die Großen zusätzlich auf ihre Kosten oder besser ihren Geschmack kommen. Von 11 bis 14 Uhr bieten die Bücherwürmer mit Partner Samova eine Tee-Verkostung an. Oder die Gäste stöbern nach Dingen, die für sie hier neu sind. „Das haben wir von den für uns neuen Kunden erfahren“, sagt Rahlf. „Einige sind jetzt bei uns, weil sie speziell Sachen aus dem Thalia-Sortiment gesucht haben. Offenbar ergänzen wir uns wirklich gut.“ Eine positive Erkenntnis, auf die die Teamleiterin in den Tagen der Vorbereitung nur hoffen konnte.

260 Quadratmeter Verkaufsfläche der Buchhandlung werden auf Vordermann gebracht

Rückblende, Donnerstagmittag. Im Bücherwurm geht es zu wie in einem Bienenschwarm. An allen Ecken sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Traditionsbuchhandlung am Drosteivorplatz am Wuseln und damit beschäftigt, Kartons zu leeren, Regale zu befüllen, Plakate aufzuhängen. Die 260 Quadratmeter Verkaufsfläche im Zentrum von Pinneberg werden auf Vordermann gebracht. Am Freitag ist schließlich Wiedereröffnung. Dann wollen Teamleiterin Lena Rahlf und alle „Bücherwürmer“ ihren Kunden zeigen, dass alle Sorgen unbegründet waren.

Denn der erste Aufschrei unter Pinnebergs Lesefreunden war laut, als Bücher-Großfilialist Thalia im November die Übernahme des seit 76 Jahren bestehenden „Bücherwurms“ verkündete. So manche Leseratte befürchtete den „Untergang des Abendlands“ – zumindest auf Literaturebene. Hat doch das erfahrene Team der bisherigen Inhaberinnen Anke Marckmann und Antje Schirner durch seine warmherzige Art und Beratungsqualität den guten Ruf der Traditionsbuchhandlung an der Dingstätte begründet.

Buchhandlung: Alle bisherigen Mitarbeitenden des Bücherwurms werden weiterbeschäftigt

Sollte dieser Wohlfühlfaktor nun verloren sein? „Kein Grund zur Sorge!“ Die größte Furcht der Stammkundschaft kann Anke Marckmann noch im November beschwichtigen; alle Mitarbeitenden des Bücherwurms werden von Thalia weiterbeschäftigt. „Für mich ist es ein beruhigendes Gefühl, mein Team und die Buchhandlung in so guten Händen zu wissen“, sagt die Ex-Geschäftsführerin: „So wird die Buchhandlungstradition in Pinneberg künftig in unserem Sinne weitergeführt.“

Es werden zwar noch weitere Thalia-Schriftzüge hinzukommen, aber die Marke Bücherwurm wird auch weiterhin für alle Kunden am Drosteiplatz sichtbar bleiben.
Es werden zwar noch weitere Thalia-Schriftzüge hinzukommen, aber die Marke Bücherwurm wird auch weiterhin für alle Kunden am Drosteiplatz sichtbar bleiben. © Ulrich Stückler | Ulrich Stückler

Und dieses viel gelobte Team hat alle Hände voll zu tun. „Man kann sagen, dass der Bücherwurm ein Upgrade erhält“, sagt Lena Rahlf. Der neuen Filialleiterin, wie alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seit Jahren dabei, ist eine Botschaft an die treue Kundschaft ganz wichtig: „Die Werte und den Geist unserer Buchhandlung unter dem Namen Thalia zu wahren, das ist das Ziel. Jeder Kunde, jede Besucherin der oder die zu uns reinkommt, soll den Bücherwurm sofort wiedererkennen.“

Der Bücherwurm will weiterhin ein Treffpunkt und Veranstaltungsort sein

Die Befürchtungen, die viele Stammkunden nach Bekanntwerden in den sozialen Medien äußerten, gingen in die Richtung, dass ein „seelenloser Filialist“ an dieser prominenten Stelle Pinnebergs ein Schritt Richtung Einheitsbrei sein würde. „Auf keinen Fall. Wir bleiben die persönliche Buchhandlung vor Ort, ein Treffpunkt und Veranstaltungsort“, sagt Lena Rahlf.

Die Mitarbeiterinnen des Bücherwurms freuen sich auf die Wiedereröffnung ihrer Buchhandlung am 5. Januar 2024 unter neuem Namen: Nele Grote (von links), Antje Winneke, Teamleiterin Lena Rahlf, Christine Müller, Andrea Schmidt und Lara Widany betreiben weiterhin mit ihren Kolleginnen den Thalia Bücherwurm.
Die Mitarbeiterinnen des Bücherwurms freuen sich auf die Wiedereröffnung ihrer Buchhandlung am 5. Januar 2024 unter neuem Namen: Nele Grote (von links), Antje Winneke, Teamleiterin Lena Rahlf, Christine Müller, Andrea Schmidt und Lara Widany betreiben weiterhin mit ihren Kolleginnen den Thalia Bücherwurm. © Ulrich Stückler | Ulrich Stückler

Der wichtigste Wiedererkennungswert werde ohne Frage beim Verkaufsteam liegen. „Die Gesichter, die Beratung, das Engagement und das Herzblut fürs Buch, all das wird so bleiben, wie es unsere Kunden bislang kennen“, betont die Teamleiterin. „Wir alle sind gewissermaßen auch selbst Bücherwürmer.“

Die Buchhandlung will weiterhin Lesungen ausrichten

Grund genug, dass die Bücherwürmer auch das nicht alltägliche Angebot ihrer Buchhandlung beibehalten wollen und werden. „Es soll auf jeden Fall weiterhin Lesungen als Abendveranstaltungen bei uns geben“, betont Lena Rahlf. „Und auch unsere Kooperation mit der Drostei möchten wir gerne beibehalten.“

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In erster Linie bleibt der Bücherwurm aber eine Buchhandlung. „Wir behalten zum Beispiel unsere persönlichen Leseempfehlungen bei, Teammitglieder lesen und rezensieren Bücher“, sagt Rahlf, „das Sortiment und die Gewichtung von Rubriken bleiben aber annähernd gleich. Die Abteilung für englische Literatur wird sich sogar ein wenig vergrößern.“

Beibehaltung des alten Namens unter dem Dach von Thalia ist in Deutschland fast einmalig

Wie groß dieser Wiedererkennungseffekt sein wird, können Kunden und Interessierte von 9 Uhr an am Freitag, 5. Januar, erkunden. Dann werden sie auch Thalia-Typisches entdecken. „Als digitalen Service soll es ,Scan and Go‘ geben, damit Kunden, die genau wissen, was sie wollen und es eilig haben, mit dem Smartphone einkaufen können“, sagt Florian Timm. Der Leiter des Thalia-Potter-PopUp-Stores im Hamburger Hauptbahnhof hat beim Einrichten des neuen alten Bücherwurms mit angepackt.

Und Timm weiß noch etwas über den neuen Thalia-Buchladen zu berichten, dessen bisheriger Name erhalten bleibt. „Das Geschäft wird Thalia Bücherwurm heißen. So etwas ist in Deutschland unter dem Dach von Thalia fast einmalig“, sagt der Kollege aus dem in Kürze schließenden Potter-Store. „Da fällt mir als Beispiel lediglich in Münster Poertgen-Herder ein; die sind dort auch eine Institution, halt wie hier in Pinneberg der Bücherwurm.“